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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] nem kleinen Stielgen, solcher gestalt, daß
sie gleichsam eine kleine Krone formiren.

Diese Frucht sieht eisenfarbicht, und
riecht und schmeckt wie Näglein. Es
ist aber in der gantzen Welt nur ein ein-
tziger Baum, der sie trägt: derselbe be-
findet sich in Ostindien, mitten auf der
Jnsel Maßia (Makian) und wird
Thinca Ra-
doi.
von den Einwohnern Thinca Radoi,
d. i. Königs-Näglein genennet. Die
Frucht wird von dem Könige dermassen
hoch geschätzet, daß er sie mit Soldaten
bewachen läßt, damit niemand einige
davon bekommen möge. Man giebt
auch vor, die andern Bäume neigeten
sich gegen diesen, wenn er blühete, gleich
als ob sie ihm huldigen und Ehre erwei-
sen wolten; es fielen ingleichen alle der
andern Blüten ab, wenn dieses seine sich
zu zeigen beginneten. Die Jndianer
reihen diese Früchte an Fäden, und ma-
chen Armbänder davon, die sie wegen
des angenehmen Geruchs umzuthun
pflegen.

Jch hätte gar nichts von diesem Näg-
lein gemeldet, wofern ich nicht versichert
worden wäre, daß es ihrer gebe, ob ich
sie gleich nicht selbst gesehen, oder ie-
mahls anzutreffen vermocht habe, was
Fleiß ich auch dran spendiret. Doch hat
mich dessen eine sichere Person, die sie in
Holland gesehen, vergewissert, auch
Wilhelm Piso in seiner Jndianischen
Historie davon gehandelt, ingleichen
Olaus Wormius in seinem Buche
am 203. Bl. ihrer mit folgenden Wor-
ten gedacht:

"Das Königs-Näglein, eine
"Frucht, die meines Behalts, noch nie-
"mand beschrieben, hat eher die Gestalt
[Spaltenumbruch] "einer Blumen, als einer Frucht, und
"ist so lang als ein Gerstenkorn, auch
"schier so breit; länglicht und eckigt:
"zur Seiten stechen sechs oder acht Spi-
"tzen hervor, die oben gleichsam ein klei-
"nes Krönlein vorstellen, und braun se-
"hen, als wie Rost, riechen wie die
"Würtznäglein, und schmecken scharff,
"gantz und gar als wie diese Näglein.
"Die Frucht wächst in Ostindien/ auf
"der Jnsel Makia, und wird von den
"Einwohnern Thinca Radoi genen-
"net, welches bey ihnen soviel heißt, als
"ein Königs Näglein.

"Diese Näglein sind bey den Jndia-
"nern in hohem Werth, und werden
"gar selten zu uns gebracht. Man sagt,
"es sey nur ein eintziger Baum in gantz
"Jndien, der diese Frucht trage, und
"derselbige stehe mitten in der Jnsel.
"Wenn dieser Baum blühet, fallen al-
"le der andern gemeinen Würtz-Nä-
"gleinbäume Blüten ab. Auch beugen
"sich die übrigen Bäume gegen diesem,
"als wolten sie ihn verehren: wie sol-
"ches einer, der es gesehen, berichtet
"hat. Der König läßt diesen Baum, so
"lange er Früchte trägt, durch seine Tra-
"banten verwahren, damit sonst nie-
"mand, als er, dererselben habhaft wer-
"den möge. Dieses habe ich aus dem
"Munde einer Person, die auf der Jn-
"sel gewesen, und, daß sie es gesehen, ver-
"sichert hat. Welches, wenn es wahr,
"gewiß etwas recht wunderbares wä-
"re. Sie pflegen die Früchte anzurei-
"hen, auf daß sie, des lieblichen Geruchs
"halber, wie ein Armband, können ge-
"tragen werden.

[Ende Spaltensatz]
Das zwölffte Capitel.
Von den Mußkaten.
[Spaltenumbruch]

DJe Mußkatnuß/ auf Lateinisch
Nux muscata, myristica, aromatica, ist
eigentlich zu reden, der Kern einer
Frucht, die so dicke ist, als eine grüne
welsche Nuß bey uns: werden in zwey
Geschlecht abgetheilet, in Männlein,
Mußkatnüsse
Männlein u.
Weiblein.
Siehe Fig. 190.
und 191.
oder lange Mußkatnüß, und Weib-
lein
oder runde und gemeine Nüsse.

