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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] den, gelb und dicke. Hierauf knäten ihn
diese Leute, wie einen Teig, und ma-
chen Stücken draus, die als die türcki-
schen Turbante sehen, auf die Art, wie
wir sie zu Gesichte kriegen. Die Bau-
ern um Odia oder Jndia, welches die
Hauptstadt in Siam ist, bringen ihn
nach der Stadt zu kauffe, wie etwa bey
uns die Bauern die Butter und andere
Eßwaaren. Was ich anietzo vorge-
bracht, ist mir von einem Siamischen
Dollmetscher, dem ich eine ziemliche
Partey abgekaufft, erzehlet worden.

Nach diesem habe ich folgendes erfah-
ren:

"Das Gummi Gutti ist ein gum-
"mosisch und hartzicht Wesen, hart und
"gelb, und wird von einem Sinesischen
"Baume, bey den Jndianern Code-
"lampulli
oder Cantopili, auch Can-
"na Ghorca
genennt, gesammlet. Es
"wird in Wasser zerlassen, hernach
"überm Feuer zu einem Klumpen ge-
"macht, und hat einen scharffen eckel-
"haften Geschmack, und gar keinen Ge-
"ruch. Der Baum trägt rothe Aep-
"fel. Die aus der aufgeritzten Rinde
"hervordringenden Tropfen werden in
"Gefässen aufgefangen, und darauf in
"Schaf- oder anderer Thiere Mägen
"gethan, und auf solche Art in einem
"Stück zu uns gebracht. Den aufge-
"sammleten Saft lassen die Jndianer
"in Wasser zergehen, filtriren und in-
"spißiren ihn: oder sie lassen ihn durch
"ein Tuch lauffen und machen ihn dicke:
"und geben ihm hernach eine cylindri-
"sche Form oder eine andere, nach ihrem
"belieben. Er wird mit Zitronsafte
"corrigiret."

"Es ist hitzig, und führt den Schleim
"und überflüßige Feuchtigkeiten ab.
"Wird von 10. bis auf 16. Gran schwer
[Spaltenumbruch] "gegeben, kan auch zu Pulver gestossen
"gebrauchet werden: doch wird es mei-
"stentheils mit etwas anders, z. E. mit
"Jalappen etc. vermischet und gegeben.
"Es wird ingleichen mit Eßig corrigi-
"ret, und dergestalt ein Extract daraus
"gemacht, welcher gar füglich auf 10.
"Gran kan gegeben werden.

Dem sey nun wie ihm wolle; man er-
wehle nur dasjenige Gummi Gutti,
welches trucken, hoch von Farbe, und
wie ein Tulband, oder anderer Gestalt
formiret ist. Die Gestalt oder Form
thut nichts zur Sache, wenn es nur
sonst, wie erst erinnert, beschaffen, auch
nicht sandicht ist, wann man es zer-
bricht. Es muß ingleichen kein rothes,
klares und durchsichtiges Gummi dar-
inne stecken, welches zwar der recht schö-
nen Aloe Succotrina gantz ähnlich sie-
het, und dennoch, ohnerachtet dieser sei-
ner Schönheit, verhindert, daß die Gut-
te nicht kan verkauffet werden, dieweil
es nicht allein gantz etwas anders ist,
sondern auch keine so schöne Farbe
giebet.

Es wird in etwas zur Artzney ge-
braucht, denn es ein heftig purgirend
Artzneymittel ist, das ohne sonderbare
Vorsicht und Rath erfahrner Leute
nicht soll gebrauchet werden; welches
sich recht wohl zu dem schicket, was Me-
sue
davon berichtet, daß man es näm-
lich von vier bis auf sieben Quintlein
gebrauchen könne. Allein dieses ist ein
ziemlich grober Schnitzer, und steht
Lebensgefahr darauf.

Sonst wird es zur Mignaturarbeit
gebrauchet, und gelb damit gemacht:
reibt man es mit Jndigo ab, so giebt es
eine schöne grasgrüne Farbe, welche
vorietzo an statt des Saftgrüns ge-
braucht wird.

