Der Hauptbeschreibung derer Spezereyen und Materialien Zweyter Theil/ Von Thieren.
Vorrede.
ES verhindert weder die Herrschafft/ die GOtt der HERR dem Menschen über alle Thiere verliehen/ noch auch die Herrlichkeit der Gaben/ die Er, der grundgütige Schöpfer/ ihm vor allem andern/ so das Leben hat/ mitgetheilet/ daß die Naturkündiger/ welche von Thieren geschrieben, sich nicht selbst auch/ zum wenigsten, was anlanget den Leib, unter deren Zahl zugleich solten begriffen haben. Die Er- fahrung, welche vielenMedicisdie trefflichen Wirckungen und Kraft der Theile/ ja auch derExcrementen eines todten oder annoch lebendigen Men- schen gelehret, hat sie gleichfalls dahin gebracht, daß sie viel ehe zu die- sen ihre Zuflucht genommen/ als zu solchen Dingen, welche von den Thieren kommen/ und wohl gar Beschreibungen und besondere Zuberei- tungen der Theile vom Menschen aufgesetzet/ wie sie etwa vermeinet/ daß sie es verdienten. Bis endlich der meiste Theil der Scribenten/ wel- che von Thieren/ und solchen/ die davon zum Behuff und Nutzen der Artzneykunst mögen bereitet werden/ gehandelt/ insgemein mit Beschrei- bung des gantzen Menschen, oder doch von desselbigen Theilen, und ehe nichts von andern Thieren gemeldet haben, als bis sie deroselben Beherr- scher beschrieben. Welches mich dann gleicher gestalt verbunden ihnen hierinne zu folgen, und was ich gesonnen von den Thieren zu vermelden, bis zu Ende derjenigen Sachen zu versparen/ welche denselbigen angehen/ der ihr Herr und Meister ist/ und nach belieben mit ihnen schalten und walten kan.
Jch setze aber beyseit das grosse Licht und die Erkenntnüß, welche GOtt dem Menschen/ seinen Leib betreffend, geschencket hat/ daß er nämlich an sich selbst/ oder einem Cörper seines gleichen/ er sey nun lebend oder todt/ etwas finden könne, dadurch er seine Kranck- und Schwach- heiten zu vertreiben/ oder doch aufs wenigste dieselben zu lindern und zu mildern vermöge/ wie nicht weniger seines Lebens Tage erhalten und verlängern könne. Damit ich aber mich desto genauer an diejenigen Sachen/ deren mein Verstand fähig, halten/ und meinem Vorsatz zu Folge/ allein an solche Dinge binden möge/ welche die Thiere, Gewäch- se und Mineralien eigentlich und insonderheit dem Spezereywesen dar- reichen/ als habe für gut erachtet, von der Mumie den Anfang zu ma- chen/ denn diese doch alle Theile des menschlichen Leibes in sich enthält.
[Ende Spaltensatz]
Das erste Capitel. Von der Mumie.
[Spaltenumbruch]
UNter allen Ehrenbezeugun- gen, welche das Alterthum den Leuten erwiesen, ist die Begräbnüß iederzeit für die gröste gehalten worden: [Spaltenumbruch]
denn durch diese letzte und löbliche Er- kenntlichkeit wolten sie das Gedächtnüß dererjenigen beehren und erhalten, de- rer Thaten und Verdienste sie, Zeit ih- res Lebens, beliebet und belobet ge-
macht,
F f 3
Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Der Hauptbeſchreibung derer Spezereyen und Materialien Zweyter Theil/ Von Thieren.
Vorrede.