Der Baum, der die Mußkaten trägt,
ist nach Dalechamps Berichte, so groß
als ein Pfersichbaum, hat auch schier
eben solche Blätter, ohne, daß sie viel
kürtzer und schmäler sind, wornach die
[Spaltenumbruch] Frucht folget, in Grösse einer Nuß oder
Abricose. Dieser Baum, meldet Ta-
vernier/
wird nicht gepflantzet, sondern
wächst durch Hülffe gewisser Vögel, wel-
che aus den gegen Mittag gelegenen Jn-
seln kommen, und die Mußkatnüsse
gantz verschlucken, dieselben aber eben
also und unverdauet wieder von sich ge-
ben, da sie dann mit einer zähen und
schleimichten Materie überzogen sind:
wenn nun diese Nüsse auf die Erde fal-
len, schlagen sie die Wurtzeln, und brin-
gen einen Baum hervor, welcher nicht

wüchse

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] nem kleinen Stielgen, ſolcher geſtalt, daß
ſie gleichſam eine kleine Krone formiren.

Dieſe Frucht ſieht eiſenfarbicht, und
riecht und ſchmeckt wie Naͤglein. Es
iſt aber in der gantzen Welt nur ein ein-
tziger Baum, der ſie traͤgt: derſelbe be-
findet ſich in Oſtindien, mitten auf der
Jnſel Maßia (Makian) und wird
Thinca Ra-
doi.
von den Einwohnern Thinca Radoi,
d. i. Koͤnigs-Naͤglein genennet. Die
Frucht wird von dem Koͤnige dermaſſen
hoch geſchaͤtzet, daß er ſie mit Soldaten
bewachen laͤßt, damit niemand einige
davon bekommen moͤge. Man giebt
auch vor, die andern Baͤume neigeten
ſich gegen dieſen, wenn er bluͤhete, gleich
als ob ſie ihm huldigen und Ehre erwei-
ſen wolten; es fielen ingleichen alle der
andern Bluͤten ab, wenn dieſes ſeine ſich
zu zeigen beginneten. Die Jndianer
reihen dieſe Fruͤchte an Faͤden, und ma-
chen Armbaͤnder davon, die ſie wegen
des angenehmen Geruchs umzuthun
pflegen.

Jch haͤtte gar nichts von dieſem Naͤg-
lein gemeldet, wofern ich nicht verſichert
worden waͤre, daß es ihrer gebe, ob ich
ſie gleich nicht ſelbſt geſehen, oder ie-
mahls anzutreffen vermocht habe, was
Fleiß ich auch dran ſpendiret. Doch hat
mich deſſen eine ſichere Perſon, die ſie in
Holland geſehen, vergewiſſert, auch
Wilhelm Piſo in ſeiner Jndianiſchen
Hiſtorie davon gehandelt, ingleichen
Olaus Wormius in ſeinem Buche
am 203. Bl. ihrer mit folgenden Wor-
ten gedacht:

„Das Koͤnigs-Naͤglein, eine
„Frucht, die meines Behalts, noch nie-
„mand beſchrieben, hat eher die Geſtalt
[Spaltenumbruch] „einer Blumen, als einer Frucht, und
„iſt ſo lang als ein Gerſtenkorn, auch
„ſchier ſo breit; laͤnglicht und eckigt:
„zur Seiten ſtechen ſechs oder acht Spi-
„tzen hervor, die oben gleichſam ein klei-
„nes Kroͤnlein vorſtellen, und braun ſe-
„hen, als wie Roſt, riechen wie die
„Wuͤrtznaͤglein, und ſchmecken ſcharff,
„gantz und gar als wie dieſe Naͤglein.
„Die Frucht waͤchſt in Oſtindien/ auf
„der Jnſel Makia, und wird von den
„Einwohnern Thinca Radoi genen-
„net, welches bey ihnen ſoviel heißt, als
„ein Koͤnigs Naͤglein.