[Ende Spaltensatz]
Das sechste Capitel.
Vom Arabischen Gummi.
[Spaltenumbruch]

DAs Arabische Gummi/ welches
auch Thebaicum, Saracenicum und
Achantinum genennet wird, wie nicht
weniger das Gummi von der Egy-
ptischen Acacia
oder Schoten-Dorn,
welches der Name des Baumes, der es
giebet; ist ein weißlicht Gummi, in
Siehe Fig. 276.kleinen Tropfen. Es rinnet aus kleinen
stachlichten Bäumlein, deren Blätlein
dermassen klein sind, daß man sie gar
[Spaltenumbruch] schwerlich zu zehlen vermag: wachsen
häuffig in dem glücklichen Arabien/
daher auch das Gummi seinen Zuna-
men bekommen.

Dieses Gummi wird über Marseille
nach Franckreich gebracht. Seit dem a-
ber das Gummi von Senega zu uns ge-
bracht worden, ist das wahrhafte Arabi-
sche Gummi so gar seltsam worden, daß
mans ietzo schier nicht mehr antrifft.

Man

Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
[Spaltenumbruch] den, gelb und dicke. Hierauf knaͤten ihn
dieſe Leute, wie einen Teig, und ma-
chen Stuͤcken draus, die als die tuͤrcki-
ſchen Turbante ſehen, auf die Art, wie
wir ſie zu Geſichte kriegen. Die Bau-
ern um Odia oder Jndia, welches die
Hauptſtadt in Siam iſt, bringen ihn
nach der Stadt zu kauffe, wie etwa bey
uns die Bauern die Butter und andere
Eßwaaren. Was ich anietzo vorge-
bracht, iſt mir von einem Siamiſchen
Dollmetſcher, dem ich eine ziemliche
Partey abgekaufft, erzehlet worden.

Nach dieſem habe ich folgendes erfah-
ren:

„Das Gummi Gutti iſt ein gum-
„moſiſch und hartzicht Weſen, hart und
„gelb, und wird von einem Sineſiſchen
„Baume, bey den Jndianern Code-
„lampulli
oder Cantopili, auch Can-
„na Ghorca
genennt, geſammlet. Es
„wird in Waſſer zerlaſſen, hernach
„uͤberm Feuer zu einem Klumpen ge-
„macht, und hat einen ſcharffen eckel-
„haften Geſchmack, und gar keinen Ge-
„ruch. Der Baum traͤgt rothe Aep-
„fel. Die aus der aufgeritzten Rinde
„hervordringenden Tropfen werden in
„Gefaͤſſen aufgefangen, und darauf in
„Schaf- oder anderer Thiere Maͤgen
„gethan, und auf ſolche Art in einem
„Stuͤck zu uns gebracht. Den aufge-
„ſammleten Saft laſſen die Jndianer
„in Waſſer zergehen, filtriren und in-
„ſpißiren ihn: oder ſie laſſen ihn durch
„ein Tuch lauffen und machen ihn dicke:
„und geben ihm hernach eine cylindri-
„ſche Form oder eine andere, nach ihrem
„belieben. Er wird mit Zitronſafte
„corrigiret.„

„Es iſt hitzig, und fuͤhrt den Schleim
„und uͤberfluͤßige Feuchtigkeiten ab.
„Wird von 10. bis auf 16. Gran ſchwer
[Spaltenumbruch] „gegeben, kan auch zu Pulver geſtoſſen
„gebrauchet werden: doch wird es mei-
„ſtentheils mit etwas anders, z. E. mit
„Jalappen ꝛc. vermiſchet und gegeben.
„Es wird ingleichen mit Eßig corrigi-
„ret, und dergeſtalt ein Extract daraus
„gemacht, welcher gar fuͤglich auf 10.
„Gran kan gegeben werden.

