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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] sässe, zwischen den Schenckeln ange-
heftet ist, wird von der gemeinen Haut,
welche den gantzen Bauch überziehet,
verdecket. Jene aber sehen von aussen,
wie zwey Eber- oder wilde Schweins-
geilen aus, und man kan sie, ob sie gleich
inwendig liegen, dennoch durch die
Haut unterscheiden, ja gar mit der
Hand fühlen, wiewohl sie nicht, als wie
bey andern Thieren, herabhengen.
Wann nun das erste rauhe Häutlein
zerschnitten worden, findet man das
erste gemeine Säcklein, und in diesem
die zwey von einander gesonderten bey-
den kleineren, welche, eines wie das an-
dere, die Materie, das Bibergeil ge-
nannt, enthalten, und beyde zusam-
men die zwey rechten Geilen des Thie-
res vorstellen.

Man pflegt diese zwey Säcklein, in
dem Stande, wie man sie antrifft, zu
binden, und in den Rauch zu hangen,
sie auch allda so lange zu lassen, bis sie
recht und wohl getreuget, und die da-
rinne befindliche Materie gantz harte
worden, das äussere Säcklein aber eine
braune Farbe bekommen hat.

Wenn hierauf die inneren Säcklein
eröffnet werden, so findet man zu un-
terst an einem iedweden ein fleischichtes
und dichtes Wesen, das sich zu Pulver
stossen läßt, an Farbe dem Camele glei-
chet, und mit überaus zarten Fäslein
und Häutlein durchzogen und durch-
schnitten ist, auch einen überalle mas-
sen starcken Geruch hat. Jn einem ie-
den von diesen beyden kleinern Säcklein,
ein wenig über der fleischichten Mate-
rie, ist noch ein absonderliches Säcklein
oder Beutel befindlich, welcher aber
viel kleiner ist, und an dem vorigen han-
get, von welchen er auch umschlossen
wird. Dieser enthält eine schmierichte
Feuchtigkeit, die eben als wie das übri-
ge, einen sehr starcken Geruch hat, und
wenn sie frisch ist, als wie ein schöner
Honig siehet, der gestehen will; wenn
sie aber alt wird, nimmt sie die Farbe
und die Dicke des Unschlits an.

Dieses sind also die eigentlichen
Kennzeichen des Bibergeils/ wie wir
es verkauffen, es mag nun zum Theri-
ac oder Mithridat, oder zu andern für
Hauptschmertzen und Mutterkranck-
heiten dienlichen Artzneyen genommen
[Spaltenumbruch] werden: und kan ich versichern, daß sie
gewiß und wahrhaftig sind, weil ich
selbst viel Bibergeil gekauffet habe, auch
versichert bin, daß mir kein eintziger
Verständiger in diesem Stücke wider-
sprechen wird. Jch kan auch mit desto
grösserer Gewißheit davon reden, die-
weil mich der Herr Charras/ welcher
vor diesem an der Rhone, und um die
Gegend, wo man von Zeit zu Zeit eini-
ge dieser Thiere fähet, gewohnet, ver-
sichert und bekräfftiget hat, daß er da-
mahls die Säcklein eines Bibers, wel-
che erst kürtzlich aus dem Leibe des Thie-
res gezogen waren, von einer jungen
Bäurin gekaufft hätte: diese hätten
eine Fleischfarbe gehabt, und auch wie
Fleisch gesehen, und eine ziemliche
Schüssel angefüllet. Ob auch gleich
das Mägdlein, die sie zu verkauffen ge-
habt, sie nicht bey ihrem rechten Na-
men nennen wollen, hätte er sie den-
noch stracks an ihrem starcken Geruch
erkannt; als er sie nun erkauffet, und
oben zusammen gebunden, damit er sie
in den Rauch hängen könte, hätten sie
als wie zwey Geilen gesehen, welche
Gestalt sie auch behalten, nachdem sie
recht trucken worden, da sie dann vier-
zehn Untzen gewogen. Wie er sie hier-
auf eröffnet, hätte er alle die inwendi-
gen Theile also beschaffen gefunden, wie
ich sie oben beschrieben. Uberdiß ver-
sicherte er mich annoch, daß als er eini-
ge Zeit nach diesem von einem Bauer
einen lebendigen Biber verlanget, hät-
te ihm dieser, etliche Tage drauf, einen
in einem Fasse gebracht, der eben so, wie
ich ihn beschrieben, ausgesehen, sonder-
lich aber um die Säcklein, welche eben
an demjenigen Orte gelegen, wo sie im
Eber liegen, und so dicke gewesen, daß
er sie nicht mit der Hand umfassen mö-
gen.

