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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Sal alkali Tartari muß weiß seyn, trucken,
am Geschmack beitzend und ein wenig
bitter; es muß auch nicht spritzeln, wenn
es auf glühende Kohlen geleget wird.

Ein Hauffen Chymisten, bevoraus
die auf den Strassen herum lauffen, ver-
kauffen ein weisses mit Salpeter zuge-
richtetes Weinsteinsaltz, welches denen,
die sich nicht darauf verstehen, trefflich
in die Augen fällt, indem es überaus
weiß ist, und in grossen Stücken; allein
der Nutzen ist desto geringer: überdiß
läßt sichs nicht gut aufbehalten. Und
also verkauffen sie eine Waare, die sie
wenig gnug kostet, überaus theuer: doch
ist der Betrug gar leichte zu mercken, all-
dieweil es über dem Feuer spritzelt, wel-
ches hergegen das rechte nicht thut.

Aus dem wahrhaften Weinsteinsal-
tze, wenn es in einen Keller gesetzet wor-
den, bekommt man ein klares weisses
Oleum tartari
per doliquium.
Oel, welches oleum tartari per deliquium,
im Keller geflossenes Weinsteinöl, wie-
wohl ziemlich ungereimt, genennet
wird, denn es nichts anders ist, als ein
[Spaltenumbruch] Keller zerflossenes Saltz, so zu vielen
Sachen gut.

Die dieses Oel bereiten wollen, kön-
nen sich des calcinirten Weinsteins be-
dienen, und selbigen im Keller in einer
Blase aufhängen: das Oel wird eben so
schön und klar seyn, als wenn es vom
Saltze bereitet worden wäre. Zu Pa-
ris
hat eine gewisse Dame ein Geheim-
nüß, dieses Saltz ohne Zuthun einiger
Feuchtigkeit abzusüssen, und gebrauchet
es das Gesichte damit abzureiben, ohne
daß sie davon Runtzeln bekomme.

Etliche, die dieses Oel fein geschwinde
haben wollen, lösen das Weinsteinsaltz
in Wasser auf, und verkauffen dieses
Wasser für wahrhaftes Weinsteinöl,
welches ich aber nicht gut sprechen kan,
weil es nicht alleine röthlicht siehet, son-
dern auch, weil man es nicht so gerade
treffen kan, als wie der Keller; das ist,
es gehöret Feuchtigkeit dazu, bis man es
auflöse. Jndessen können sie es doch,
vermittelst dieses Griffs fein wohlfeil
geben.

[Ende Spaltensatz]
Das acht und sechtzigste Capitel.
Von der Weinstein-Tinctur.
[Spaltenumbruch]

TInctura Tartari wird vom Weinstein
bereitet, welcher in der heftigsten
Glut gestanden, und hernach in spiritu
vini tartarisato
aufgelöset worden ist:
dieses wird hingestellt, damit sichs setzen
möge, und darauf abgegossen, und in
einem wohlverwahrten Glase aufbe-
halten. Wann nun diese Tinctur ist,
wie sie seyn soll, so muß sie roth sehen,
und getreulich bereitet worden seyn. Sie
[Spaltenumbruch] wird dann und wann in der Artzney ge-
braucht, absonderlich wider den Schar-
bock
und als eine Blutreinigung. Die
dosis ist von 10. bis auf 30. Tropfen.

Hierbey kan man mercken, daß diese
Weinsteintinctur, ie röther ie voll-
kommener sey: doch ist das verdrüß-
lichste, daß diese schöne Farbe nach und
nach vergehet, wenn sie älter wird.