ES verhindert weder die Herrſchafft/ die GOtt der HERR dem Menſchen uͤber alle Thiere verliehen/ noch auch die Herrlichkeit der Gaben/ die Er, der grundguͤtige Schoͤpfer/ ihm vor allem andern/ ſo das Leben hat/ mitgetheilet/ daß die Naturkuͤndiger/ welche von Thieren geſchrieben, ſich nicht ſelbſt auch/ zum wenigſten, was anlanget den Leib, unter deren Zahl zugleich ſolten begriffen haben. Die Er- fahrung, welche vielenMedicisdie trefflichen Wirckungen und Kraft der Theile/ ja auch derExcrementen eines todten oder annoch lebendigen Men- ſchen gelehret, hat ſie gleichfalls dahin gebracht, daß ſie viel ehe zu die- ſen ihre Zuflucht genommen/ als zu ſolchen Dingen, welche von den Thieren kommen/ und wohl gar Beſchreibungen und beſondere Zuberei- tungen der Theile vom Menſchen aufgeſetzet/ wie ſie etwa vermeinet/ daß ſie es verdienten. Bis endlich der meiſte Theil der Scribenten/ wel- che von Thieren/ und ſolchen/ die davon zum Behuff und Nutzen der Artzneykunſt moͤgen bereitet werden/ gehandelt/ insgemein mit Beſchrei- bung des gantzen Menſchen, oder doch von deſſelbigen Theilen, und ehe nichts von andern Thieren gemeldet haben, als bis ſie deroſelben Beherr- ſcher beſchrieben. Welches mich dann gleicher geſtalt verbunden ihnen hierinne zu folgen, und was ich geſonnen von den Thieren zu vermelden, bis zu Ende derjenigen Sachen zu verſparen/ welche denſelbigen angehen/ der ihr Herr und Meiſter iſt/ und nach belieben mit ihnen ſchalten und walten kan.
Jch ſetze aber beyſeit das groſſe Licht und die Erkenntnuͤß, welche GOtt dem Menſchen/ ſeinen Leib betreffend, geſchencket hat/ daß er naͤmlich an ſich ſelbſt/ oder einem Coͤrper ſeines gleichen/ er ſey nun lebend oder todt/ etwas finden koͤnne, dadurch er ſeine Kranck- und Schwach- heiten zu vertreiben/ oder doch aufs wenigſte dieſelben zu lindern und zu mildern vermoͤge/ wie nicht weniger ſeines Lebens Tage erhalten und verlaͤngern koͤnne. Damit ich aber mich deſto genauer an diejenigen Sachen/ deren mein Verſtand faͤhig, halten/ und meinem Vorſatz zu Folge/ allein an ſolche Dinge binden moͤge/ welche die Thiere, Gewaͤch- ſe und Mineralien eigentlich und inſonderheit dem Spezereyweſen dar- reichen/ als habe fuͤr gut erachtet, von der Mumie den Anfang zu ma- chen/ denn dieſe doch alle Theile des menſchlichen Leibes in ſich enthaͤlt.
[Ende Spaltensatz]
Das erſte Capitel. Von der Mumie.
[Spaltenumbruch]
UNter allen Ehrenbezeugun- gen, welche das Alterthum den Leuten erwieſen, iſt die Begraͤbnuͤß iederzeit fuͤr die groͤſte gehalten worden: [Spaltenumbruch]
denn durch dieſe letzte und loͤbliche Er- kenntlichkeit wolten ſie das Gedaͤchtnuͤß dererjenigen beehren und erhalten, de- rer Thaten und Verdienſte ſie, Zeit ih- res Lebens, beliebet und belobet ge-
macht,
F f 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0353"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Hauptbeſchreibung zweyter Theil.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Der<lb/>
Hauptbeſchreibung derer Spezereyen<lb/>
und Materialien<lb/>
Zweyter Theil/<lb/>
Von Thieren.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>Vorrede.</head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi><hirendition="#fr">S verhindert weder die Herrſchafft/ die GOtt der HERR<lb/>
dem Menſchen uͤber alle Thiere verliehen/ noch auch die<lb/>