„Dieſe Naͤglein ſind bey den Jndia-
„nern in hohem Werth, und werden
„gar ſelten zu uns gebracht. Man ſagt,
„es ſey nur ein eintziger Baum in gantz
Jndien, der dieſe Frucht trage, und
„derſelbige ſtehe mitten in der Jnſel.
„Wenn dieſer Baum bluͤhet, fallen al-
„le der andern gemeinen Wuͤrtz-Naͤ-
„gleinbaͤume Bluͤten ab. Auch beugen
„ſich die uͤbrigen Baͤume gegen dieſem,
„als wolten ſie ihn verehren: wie ſol-
„ches einer, der es geſehen, berichtet
„hat. Der Koͤnig laͤßt dieſen Baum, ſo
„lange er Fruͤchte traͤgt, durch ſeine Tra-
„banten verwahren, damit ſonſt nie-
„mand, als er, dererſelben habhaft wer-
„den moͤge. Dieſes habe ich aus dem
„Munde einer Perſon, die auf der Jn-
„ſel geweſen, und, daß ſie es geſehen, ver-
„ſichert hat. Welches, wenn es wahr,
„gewiß etwas recht wunderbares waͤ-
„re. Sie pflegen die Fruͤchte anzurei-
„hen, auf daß ſie, des lieblichen Geruchs
„halber, wie ein Armband, koͤnnen ge-
„tragen werden.

[Ende Spaltensatz]
Das zwoͤlffte Capitel.
Von den Mußkaten.
[Spaltenumbruch]

DJe Mußkatnuß/ auf Lateiniſch
Nux muſcata, myriſtica, aromatica, iſt
eigentlich zu reden, der Kern einer
Frucht, die ſo dicke iſt, als eine gruͤne
welſche Nuß bey uns: werden in zwey
Geſchlecht abgetheilet, in Maͤnnlein,
Mußkatnuͤſſe
Maͤnnlein u.
Weiblein.
Siehe Fig. 190.
und 191.
oder lange Mußkatnuͤß, und Weib-
lein
oder runde und gemeine Nuͤſſe.

Der Baum, der die Mußkaten traͤgt,
iſt nach Dalechamps Berichte, ſo groß
als ein Pferſichbaum, hat auch ſchier
eben ſolche Blaͤtter, ohne, daß ſie viel
kuͤrtzer und ſchmaͤler ſind, wornach die
[Spaltenumbruch] Frucht folget, in Groͤſſe einer Nuß oder
Abricoſe. Dieſer Baum, meldet Ta-
vernier/
wird nicht gepflantzet, ſondern
waͤchſt durch Huͤlffe gewiſſer Voͤgel, wel-
che aus den gegen Mittag gelegenen Jn-
ſeln kommen, und die Mußkatnuͤſſe
gantz verſchlucken, dieſelben aber eben
alſo und unverdauet wieder von ſich ge-
ben, da ſie dann mit einer zaͤhen und
ſchleimichten Materie uͤberzogen ſind:
wenn nun dieſe Nuͤſſe auf die Erde fal-
len, ſchlagen ſie die Wurtzeln, und brin-
gen einen Baum hervor, welcher nicht