Weil denn die Biber von unter-
schiedlicher Grösse sind, so kommen
auch die Beutel mit derselben überein,
dahero kommts, wenn man sie trucken
kaufft, daß ihrer gefunden werden, die
vier, sechs, acht und zwölff Untzen, ei-
nige auch sechszehn Untzen wägen.

Diese Thiere nehmen insgemein ih-
re Zuflucht zu denen grossen Löchern
und Höhlen, die sie unter den Ufern der
grossen Flüsse in Franckreich, der Rhone,

Jsere

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] ſaͤſſe, zwiſchen den Schenckeln ange-
heftet iſt, wird von der gemeinen Haut,
welche den gantzen Bauch uͤberziehet,
verdecket. Jene aber ſehen von auſſen,
wie zwey Eber- oder wilde Schweins-
geilen aus, und man kan ſie, ob ſie gleich
inwendig liegen, dennoch durch die
Haut unterſcheiden, ja gar mit der
Hand fuͤhlen, wiewohl ſie nicht, als wie
bey andern Thieren, herabhengen.
Wann nun das erſte rauhe Haͤutlein
zerſchnitten worden, findet man das
erſte gemeine Saͤcklein, und in dieſem
die zwey von einander geſonderten bey-
den kleineren, welche, eines wie das an-
dere, die Materie, das Bibergeil ge-
nannt, enthalten, und beyde zuſam-
men die zwey rechten Geilen des Thie-
res vorſtellen.

Man pflegt dieſe zwey Saͤcklein, in
dem Stande, wie man ſie antrifft, zu
binden, und in den Rauch zu hangen,
ſie auch allda ſo lange zu laſſen, bis ſie
recht und wohl getreuget, und die da-
rinne befindliche Materie gantz harte
worden, das aͤuſſere Saͤcklein aber eine
braune Farbe bekommen hat.

Wenn hierauf die inneren Saͤcklein
eroͤffnet werden, ſo findet man zu un-
terſt an einem iedweden ein fleiſchichtes
und dichtes Weſen, das ſich zu Pulver
ſtoſſen laͤßt, an Farbe dem Camele glei-
chet, und mit uͤberaus zarten Faͤslein
und Haͤutlein durchzogen und durch-
ſchnitten iſt, auch einen uͤberalle maſ-
ſen ſtarcken Geruch hat. Jn einem ie-
den von dieſen beyden kleinern Saͤcklein,
ein wenig uͤber der fleiſchichten Mate-
rie, iſt noch ein abſonderliches Saͤcklein
oder Beutel befindlich, welcher aber
viel kleiner iſt, und an dem vorigen han-
get, von welchen er auch umſchloſſen
wird. Dieſer enthaͤlt eine ſchmierichte
Feuchtigkeit, die eben als wie das uͤbri-
ge, einen ſehr ſtarcken Geruch hat, und
wenn ſie friſch iſt, als wie ein ſchoͤner
Honig ſiehet, der geſtehen will; wenn
ſie aber alt wird, nimmt ſie die Farbe
und die Dicke des Unſchlits an.

