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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Pomerantzen-
schalen.

Wenn die Pomerantzen geschälet
und ausgenommen sind, werden sie al-
so gantz mit Zucker eingemacht, und das
nennen wir gantze/ oder eingemachte
Pomerantzenschalen
. Die besten wer-
den zu Tours gemacht, denn sie über-
aus helle und durchscheinend, auch hoch
von Farbe sind.

Wir lassen ingleichen Pomerantzen-
schalen von Lion kommen, welche in
schmale Stücklein zerschnitten sind,
Orangeat.und nennen sie Orangeat: wenn sie
aber mit Zucker überzogen, werden sie
Orangeat en dragee, überzogen, genen-
net.

Siehe Fig. 248.
und 249.

Ausser dem starcken Handel, den wir
mit süß- und sauern Pomerantzen, auch
Bigarades treiben, verkauffen wir glei-
Eingemachte
Pomeran-
tzenblüten.
chergestalt eingemachte Pomeran-
tzenblüten,
die wir aus Jtalien brin-
gen lassen; ferner das distillirte Wasser,
Aqua Namphae
oder Pome-
rantzenblüt-
wasser.
aqua Namphae, Pomerantzenblütwas-
ser
genannt, welches ebenfalls aus Pro-
vence kommt, und von den Parfumi-
rern samt andern, welche dieses oder je-
nes wohlriechend machen wollen, ge-
brauchet wird. Wenn es recht beschaf-
fen seyn soll, so muß es bitter schmecken,
lieblich und angenehme riechen, auch
eben in diesem Jahr gemacht seyn, denn
sobald es über ein Jahr alt wird, ent-
gehet ihm der Geruch. Die die Pome-
rantzenblüten distilliren, ziehen auch ein
überaus starckriechendes Oel daraus,
Neroli.dem die Parfumirer den Namen Ne-
roli
gegeben: das beste wird zu Rom/
und nach diesem in Provence gemacht.
Doch mag man sicherlich glauben, daß
dieses ein bloser irriger Wahn der Al-
ten, indem das Neroli zu Paris eben
so leichte, ja noch besser als in Jtalien
und Provence verfertiget werden kan.
Die Ursach ist diese, weil es in Jtalien
und Provence viel heisser ist, als in un-
serer Gegend, und daher die Sonne den
Geruch viel ehe zerstreuet. Wiewohl
noch dieser Unterschied verbleibet, daß
man allhier, zu Paris, viel weniger be-
reiten kan, weder in jenen heissen Län-
dern: denn man muß wissen, daß der
Geruch der Blumen allein von der
Sonnenhitze und dem Thaue entstehe,
und solchergestalt in Jtalien und Pro-
vence viel könne distilliret werden; das
heist, wenn die Blumen zu Paris ihre
Kraft nur einen Monat haben, so haben
[Spaltenumbruch] sie dieselbe in Provence zweyfältig, in
Jtalien aber dreymahl so starck, weil
ihnen die Sonne so nahe.

Aus Provence senden sie uns einPomeran-
tzenöl.

Oel, welches mit Wasser aus den Po-
merantzenschalen, davon das Weisse ab-
geschnitten ist, über den Helm getrieben
wird, und einen gantz lieblichen Geruch
hat. Auch senden sie uns noch eine an-
dere Gattung Oel, welches wir buile debuile de petit
grain.

petit grain (Oel von kleinen Korn) zu
nennen pflegen: dasselbe wird von klei-
nen Pomerantzen bereitet, die sie mit
einer sattsamen Menge Wasser, darin-
ne diese Pomerantzen ein fünff oder sechs
Tage geweichet haben, im Kolben distil-
liren. Das Oel sieht goldgelb, und hat
einen starcken guten Geruch.

Die Pomerantzenöle sind ein treff-
liches Mittel wider die Würme der klei-
nen Kinder; wie auch das Wasser, das
zur Bereitung des Oels gebraucht
wird. Daher bringen die Parfumirer
aus Provence desselbigen gar viel zu
unterschiedenen Leuten, um solches den
Kindern einzugeben. Das meiste wird
zu Grace/ Biot, drey Meilen von Gra-
ce, Canette und zu Nizza gemacht.