Herrlichkeit der Gaben/ die Er, der grundguͤtige Schoͤpfer/<lb/>
ihm vor allem andern/ ſo das Leben hat/ mitgetheilet/<lb/>
daß die Naturkuͤndiger/ welche von Thieren geſchrieben,<lb/>ſich nicht ſelbſt auch/ zum wenigſten, was anlanget den Leib,<lb/>
unter deren Zahl zugleich ſolten begriffen haben. Die Er-<lb/>
fahrung, welche vielen</hi><hirendition="#aq">Medicis</hi><hirendition="#fr">die trefflichen Wirckungen und Kraft der<lb/>
Theile/ ja auch der</hi><hirendition="#aq">Excrement</hi><hirendition="#fr">en eines todten oder annoch lebendigen Men-<lb/>ſchen gelehret, hat ſie gleichfalls dahin gebracht, daß ſie viel ehe zu die-<lb/>ſen ihre Zuflucht genommen/ als zu ſolchen Dingen, welche von den<lb/>
Thieren kommen/ und wohl gar Beſchreibungen und beſondere Zuberei-<lb/>
tungen der Theile vom Menſchen aufgeſetzet/ wie ſie etwa vermeinet/<lb/>
daß ſie es verdienten. Bis endlich der meiſte Theil der Scribenten/ wel-<lb/>
che von Thieren/ und ſolchen/ die davon zum Behuff und Nutzen der<lb/>
Artzneykunſt moͤgen bereitet werden/ gehandelt/ insgemein mit Beſchrei-<lb/>
bung des gantzen Menſchen, oder doch von deſſelbigen Theilen, und ehe<lb/>
nichts von andern Thieren gemeldet haben, als bis ſie deroſelben Beherr-<lb/>ſcher beſchrieben. Welches mich dann gleicher geſtalt verbunden ihnen<lb/>
hierinne zu folgen, und was ich geſonnen von den Thieren zu vermelden,<lb/>
bis zu Ende derjenigen Sachen zu verſparen/ welche denſelbigen angehen/<lb/>
der ihr Herr und Meiſter iſt/ und nach belieben mit ihnen ſchalten und<lb/>
walten kan.</hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">Jch ſetze aber beyſeit das groſſe Licht und die Erkenntnuͤß, welche<lb/>
GOtt dem Menſchen/ ſeinen Leib betreffend, geſchencket hat/ daß er<lb/>
naͤmlich an ſich ſelbſt/ oder einem Coͤrper ſeines gleichen/ er ſey nun lebend<lb/>
oder todt/ etwas finden koͤnne, dadurch er ſeine Kranck- und Schwach-<lb/>
heiten zu vertreiben/ oder doch aufs wenigſte dieſelben zu lindern und zu<lb/>
mildern vermoͤge/ wie nicht weniger ſeines Lebens Tage erhalten und<lb/>
verlaͤngern koͤnne. Damit ich aber mich deſto genauer an diejenigen<lb/>
Sachen/ deren mein Verſtand faͤhig, halten/ und meinem Vorſatz zu<lb/>
Folge/ allein an ſolche Dinge binden moͤge/ welche die Thiere, Gewaͤch-<lb/>ſe und Mineralien eigentlich und inſonderheit dem Spezereyweſen dar-<lb/>
reichen/ als habe fuͤr gut erachtet, von der Mumie den Anfang zu ma-<lb/>
chen/ denn dieſe doch alle Theile des menſchlichen Leibes in ſich enthaͤlt.</hi></p><cbtype="end"/></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Das erſte Capitel.<lb/>
Von der Mumie.</hi></head><lb/><cbn="457"/><p><hirendition="#in">U</hi>Nter allen Ehrenbezeugun-<lb/>
gen, welche das Alterthum<lb/>
den Leuten erwieſen, iſt die<lb/>
Begraͤbnuͤß iederzeit fuͤr die<lb/>
groͤſte gehalten worden:<lb/><cbn="458"/>
denn durch dieſe letzte und loͤbliche Er-<lb/>
kenntlichkeit wolten ſie das Gedaͤchtnuͤß<lb/>
dererjenigen beehren und erhalten, de-<lb/>
rer Thaten und Verdienſte ſie, Zeit ih-<lb/>
res Lebens, beliebet und belobet ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">macht,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[0353]
Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Der
Hauptbeſchreibung derer Spezereyen
und Materialien
Zweyter Theil/
Von Thieren.