Dieſes ſind alſo die eigentlichen
Kennzeichen des Bibergeils/ wie wir
es verkauffen, es mag nun zum Theri-
ac oder Mithridat, oder zu andern fuͤr
Hauptſchmertzen und Mutterkranck-
heiten dienlichen Artzneyen genommen
[Spaltenumbruch] werden: und kan ich verſichern, daß ſie
gewiß und wahrhaftig ſind, weil ich
ſelbſt viel Bibergeil gekauffet habe, auch
verſichert bin, daß mir kein eintziger
Verſtaͤndiger in dieſem Stuͤcke wider-
ſprechen wird. Jch kan auch mit deſto
groͤſſerer Gewißheit davon reden, die-
weil mich der Herr Charras/ welcher
vor dieſem an der Rhone, und um die
Gegend, wo man von Zeit zu Zeit eini-
ge dieſer Thiere faͤhet, gewohnet, ver-
ſichert und bekraͤfftiget hat, daß er da-
mahls die Saͤcklein eines Bibers, wel-
che erſt kuͤrtzlich aus dem Leibe des Thie-
res gezogen waren, von einer jungen
Baͤurin gekaufft haͤtte: dieſe haͤtten
eine Fleiſchfarbe gehabt, und auch wie
Fleiſch geſehen, und eine ziemliche
Schuͤſſel angefuͤllet. Ob auch gleich
das Maͤgdlein, die ſie zu verkauffen ge-
habt, ſie nicht bey ihrem rechten Na-
men nennen wollen, haͤtte er ſie den-
noch ſtracks an ihrem ſtarcken Geruch
erkannt; als er ſie nun erkauffet, und
oben zuſammen gebunden, damit er ſie
in den Rauch haͤngen koͤnte, haͤtten ſie
als wie zwey Geilen geſehen, welche
Geſtalt ſie auch behalten, nachdem ſie
recht trucken worden, da ſie dann vier-
zehn Untzen gewogen. Wie er ſie hier-
auf eroͤffnet, haͤtte er alle die inwendi-
gen Theile alſo beſchaffen gefunden, wie
ich ſie oben beſchrieben. Uberdiß ver-
ſicherte er mich annoch, daß als er eini-
ge Zeit nach dieſem von einem Bauer
einen lebendigen Biber verlanget, haͤt-
te ihm dieſer, etliche Tage drauf, einen
in einem Faſſe gebracht, der eben ſo, wie
ich ihn beſchrieben, ausgeſehen, ſonder-
lich aber um die Saͤcklein, welche eben
an demjenigen Orte gelegen, wo ſie im
Eber liegen, und ſo dicke geweſen, daß
er ſie nicht mit der Hand umfaſſen moͤ-
gen.

Weil denn die Biber von unter-
ſchiedlicher Groͤſſe ſind, ſo kommen
auch die Beutel mit derſelben uͤberein,
dahero kommts, wenn man ſie trucken
kaufft, daß ihrer gefunden werden, die
vier, ſechs, acht und zwoͤlff Untzen, ei-
nige auch ſechszehn Untzen waͤgen.

Dieſe Thiere nehmen insgemein ih-
re Zuflucht zu denen groſſen Loͤchern
und Hoͤhlen, die ſie unter den Ufern der
groſſen Fluͤſſe in Franckreich, der Rhone,