[Ende Spaltensatz]
Das neun und sechtzigste Capitel.
Tartarus vitriolatus.
[Spaltenumbruch]

MAgisterium Tartari oder Tartarus vi-
triolatus
wird aus dem Weinstein-
saltze oder im Keller geflossenem Wein-
steinöle und recht gutem Vitriolspiritus
gemacht; welche unter einander gemi-
schet, und auf dem Sande getrocknet
werden, bis sie zu einem schneeweisen
Saltze geworden: denn also muß es se-
hen, wenn es gut seyn soll, auch dabey
so trucken und so leichte seyn, als immer
möglich. Auch mag man Acht haben,
daß es kein Cremor tartari sey, mit Vi-
triolgeist aufgesotten, wie gar ofte ge-
schicht: deme aber ohngeachtet, wird
das Pfund dennoch zu 15. und 16. Fran-
[Spaltenumbruch] cken verkaufft, eben als ob es recht und
nach den Regeln der Kunst bereitet wor-
den wäre. Andere, die es noch schlim-
mer machen, und blos darum, damit sie
das Pfund für 6. bis 7. Francken geben
können, richten ihn mit figirten Salpe-
ter, oder mit den mineralischen Cry-
stallen zu. Jedoch kan jener, der näm-
lich mit dem Cremor ist bereitet worden,
gar leichte an den harten Körnern, die
gemeiniglich darunter sind, erkannt
werden: der andere aber daran, daß er
im Feuer spritzelt, und leichte von sich
selbst zerfleußt.

Der Tartarus vitriolatus wird in der

Artzney

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Sal alkali Tartari muß weiß ſeyn, trucken,
am Geſchmack beitzend und ein wenig
bitter; es muß auch nicht ſpritzeln, wenn
es auf gluͤhende Kohlen geleget wird.

Ein Hauffen Chymiſten, bevoraus
die auf den Straſſen herum lauffen, ver-
kauffen ein weiſſes mit Salpeter zuge-
richtetes Weinſteinſaltz, welches denen,
die ſich nicht darauf verſtehen, trefflich
in die Augen faͤllt, indem es uͤberaus
weiß iſt, und in groſſen Stuͤcken; allein
der Nutzen iſt deſto geringer: uͤberdiß
laͤßt ſichs nicht gut aufbehalten. Und
alſo verkauffen ſie eine Waare, die ſie
wenig gnug koſtet, uͤberaus theuer: doch
iſt der Betrug gar leichte zu mercken, all-
dieweil es uͤber dem Feuer ſpritzelt, wel-
ches hergegen das rechte nicht thut.

Aus dem wahrhaften Weinſteinſal-
tze, wenn es in einen Keller geſetzet wor-
den, bekommt man ein klares weiſſes
Oleum tartari
per doliquium.
Oel, welches oleum tartari per deliquium,
im Keller gefloſſenes Weinſteinoͤl, wie-
wohl ziemlich ungereimt, genennet
wird, denn es nichts anders iſt, als ein
[Spaltenumbruch] Keller zerfloſſenes Saltz, ſo zu vielen
Sachen gut.

Die dieſes Oel bereiten wollen, koͤn-
nen ſich des calcinirten Weinſteins be-
dienen, und ſelbigen im Keller in einer
Blaſe aufhaͤngen: das Oel wird eben ſo
ſchoͤn und klar ſeyn, als wenn es vom
Saltze bereitet worden waͤre. Zu Pa-
ris
hat eine gewiſſe Dame ein Geheim-
nuͤß, dieſes Saltz ohne Zuthun einiger
Feuchtigkeit abzuſuͤſſen, und gebrauchet
es das Geſichte damit abzureiben, ohne
daß ſie davon Runtzeln bekomme.

Etliche, die dieſes Oel fein geſchwinde
haben wollen, loͤſen das Weinſteinſaltz
in Waſſer auf, und verkauffen dieſes
Waſſer fuͤr wahrhaftes Weinſteinoͤl,
welches ich aber nicht gut ſprechen kan,
weil es nicht alleine roͤthlicht ſiehet, ſon-
dern auch, weil man es nicht ſo gerade
treffen kan, als wie der Keller; das iſt,
es gehoͤret Feuchtigkeit dazu, bis man es
aufloͤſe. Jndeſſen koͤnnen ſie es doch,
vermittelſt dieſes Griffs fein wohlfeil
geben.