Dem ſey nun wie ihm wolle; man er-
wehle nur dasjenige Gummi Gutti,
welches trucken, hoch von Farbe, und
wie ein Tulband, oder anderer Geſtalt
formiret iſt. Die Geſtalt oder Form
thut nichts zur Sache, wenn es nur
ſonſt, wie erſt erinnert, beſchaffen, auch
nicht ſandicht iſt, wann man es zer-
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inne ſtecken, welches zwar der recht ſchoͤ-
nen Aloe Succotrina gantz aͤhnlich ſie-
het, und dennoch, ohnerachtet dieſer ſei-
ner Schoͤnheit, verhindert, daß die Gut-
te nicht kan verkauffet werden, dieweil
es nicht allein gantz etwas anders iſt,
ſondern auch keine ſo ſchoͤne Farbe
giebet.

Es wird in etwas zur Artzney ge-
braucht, denn es ein heftig purgirend
Artzneymittel iſt, das ohne ſonderbare
Vorſicht und Rath erfahrner Leute
nicht ſoll gebrauchet werden; welches
ſich recht wohl zu dem ſchicket, was Me-
ſue
davon berichtet, daß man es naͤm-
lich von vier bis auf ſieben Quintlein
gebrauchen koͤnne. Allein dieſes iſt ein
ziemlich grober Schnitzer, und ſteht
Lebensgefahr darauf.

Sonſt wird es zur Mignaturarbeit
gebrauchet, und gelb damit gemacht:
reibt man es mit Jndigo ab, ſo giebt es
eine ſchoͤne grasgruͤne Farbe, welche
vorietzo an ſtatt des Saftgruͤns ge-
braucht wird.

[Ende Spaltensatz]
Das ſechſte Capitel.
Vom Arabiſchen Gummi.
[Spaltenumbruch]

DAs Arabiſche Gummi/ welches
auch Thebaicum, Saracenicum und
Achantinum genennet wird, wie nicht
weniger das Gummi von der Egy-
ptiſchen Acacia
oder Schoten-Dorn,
welches der Name des Baumes, der es
giebet; iſt ein weißlicht Gummi, in
Siehe Fig. 276.kleinen Tropfen. Es rinnet aus kleinen
ſtachlichten Baͤumlein, deren Blaͤtlein
dermaſſen klein ſind, daß man ſie gar
[Spaltenumbruch] ſchwerlich zu zehlen vermag: wachſen
haͤuffig in dem gluͤcklichen Arabien/
daher auch das Gummi ſeinen Zuna-
men bekommen.

Dieſes Gummi wird uͤber Marſeille
nach Franckreich gebracht. Seit dem a-
ber das Gum̃i von Senega zu uns ge-
bracht worden, iſt das wahrhafte Arabi-
ſche Gummi ſo gar ſeltſam worden, daß
mans ietzo ſchier nicht mehr antrifft.