Zur Nachricht dienet, daß alle diese
Oele, die aus Provence kommen, ver-
fälschet sind, und einen Zusatz von Been-
oder süssem Mandelöle bekommen ha-
ben. Derowegen kauffe man sie ja nir-
gends, als bey rechtschaffenen Handels-
leuten, und sehe nicht auf den wohlfei-
len Preiß, absonderlich, wenn sie zu
Tödtung der Würme bey jungen Kin-
dern dienen sollen.

Wir verkauffen ferner die kleinen
Pomerantzen an die Paternoster- und
Rosenkräntzemacher. Die Abgänge
von diesen Pomerantzen mit gleichem
Theile getrockneter Zitronschalen und
andern Spezereyen mit einander zu
Pulver gestossen, davon wird ein hertz-
stärckend und universal Pulver bereitet,Universal,
Pulver.

welches auch zu vielerley Kranckheiten
der Pferde überaus gut ist, wie solches
aus des Herrn Soleysels vollkomme-
nem Hufschmid pag. 44. 45. weitläufftig
zu ersehen, denn es darinne nebst andern
diesen Thieren gar dienlichen und nütz-
lichen Hülffsmitteln der Länge nach be-
schrieben stehet. Die Herren Apothe-
cker wollen von dergleichen remediis und
Artzneyen nichts wissen, sagen, es sey

für sie
Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Pomerantzen-
ſchalen.

Wenn die Pomerantzen geſchaͤlet
und ausgenommen ſind, werden ſie al-
ſo gantz mit Zucker eingemacht, und das
nennen wir gantze/ oder eingemachte
Pomerantzenſchalen
. Die beſten wer-
den zu Tours gemacht, denn ſie uͤber-
aus helle und durchſcheinend, auch hoch
von Farbe ſind.

Wir laſſen ingleichen Pomerantzen-
ſchalen von Lion kommen, welche in
ſchmale Stuͤcklein zerſchnitten ſind,
Orangeat.und nennen ſie Orangeat: wenn ſie
aber mit Zucker uͤberzogen, werden ſie
Orangeat en dragée, uͤberzogen, genen-
net.

Siehe Fig. 248.
und 249.

Auſſer dem ſtarcken Handel, den wir
mit ſuͤß- und ſauern Pomerantzen, auch
Bigarades treiben, verkauffen wir glei-
Eingemachte
Pomeran-
tzenbluͤten.
chergeſtalt eingemachte Pomeran-
tzenbluͤten,
die wir aus Jtalien brin-
gen laſſen; ferner das diſtillirte Waſſer,
Aqua Namphæ
oder Pome-
rantzenbluͤt-
waſſer.
aqua Namphæ, Pomerantzenbluͤtwaſ-
ſer
genannt, welches ebenfalls aus Pro-
vence kommt, und von den Parfumi-
rern ſamt andern, welche dieſes oder je-
nes wohlriechend machen wollen, ge-
brauchet wird. Wenn es recht beſchaf-
fen ſeyn ſoll, ſo muß es bitter ſchmecken,
lieblich und angenehme riechen, auch
eben in dieſem Jahr gemacht ſeyn, denn
ſobald es uͤber ein Jahr alt wird, ent-
gehet ihm der Geruch. Die die Pome-
rantzenbluͤten diſtilliren, ziehen auch ein
uͤberaus ſtarckriechendes Oel daraus,
Neroli.dem die Parfumirer den Namen Ne-
roli
gegeben: das beſte wird zu Rom/
und nach dieſem in Provence gemacht.
Doch mag man ſicherlich glauben, daß
dieſes ein bloſer irriger Wahn der Al-
ten, indem das Neroli zu Paris eben
ſo leichte, ja noch beſſer als in Jtalien
und Provence verfertiget werden kan.
Die Urſach iſt dieſe, weil es in Jtalien
und Provence viel heiſſer iſt, als in un-
ſerer Gegend, und daher die Sonne den
Geruch viel ehe zerſtreuet. Wiewohl
noch dieſer Unterſchied verbleibet, daß
man allhier, zu Paris, viel weniger be-
reiten kan, weder in jenen heiſſen Laͤn-
dern: denn man muß wiſſen, daß der
Geruch der Blumen allein von der
Sonnenhitze und dem Thaue entſtehe,
und ſolchergeſtalt in Jtalien und Pro-
vence viel koͤnne diſtilliret werden; das
heiſt, wenn die Blumen zu Paris ihre
Kraft nur einen Monat haben, ſo haben
[Spaltenumbruch] ſie dieſelbe in Provence zweyfaͤltig, in
Jtalien aber dreymahl ſo ſtarck, weil
ihnen die Sonne ſo nahe.