[Ende Spaltensatz]
Das acht und ſechtzigſte Capitel.
Von der Weinſtein-Tinctur.
[Spaltenumbruch]

TInctura Tartari wird vom Weinſtein
bereitet, welcher in der heftigſten
Glut geſtanden, und hernach in ſpiritu
vini tartariſato
aufgeloͤſet worden iſt:
dieſes wird hingeſtellt, damit ſichs ſetzen
moͤge, und darauf abgegoſſen, und in
einem wohlverwahrten Glaſe aufbe-
halten. Wann nun dieſe Tinctur iſt,
wie ſie ſeyn ſoll, ſo muß ſie roth ſehen,
und getreulich bereitet worden ſeyn. Sie
[Spaltenumbruch] wird dann und wann in der Artzney ge-
braucht, abſonderlich wider den Schar-
bock
und als eine Blutreinigung. Die
doſis iſt von 10. bis auf 30. Tropfen.

Hierbey kan man mercken, daß dieſe
Weinſteintinctur, ie roͤther ie voll-
kommener ſey: doch iſt das verdruͤß-
lichſte, daß dieſe ſchoͤne Farbe nach und
nach vergehet, wenn ſie aͤlter wird.

[Ende Spaltensatz]
Das neun und ſechtzigſte Capitel.
Tartarus vitriolatus.
[Spaltenumbruch]

MAgiſterium Tartari oder Tartarus vi-
triolatus
wird aus dem Weinſtein-
ſaltze oder im Keller gefloſſenem Wein-
ſteinoͤle und recht gutem Vitriolſpiritus
gemacht; welche unter einander gemi-
ſchet, und auf dem Sande getrocknet
werden, bis ſie zu einem ſchneeweiſen
Saltze geworden: denn alſo muß es ſe-
hen, wenn es gut ſeyn ſoll, auch dabey
ſo trucken und ſo leichte ſeyn, als immer
moͤglich. Auch mag man Acht haben,
daß es kein Cremor tartari ſey, mit Vi-
triolgeiſt aufgeſotten, wie gar ofte ge-
ſchicht: deme aber ohngeachtet, wird
das Pfund dennoch zu 15. und 16. Fran-
[Spaltenumbruch] cken verkaufft, eben als ob es recht und
nach den Regeln der Kunſt bereitet wor-
den waͤre. Andere, die es noch ſchlim-
mer machen, und blos darum, damit ſie
das Pfund fuͤr 6. bis 7. Francken geben
koͤnnen, richten ihn mit figirten Salpe-
ter, oder mit den mineraliſchen Cry-
ſtallen zu. Jedoch kan jener, der naͤm-
lich mit dem Cremor iſt bereitet worden,
gar leichte an den harten Koͤrnern, die
gemeiniglich darunter ſind, erkannt
werden: der andere aber daran, daß er
im Feuer ſpritzelt, und leichte von ſich
ſelbſt zerfleußt.