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[0224] Der Spezereyen und Materialien nem kleinen Stielgen, ſolcher geſtalt, daß ſie gleichſam eine kleine Krone formiren. Dieſe Frucht ſieht eiſenfarbicht, und riecht und ſchmeckt wie Naͤglein. Es iſt aber in der gantzen Welt nur ein ein- tziger Baum, der ſie traͤgt: derſelbe be- findet ſich in Oſtindien, mitten auf der Jnſel Maßia (Makian) und wird von den Einwohnern Thinca Radoi, d. i. Koͤnigs-Naͤglein genennet. Die Frucht wird von dem Koͤnige dermaſſen hoch geſchaͤtzet, daß er ſie mit Soldaten bewachen laͤßt, damit niemand einige davon bekommen moͤge. Man giebt auch vor, die andern Baͤume neigeten ſich gegen dieſen, wenn er bluͤhete, gleich als ob ſie ihm huldigen und Ehre erwei- ſen wolten; es fielen ingleichen alle der andern Bluͤten ab, wenn dieſes ſeine ſich zu zeigen beginneten. Die Jndianer reihen dieſe Fruͤchte an Faͤden, und ma- chen Armbaͤnder davon, die ſie wegen des angenehmen Geruchs umzuthun pflegen. Thinca Ra- doi. Jch haͤtte gar nichts von dieſem Naͤg- lein gemeldet, wofern ich nicht verſichert worden waͤre, daß es ihrer gebe, ob ich ſie gleich nicht ſelbſt geſehen, oder ie- mahls anzutreffen vermocht habe, was Fleiß ich auch dran ſpendiret. Doch hat mich deſſen eine ſichere Perſon, die ſie in Holland geſehen, vergewiſſert, auch Wilhelm Piſo in ſeiner Jndianiſchen Hiſtorie davon gehandelt, ingleichen Olaus Wormius in ſeinem Buche am 203. Bl. ihrer mit folgenden Wor- ten gedacht: „Das Koͤnigs-Naͤglein, eine „Frucht, die meines Behalts, noch nie- „mand beſchrieben, hat eher die Geſtalt „einer Blumen, als einer Frucht, und „iſt ſo lang als ein Gerſtenkorn, auch „ſchier ſo breit; laͤnglicht und eckigt: „zur Seiten ſtechen ſechs oder acht Spi- „tzen hervor, die oben gleichſam ein klei- „nes Kroͤnlein vorſtellen, und braun ſe- „hen, als wie Roſt, riechen wie die „Wuͤrtznaͤglein, und ſchmecken ſcharff, „gantz und gar als wie dieſe Naͤglein. „Die Frucht waͤchſt in Oſtindien/ auf „der Jnſel Makia, und wird von den „Einwohnern Thinca Radoi genen- „net, welches bey ihnen ſoviel heißt, als „ein Koͤnigs Naͤglein. „Dieſe Naͤglein ſind bey den Jndia- „nern in hohem Werth, und werden „gar ſelten zu uns gebracht. Man ſagt, „es ſey nur ein eintziger Baum in gantz „Jndien, der dieſe Frucht trage, und „derſelbige ſtehe mitten in der Jnſel. „Wenn dieſer Baum bluͤhet, fallen al- „le der andern gemeinen Wuͤrtz-Naͤ- „gleinbaͤume Bluͤten ab. Auch beugen „ſich die uͤbrigen Baͤume gegen dieſem, „als wolten ſie ihn verehren: wie ſol- „ches einer, der es geſehen, berichtet „hat. Der Koͤnig laͤßt dieſen Baum, ſo „lange er Fruͤchte traͤgt, durch ſeine Tra- „banten verwahren, damit ſonſt nie- „mand, als er, dererſelben habhaft wer- „den moͤge. Dieſes habe ich aus dem „Munde einer Perſon, die auf der Jn- „ſel geweſen, und, daß ſie es geſehen, ver- „ſichert hat. Welches, wenn es wahr, „gewiß etwas recht wunderbares waͤ- „re. Sie pflegen die Fruͤchte anzurei- „hen, auf daß ſie, des lieblichen Geruchs „halber, wie ein Armband, koͤnnen ge- „tragen werden. Das zwoͤlffte Capitel. Von den Mußkaten. DJe Mußkatnuß/ auf Lateiniſch Nux muſcata, myriſtica, aromatica, iſt eigentlich zu reden, der Kern einer Frucht, die ſo dicke iſt, als eine gruͤne welſche Nuß bey uns: werden in zwey Geſchlecht abgetheilet, in Maͤnnlein, oder lange Mußkatnuͤß, und Weib- lein oder runde und gemeine Nuͤſſe. Mußkatnuͤſſe Maͤnnlein u. Weiblein. Siehe Fig. 190. und 191. Der Baum, der die Mußkaten traͤgt, iſt nach Dalechamps Berichte, ſo groß als ein Pferſichbaum, hat auch ſchier eben ſolche Blaͤtter, ohne, daß ſie viel kuͤrtzer und ſchmaͤler ſind, wornach die Frucht folget, in Groͤſſe einer Nuß oder Abricoſe. Dieſer Baum, meldet Ta- vernier/ wird nicht gepflantzet, ſondern waͤchſt durch Huͤlffe gewiſſer Voͤgel, wel- che aus den gegen Mittag gelegenen Jn- ſeln kommen, und die Mußkatnuͤſſe gantz verſchlucken, dieſelben aber eben alſo und unverdauet wieder von ſich ge- ben, da ſie dann mit einer zaͤhen und ſchleimichten Materie uͤberzogen ſind: wenn nun dieſe Nuͤſſe auf die Erde fal- len, ſchlagen ſie die Wurtzeln, und brin- gen einen Baum hervor, welcher nicht wuͤchſe

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/224>, abgerufen am 13.11.2024.