Aus Provence ſenden ſie uns einPomeran-
tzenoͤl.

Oel, welches mit Waſſer aus den Po-
merantzenſchalen, davon das Weiſſe ab-
geſchnitten iſt, uͤber den Helm getrieben
wird, und einen gantz lieblichen Geruch
hat. Auch ſenden ſie uns noch eine an-
dere Gattung Oel, welches wir buile debuile de petit
grain.

petit grain (Oel von kleinen Korn) zu
nennen pflegen: daſſelbe wird von klei-
nen Pomerantzen bereitet, die ſie mit
einer ſattſamen Menge Waſſer, darin-
ne dieſe Pomerantzen ein fuͤnff oder ſechs
Tage geweichet haben, im Kolben diſtil-
liren. Das Oel ſieht goldgelb, und hat
einen ſtarcken guten Geruch.

Die Pomerantzenoͤle ſind ein treff-
liches Mittel wider die Wuͤrme der klei-
nen Kinder; wie auch das Waſſer, das
zur Bereitung des Oels gebraucht
wird. Daher bringen die Parfumirer
aus Provence deſſelbigen gar viel zu
unterſchiedenen Leuten, um ſolches den
Kindern einzugeben. Das meiſte wird
zu Grace/ Biot, drey Meilen von Gra-
ce, Canette und zu Nizza gemacht.

Zur Nachricht dienet, daß alle dieſe
Oele, die aus Provence kommen, ver-
faͤlſchet ſind, und einen Zuſatz von Been-
oder ſuͤſſem Mandeloͤle bekommen ha-
ben. Derowegen kauffe man ſie ja nir-
gends, als bey rechtſchaffenen Handels-
leuten, und ſehe nicht auf den wohlfei-
len Preiß, abſonderlich, wenn ſie zu
Toͤdtung der Wuͤrme bey jungen Kin-
dern dienen ſollen.

Wir verkauffen ferner die kleinen
Pomerantzen an die Paternoſter- und
Roſenkraͤntzemacher. Die Abgaͤnge
von dieſen Pomerantzen mit gleichem
Theile getrockneter Zitronſchalen und
andern Spezereyen mit einander zu
Pulver geſtoſſen, davon wird ein hertz-
ſtaͤrckend und univerſal Pulver bereitet,Univerſal,
Pulver.

welches auch zu vielerley Kranckheiten
der Pferde uͤberaus gut iſt, wie ſolches
aus des Herrn Soleyſels vollkomme-
nem Hufſchmid pag. 44. 45. weitlaͤufftig
zu erſehen, denn es darinne nebſt andern
dieſen Thieren gar dienlichen und nuͤtz-
lichen Huͤlffsmitteln der Laͤnge nach be-
ſchrieben ſtehet. Die Herren Apothe-
cker wollen von dergleichen remediis und
Artzneyen nichts wiſſen, ſagen, es ſey