Man
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[0293] Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch. den, gelb und dicke. Hierauf knaͤten ihn dieſe Leute, wie einen Teig, und ma- chen Stuͤcken draus, die als die tuͤrcki- ſchen Turbante ſehen, auf die Art, wie wir ſie zu Geſichte kriegen. Die Bau- ern um Odia oder Jndia, welches die Hauptſtadt in Siam iſt, bringen ihn nach der Stadt zu kauffe, wie etwa bey uns die Bauern die Butter und andere Eßwaaren. Was ich anietzo vorge- bracht, iſt mir von einem Siamiſchen Dollmetſcher, dem ich eine ziemliche Partey abgekaufft, erzehlet worden. Nach dieſem habe ich folgendes erfah- ren: „Das Gummi Gutti iſt ein gum- „moſiſch und hartzicht Weſen, hart und „gelb, und wird von einem Sineſiſchen „Baume, bey den Jndianern Code- „lampulli oder Cantopili, auch Can- „na Ghorca genennt, geſammlet. Es „wird in Waſſer zerlaſſen, hernach „uͤberm Feuer zu einem Klumpen ge- „macht, und hat einen ſcharffen eckel- „haften Geſchmack, und gar keinen Ge- „ruch. Der Baum traͤgt rothe Aep- „fel. Die aus der aufgeritzten Rinde „hervordringenden Tropfen werden in „Gefaͤſſen aufgefangen, und darauf in „Schaf- oder anderer Thiere Maͤgen „gethan, und auf ſolche Art in einem „Stuͤck zu uns gebracht. Den aufge- „ſammleten Saft laſſen die Jndianer „in Waſſer zergehen, filtriren und in- „ſpißiren ihn: oder ſie laſſen ihn durch „ein Tuch lauffen und machen ihn dicke: „und geben ihm hernach eine cylindri- „ſche Form oder eine andere, nach ihrem „belieben. Er wird mit Zitronſafte „corrigiret.„ „Es iſt hitzig, und fuͤhrt den Schleim „und uͤberfluͤßige Feuchtigkeiten ab. „Wird von 10. bis auf 16. Gran ſchwer „gegeben, kan auch zu Pulver geſtoſſen „gebrauchet werden: doch wird es mei- „ſtentheils mit etwas anders, z. E. mit „Jalappen ꝛc. vermiſchet und gegeben. „Es wird ingleichen mit Eßig corrigi- „ret, und dergeſtalt ein Extract daraus „gemacht, welcher gar fuͤglich auf 10. „Gran kan gegeben werden. Dem ſey nun wie ihm wolle; man er- wehle nur dasjenige Gummi Gutti, welches trucken, hoch von Farbe, und wie ein Tulband, oder anderer Geſtalt formiret iſt. Die Geſtalt oder Form thut nichts zur Sache, wenn es nur ſonſt, wie erſt erinnert, beſchaffen, auch nicht ſandicht iſt, wann man es zer- bricht. Es muß ingleichen kein rothes, klares und durchſichtiges Gummi dar- inne ſtecken, welches zwar der recht ſchoͤ- nen Aloe Succotrina gantz aͤhnlich ſie- het, und dennoch, ohnerachtet dieſer ſei- ner Schoͤnheit, verhindert, daß die Gut- te nicht kan verkauffet werden, dieweil es nicht allein gantz etwas anders iſt, ſondern auch keine ſo ſchoͤne Farbe giebet. Es wird in etwas zur Artzney ge- braucht, denn es ein heftig purgirend Artzneymittel iſt, das ohne ſonderbare Vorſicht und Rath erfahrner Leute nicht ſoll gebrauchet werden; welches ſich recht wohl zu dem ſchicket, was Me- ſue davon berichtet, daß man es naͤm- lich von vier bis auf ſieben Quintlein gebrauchen koͤnne. Allein dieſes iſt ein ziemlich grober Schnitzer, und ſteht Lebensgefahr darauf. Sonſt wird es zur Mignaturarbeit gebrauchet, und gelb damit gemacht: reibt man es mit Jndigo ab, ſo giebt es eine ſchoͤne grasgruͤne Farbe, welche vorietzo an ſtatt des Saftgruͤns ge- braucht wird. Das ſechſte Capitel. Vom Arabiſchen Gummi. DAs Arabiſche Gummi/ welches auch Thebaicum, Saracenicum und Achantinum genennet wird, wie nicht weniger das Gummi von der Egy- ptiſchen Acacia oder Schoten-Dorn, welches der Name des Baumes, der es giebet; iſt ein weißlicht Gummi, in kleinen Tropfen. Es rinnet aus kleinen ſtachlichten Baͤumlein, deren Blaͤtlein dermaſſen klein ſind, daß man ſie gar ſchwerlich zu zehlen vermag: wachſen haͤuffig in dem gluͤcklichen Arabien/ daher auch das Gummi ſeinen Zuna- men bekommen. Siehe Fig. 276. Dieſes Gummi wird uͤber Marſeille nach Franckreich gebracht. Seit dem a- ber das Gum̃i von Senega zu uns ge- bracht worden, iſt das wahrhafte Arabi- ſche Gummi ſo gar ſeltſam worden, daß mans ietzo ſchier nicht mehr antrifft. Man

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/293>, abgerufen am 24.11.2024.