Jſere
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[0378] Der Spezereyen und Materialien ſaͤſſe, zwiſchen den Schenckeln ange- heftet iſt, wird von der gemeinen Haut, welche den gantzen Bauch uͤberziehet, verdecket. Jene aber ſehen von auſſen, wie zwey Eber- oder wilde Schweins- geilen aus, und man kan ſie, ob ſie gleich inwendig liegen, dennoch durch die Haut unterſcheiden, ja gar mit der Hand fuͤhlen, wiewohl ſie nicht, als wie bey andern Thieren, herabhengen. Wann nun das erſte rauhe Haͤutlein zerſchnitten worden, findet man das erſte gemeine Saͤcklein, und in dieſem die zwey von einander geſonderten bey- den kleineren, welche, eines wie das an- dere, die Materie, das Bibergeil ge- nannt, enthalten, und beyde zuſam- men die zwey rechten Geilen des Thie- res vorſtellen. Man pflegt dieſe zwey Saͤcklein, in dem Stande, wie man ſie antrifft, zu binden, und in den Rauch zu hangen, ſie auch allda ſo lange zu laſſen, bis ſie recht und wohl getreuget, und die da- rinne befindliche Materie gantz harte worden, das aͤuſſere Saͤcklein aber eine braune Farbe bekommen hat. Wenn hierauf die inneren Saͤcklein eroͤffnet werden, ſo findet man zu un- terſt an einem iedweden ein fleiſchichtes und dichtes Weſen, das ſich zu Pulver ſtoſſen laͤßt, an Farbe dem Camele glei- chet, und mit uͤberaus zarten Faͤslein und Haͤutlein durchzogen und durch- ſchnitten iſt, auch einen uͤberalle maſ- ſen ſtarcken Geruch hat. Jn einem ie- den von dieſen beyden kleinern Saͤcklein, ein wenig uͤber der fleiſchichten Mate- rie, iſt noch ein abſonderliches Saͤcklein oder Beutel befindlich, welcher aber viel kleiner iſt, und an dem vorigen han- get, von welchen er auch umſchloſſen wird. Dieſer enthaͤlt eine ſchmierichte Feuchtigkeit, die eben als wie das uͤbri- ge, einen ſehr ſtarcken Geruch hat, und wenn ſie friſch iſt, als wie ein ſchoͤner Honig ſiehet, der geſtehen will; wenn ſie aber alt wird, nimmt ſie die Farbe und die Dicke des Unſchlits an. Dieſes ſind alſo die eigentlichen Kennzeichen des Bibergeils/ wie wir es verkauffen, es mag nun zum Theri- ac oder Mithridat, oder zu andern fuͤr Hauptſchmertzen und Mutterkranck- heiten dienlichen Artzneyen genommen werden: und kan ich verſichern, daß ſie gewiß und wahrhaftig ſind, weil ich ſelbſt viel Bibergeil gekauffet habe, auch verſichert bin, daß mir kein eintziger Verſtaͤndiger in dieſem Stuͤcke wider- ſprechen wird. Jch kan auch mit deſto groͤſſerer Gewißheit davon reden, die- weil mich der Herr Charras/ welcher vor dieſem an der Rhone, und um die Gegend, wo man von Zeit zu Zeit eini- ge dieſer Thiere faͤhet, gewohnet, ver- ſichert und bekraͤfftiget hat, daß er da- mahls die Saͤcklein eines Bibers, wel- che erſt kuͤrtzlich aus dem Leibe des Thie- res gezogen waren, von einer jungen Baͤurin gekaufft haͤtte: dieſe haͤtten eine Fleiſchfarbe gehabt, und auch wie Fleiſch geſehen, und eine ziemliche Schuͤſſel angefuͤllet. Ob auch gleich das Maͤgdlein, die ſie zu verkauffen ge- habt, ſie nicht bey ihrem rechten Na- men nennen wollen, haͤtte er ſie den- noch ſtracks an ihrem ſtarcken Geruch erkannt; als er ſie nun erkauffet, und oben zuſammen gebunden, damit er ſie in den Rauch haͤngen koͤnte, haͤtten ſie als wie zwey Geilen geſehen, welche Geſtalt ſie auch behalten, nachdem ſie recht trucken worden, da ſie dann vier- zehn Untzen gewogen. Wie er ſie hier- auf eroͤffnet, haͤtte er alle die inwendi- gen Theile alſo beſchaffen gefunden, wie ich ſie oben beſchrieben. Uberdiß ver- ſicherte er mich annoch, daß als er eini- ge Zeit nach dieſem von einem Bauer einen lebendigen Biber verlanget, haͤt- te ihm dieſer, etliche Tage drauf, einen in einem Faſſe gebracht, der eben ſo, wie ich ihn beſchrieben, ausgeſehen, ſonder- lich aber um die Saͤcklein, welche eben an demjenigen Orte gelegen, wo ſie im Eber liegen, und ſo dicke geweſen, daß er ſie nicht mit der Hand umfaſſen moͤ- gen. Weil denn die Biber von unter- ſchiedlicher Groͤſſe ſind, ſo kommen auch die Beutel mit derſelben uͤberein, dahero kommts, wenn man ſie trucken kaufft, daß ihrer gefunden werden, die vier, ſechs, acht und zwoͤlff Untzen, ei- nige auch ſechszehn Untzen waͤgen. Dieſe Thiere nehmen insgemein ih- re Zuflucht zu denen groſſen Loͤchern und Hoͤhlen, die ſie unter den Ufern der groſſen Fluͤſſe in Franckreich, der Rhone, Jſere

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/378>, abgerufen am 22.11.2024.