fuͤr ſie
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[0254] Der Spezereyen und Materialien Wenn die Pomerantzen geſchaͤlet und ausgenommen ſind, werden ſie al- ſo gantz mit Zucker eingemacht, und das nennen wir gantze/ oder eingemachte Pomerantzenſchalen. Die beſten wer- den zu Tours gemacht, denn ſie uͤber- aus helle und durchſcheinend, auch hoch von Farbe ſind. Wir laſſen ingleichen Pomerantzen- ſchalen von Lion kommen, welche in ſchmale Stuͤcklein zerſchnitten ſind, und nennen ſie Orangeat: wenn ſie aber mit Zucker uͤberzogen, werden ſie Orangeat en dragée, uͤberzogen, genen- net. Orangeat. Auſſer dem ſtarcken Handel, den wir mit ſuͤß- und ſauern Pomerantzen, auch Bigarades treiben, verkauffen wir glei- chergeſtalt eingemachte Pomeran- tzenbluͤten, die wir aus Jtalien brin- gen laſſen; ferner das diſtillirte Waſſer, aqua Namphæ, Pomerantzenbluͤtwaſ- ſer genannt, welches ebenfalls aus Pro- vence kommt, und von den Parfumi- rern ſamt andern, welche dieſes oder je- nes wohlriechend machen wollen, ge- brauchet wird. Wenn es recht beſchaf- fen ſeyn ſoll, ſo muß es bitter ſchmecken, lieblich und angenehme riechen, auch eben in dieſem Jahr gemacht ſeyn, denn ſobald es uͤber ein Jahr alt wird, ent- gehet ihm der Geruch. Die die Pome- rantzenbluͤten diſtilliren, ziehen auch ein uͤberaus ſtarckriechendes Oel daraus, dem die Parfumirer den Namen Ne- roli gegeben: das beſte wird zu Rom/ und nach dieſem in Provence gemacht. Doch mag man ſicherlich glauben, daß dieſes ein bloſer irriger Wahn der Al- ten, indem das Neroli zu Paris eben ſo leichte, ja noch beſſer als in Jtalien und Provence verfertiget werden kan. Die Urſach iſt dieſe, weil es in Jtalien und Provence viel heiſſer iſt, als in un- ſerer Gegend, und daher die Sonne den Geruch viel ehe zerſtreuet. Wiewohl noch dieſer Unterſchied verbleibet, daß man allhier, zu Paris, viel weniger be- reiten kan, weder in jenen heiſſen Laͤn- dern: denn man muß wiſſen, daß der Geruch der Blumen allein von der Sonnenhitze und dem Thaue entſtehe, und ſolchergeſtalt in Jtalien und Pro- vence viel koͤnne diſtilliret werden; das heiſt, wenn die Blumen zu Paris ihre Kraft nur einen Monat haben, ſo haben ſie dieſelbe in Provence zweyfaͤltig, in Jtalien aber dreymahl ſo ſtarck, weil ihnen die Sonne ſo nahe. Eingemachte Pomeran- tzenbluͤten. Aqua Namphæ oder Pome- rantzenbluͤt- waſſer. Neroli. Aus Provence ſenden ſie uns ein Oel, welches mit Waſſer aus den Po- merantzenſchalen, davon das Weiſſe ab- geſchnitten iſt, uͤber den Helm getrieben wird, und einen gantz lieblichen Geruch hat. Auch ſenden ſie uns noch eine an- dere Gattung Oel, welches wir buile de petit grain (Oel von kleinen Korn) zu nennen pflegen: daſſelbe wird von klei- nen Pomerantzen bereitet, die ſie mit einer ſattſamen Menge Waſſer, darin- ne dieſe Pomerantzen ein fuͤnff oder ſechs Tage geweichet haben, im Kolben diſtil- liren. Das Oel ſieht goldgelb, und hat einen ſtarcken guten Geruch. Pomeran- tzenoͤl. buile de petit grain. Die Pomerantzenoͤle ſind ein treff- liches Mittel wider die Wuͤrme der klei- nen Kinder; wie auch das Waſſer, das zur Bereitung des Oels gebraucht wird. Daher bringen die Parfumirer aus Provence deſſelbigen gar viel zu unterſchiedenen Leuten, um ſolches den Kindern einzugeben. Das meiſte wird zu Grace/ Biot, drey Meilen von Gra- ce, Canette und zu Nizza gemacht. Zur Nachricht dienet, daß alle dieſe Oele, die aus Provence kommen, ver- faͤlſchet ſind, und einen Zuſatz von Been- oder ſuͤſſem Mandeloͤle bekommen ha- ben. Derowegen kauffe man ſie ja nir- gends, als bey rechtſchaffenen Handels- leuten, und ſehe nicht auf den wohlfei- len Preiß, abſonderlich, wenn ſie zu Toͤdtung der Wuͤrme bey jungen Kin- dern dienen ſollen. Wir verkauffen ferner die kleinen Pomerantzen an die Paternoſter- und Roſenkraͤntzemacher. Die Abgaͤnge von dieſen Pomerantzen mit gleichem Theile getrockneter Zitronſchalen und andern Spezereyen mit einander zu Pulver geſtoſſen, davon wird ein hertz- ſtaͤrckend und univerſal Pulver bereitet, welches auch zu vielerley Kranckheiten der Pferde uͤberaus gut iſt, wie ſolches aus des Herrn Soleyſels vollkomme- nem Hufſchmid pag. 44. 45. weitlaͤufftig zu erſehen, denn es darinne nebſt andern dieſen Thieren gar dienlichen und nuͤtz- lichen Huͤlffsmitteln der Laͤnge nach be- ſchrieben ſtehet. Die Herren Apothe- cker wollen von dergleichen remediis und Artzneyen nichts wiſſen, ſagen, es ſey fuͤr ſie Univerſal, Pulver.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/254>, abgerufen am 24.11.2024.