Vorrede.
ES verhindert weder die Herrſchafft/ die GOtt der HERR
dem Menſchen uͤber alle Thiere verliehen/ noch auch die
Herrlichkeit der Gaben/ die Er, der grundguͤtige Schoͤpfer/
ihm vor allem andern/ ſo das Leben hat/ mitgetheilet/
daß die Naturkuͤndiger/ welche von Thieren geſchrieben,
ſich nicht ſelbſt auch/ zum wenigſten, was anlanget den Leib,
unter deren Zahl zugleich ſolten begriffen haben. Die Er-
fahrung, welche vielen Medicis die trefflichen Wirckungen und Kraft der
Theile/ ja auch der Excrementen eines todten oder annoch lebendigen Men-
ſchen gelehret, hat ſie gleichfalls dahin gebracht, daß ſie viel ehe zu die-
ſen ihre Zuflucht genommen/ als zu ſolchen Dingen, welche von den
Thieren kommen/ und wohl gar Beſchreibungen und beſondere Zuberei-
tungen der Theile vom Menſchen aufgeſetzet/ wie ſie etwa vermeinet/
daß ſie es verdienten. Bis endlich der meiſte Theil der Scribenten/ wel-
che von Thieren/ und ſolchen/ die davon zum Behuff und Nutzen der
Artzneykunſt moͤgen bereitet werden/ gehandelt/ insgemein mit Beſchrei-
bung des gantzen Menſchen, oder doch von deſſelbigen Theilen, und ehe
nichts von andern Thieren gemeldet haben, als bis ſie deroſelben Beherr-
ſcher beſchrieben. Welches mich dann gleicher geſtalt verbunden ihnen
hierinne zu folgen, und was ich geſonnen von den Thieren zu vermelden,
bis zu Ende derjenigen Sachen zu verſparen/ welche denſelbigen angehen/
der ihr Herr und Meiſter iſt/ und nach belieben mit ihnen ſchalten und
walten kan.
Jch ſetze aber beyſeit das groſſe Licht und die Erkenntnuͤß, welche
GOtt dem Menſchen/ ſeinen Leib betreffend, geſchencket hat/ daß er
naͤmlich an ſich ſelbſt/ oder einem Coͤrper ſeines gleichen/ er ſey nun lebend
oder todt/ etwas finden koͤnne, dadurch er ſeine Kranck- und Schwach-
heiten zu vertreiben/ oder doch aufs wenigſte dieſelben zu lindern und zu
mildern vermoͤge/ wie nicht weniger ſeines Lebens Tage erhalten und
verlaͤngern koͤnne. Damit ich aber mich deſto genauer an diejenigen
Sachen/ deren mein Verſtand faͤhig, halten/ und meinem Vorſatz zu
Folge/ allein an ſolche Dinge binden moͤge/ welche die Thiere, Gewaͤch-
ſe und Mineralien eigentlich und inſonderheit dem Spezereyweſen dar-
reichen/ als habe fuͤr gut erachtet, von der Mumie den Anfang zu ma-
chen/ denn dieſe doch alle Theile des menſchlichen Leibes in ſich enthaͤlt.
Das erſte Capitel.
Von der Mumie.
UNter allen Ehrenbezeugun-
gen, welche das Alterthum
den Leuten erwieſen, iſt die
Begraͤbnuͤß iederzeit fuͤr die
groͤſte gehalten worden:
denn durch dieſe letzte und loͤbliche Er-
kenntlichkeit wolten ſie das Gedaͤchtnuͤß
dererjenigen beehren und erhalten, de-
rer Thaten und Verdienſte ſie, Zeit ih-
res Lebens, beliebet und belobet ge-
macht,
F f 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/353>, abgerufen am 08.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.