Der Tartarus vitriolatus wird in der

Artzney
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[0274] Der Spezereyen und Materialien Sal alkali Tartari muß weiß ſeyn, trucken, am Geſchmack beitzend und ein wenig bitter; es muß auch nicht ſpritzeln, wenn es auf gluͤhende Kohlen geleget wird. Ein Hauffen Chymiſten, bevoraus die auf den Straſſen herum lauffen, ver- kauffen ein weiſſes mit Salpeter zuge- richtetes Weinſteinſaltz, welches denen, die ſich nicht darauf verſtehen, trefflich in die Augen faͤllt, indem es uͤberaus weiß iſt, und in groſſen Stuͤcken; allein der Nutzen iſt deſto geringer: uͤberdiß laͤßt ſichs nicht gut aufbehalten. Und alſo verkauffen ſie eine Waare, die ſie wenig gnug koſtet, uͤberaus theuer: doch iſt der Betrug gar leichte zu mercken, all- dieweil es uͤber dem Feuer ſpritzelt, wel- ches hergegen das rechte nicht thut. Aus dem wahrhaften Weinſteinſal- tze, wenn es in einen Keller geſetzet wor- den, bekommt man ein klares weiſſes Oel, welches oleum tartari per deliquium, im Keller gefloſſenes Weinſteinoͤl, wie- wohl ziemlich ungereimt, genennet wird, denn es nichts anders iſt, als ein Keller zerfloſſenes Saltz, ſo zu vielen Sachen gut. Oleum tartari per doliquium. Die dieſes Oel bereiten wollen, koͤn- nen ſich des calcinirten Weinſteins be- dienen, und ſelbigen im Keller in einer Blaſe aufhaͤngen: das Oel wird eben ſo ſchoͤn und klar ſeyn, als wenn es vom Saltze bereitet worden waͤre. Zu Pa- ris hat eine gewiſſe Dame ein Geheim- nuͤß, dieſes Saltz ohne Zuthun einiger Feuchtigkeit abzuſuͤſſen, und gebrauchet es das Geſichte damit abzureiben, ohne daß ſie davon Runtzeln bekomme. Etliche, die dieſes Oel fein geſchwinde haben wollen, loͤſen das Weinſteinſaltz in Waſſer auf, und verkauffen dieſes Waſſer fuͤr wahrhaftes Weinſteinoͤl, welches ich aber nicht gut ſprechen kan, weil es nicht alleine roͤthlicht ſiehet, ſon- dern auch, weil man es nicht ſo gerade treffen kan, als wie der Keller; das iſt, es gehoͤret Feuchtigkeit dazu, bis man es aufloͤſe. Jndeſſen koͤnnen ſie es doch, vermittelſt dieſes Griffs fein wohlfeil geben. Das acht und ſechtzigſte Capitel. Von der Weinſtein-Tinctur. TInctura Tartari wird vom Weinſtein bereitet, welcher in der heftigſten Glut geſtanden, und hernach in ſpiritu vini tartariſato aufgeloͤſet worden iſt: dieſes wird hingeſtellt, damit ſichs ſetzen moͤge, und darauf abgegoſſen, und in einem wohlverwahrten Glaſe aufbe- halten. Wann nun dieſe Tinctur iſt, wie ſie ſeyn ſoll, ſo muß ſie roth ſehen, und getreulich bereitet worden ſeyn. Sie wird dann und wann in der Artzney ge- braucht, abſonderlich wider den Schar- bock und als eine Blutreinigung. Die doſis iſt von 10. bis auf 30. Tropfen. Hierbey kan man mercken, daß dieſe Weinſteintinctur, ie roͤther ie voll- kommener ſey: doch iſt das verdruͤß- lichſte, daß dieſe ſchoͤne Farbe nach und nach vergehet, wenn ſie aͤlter wird. Das neun und ſechtzigſte Capitel. Tartarus vitriolatus. MAgiſterium Tartari oder Tartarus vi- triolatus wird aus dem Weinſtein- ſaltze oder im Keller gefloſſenem Wein- ſteinoͤle und recht gutem Vitriolſpiritus gemacht; welche unter einander gemi- ſchet, und auf dem Sande getrocknet werden, bis ſie zu einem ſchneeweiſen Saltze geworden: denn alſo muß es ſe- hen, wenn es gut ſeyn ſoll, auch dabey ſo trucken und ſo leichte ſeyn, als immer moͤglich. Auch mag man Acht haben, daß es kein Cremor tartari ſey, mit Vi- triolgeiſt aufgeſotten, wie gar ofte ge- ſchicht: deme aber ohngeachtet, wird das Pfund dennoch zu 15. und 16. Fran- cken verkaufft, eben als ob es recht und nach den Regeln der Kunſt bereitet wor- den waͤre. Andere, die es noch ſchlim- mer machen, und blos darum, damit ſie das Pfund fuͤr 6. bis 7. Francken geben koͤnnen, richten ihn mit figirten Salpe- ter, oder mit den mineraliſchen Cry- ſtallen zu. Jedoch kan jener, der naͤm- lich mit dem Cremor iſt bereitet worden, gar leichte an den harten Koͤrnern, die gemeiniglich darunter ſind, erkannt werden: der andere aber daran, daß er im Feuer ſpritzelt, und leichte von ſich ſelbſt zerfleußt. Der Tartarus vitriolatus wird in der Artzney

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/274>, abgerufen am 13.11.2024.