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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung 'ersten Theils drittes Buch.
[Spaltenumbruch] die Nelcken, sässe an kleinen Zweiglein,
welche nebst den Blättern, darunter sie
sich versteckten, aus dem Baume heraus
wüchsen. Nach der Blüte komme die
Frucht, welche rund, wie eine dicke Erb-
se, weiß und roth sey. Aus den Blät-
tern, wenn sie mit einem Messer aufge-
ritzet worden, werde der Saft gezogen,
und in Calebassen oder Kürbsen gesamm-
let, da er dann an der Sonne getrocknet,
wie Hartz werde. Es gebe vielerley Gat-
tung Aloeholtz/ darunter das Jndi-
anische Agallochum,
welches aus Ca-
licut kommt, das beste. Das allerbeste
aber sey schwartz und scheckicht, völlig,
schwer, dichte, dick und starck, ziehe sich
nicht aufs weisse, lasse sich auch schwer-
lich anzünden.

Jch weiß nicht, wo Furetiere ietzt an-
geführtes mag hergenommen haben,
denn er vermenget das Gewächse, von
dem die Aloe kommt, mit dem wahr-
haften Aloeholtz. Andere sagen, es
käme daher, daß wir kein wahrhaftes
Aloeholtz hätten, weil es nirgends als
in dem irdischen Paradise wüchse, da-
raus man keines habhaft werden könne,
ohne bey grossen Wasserfluten. Ande-
re aber geben vor es wüchse nur in der
Wüsten, und auf hohen, unersteiglichen,
auch wegen der Löwen, Bären, Tyger
und Panterthiere höchstgefährlichen
Gebirgen. Und dergleichen Mährlein
giebts noch mehr, welche der Länge nach
zu erzehlen allzu lange fallen dürfte.
Jndessen will ich vermelden, daß mir
von den Leuten der Abgesandten aus
Siam/
welche dem ietztregierenden Kö-
nige Ludwig dem XIV. dergleichen Holtz,
theils gearbeitet, theils ungearbeitet,
zum Geschencke mitgebracht, unter an-
dern, eine Gieskanne zusamt dem Be-
cken, welche in Siam/ nach dasiger Lan-
desart gemacht waren, folgendes davon
kund gethan worden: nämlich, es wach-
se der Baum des wahrhaften Aloehol-
tzes
in Cochinchina, im Königreich
Lao und China, so gestaltet wie unsere
Siehe Fig. 96.Oelbäume, die Blätter sehen schier auch
so aus; nach denenselben komme die
Frucht, die unsern Kirschen gleiche. Von
Suratte wird des Aloeholtzes die
Menge gebracht, da denn dasjenige, das
am hartzigsten ist, am höhesten gehalten,
und nach den Stücken, ob sie groß oder
klein sind, unterschieden wird.

[Spaltenumbruch]

Auch dienet zu mercken, daß der
Stamm dieses Baumes dreyerley Far-
be habe, welches doch nur die unterschie-
denen Theile desselben sind, wie sie in der
Massa oder Substantz des Baumes auf
einander folgen. Das erste Holtz, so
sich unmittelbar unter der Rinde befin-
det, ist schwartz, sehr dichte, schwer, und
dem Ebenholtze ziemlich gleich; hat we-
gen seiner Farbe von den Portugiesen
den Namen Pao d' Aquila, Adlerholtz,Adlerholtz.
bekommen. Das andere ist leichte, voll
Adern, sieht als ob es verbrannt wäre,
und Tannetfarben aus. Dieses nennen
wir Calambouc oder das wahrhafteCalambouc-
holtz.

Aloeholtz. Das dritte, der Kern oder
das Hertz, ist das köstliche Holtz Tam-
bac
oder Calambac: Weil es aber soCalambac-
holtz.

gar rar und theuer ist, mir auch noch nie
zu Gesichte kommen, deshalben will ich
nichts davon gedencken, sondern nur sa-
gen, daß, wenn man ja des wahrhaf-
tigen Aloeholtzes
benöthiget wäre,
möge man sich an das Calambouc-
holtz
halten, ob es gleich nicht das beste,
dieweil das rechte oder das Calam-
bacholtz
unmöglich anders, als durch
Hülffe grosser Herren zu bekommen.

Man soll das Calambouc holtz er-
wehlen, welches tannetfarben und fein
gläntzend ist, auswendig so schön, wie
ein Jaspis, inwendig gelblicht weiß sieht,
und bitter schmecket, absonderlich, wenn
man es ein wenig im Munde gehalten,
daher es auch, und weil seine Bitterkeit
der Aloe ihrer gleichet, den Zunamen er-
halten. Es muß ingleichen leichte seyn,
und hartzicht, dem faulen Holtze ähnlich
sehen, und einen lieblichen süßlichten
Geruch von sich geben, wenn es ver-
brennet wird. So mag man auch dem
andern dasselbige vorziehen, in welchem
gantze Klumpen Hartz befindlich; doch
muß man Achtung geben, daß solches
nicht durch Kunst darein gebracht.

Dieses Aloeholtz wird, meines Wis-Aloeholtz.
sens, zu nichts, als zur Artzney ge-
braucht, indem es sehr aromatisch ist.

Was das Adlerholtz betrifft, dassel-
be ist in Franckreich wenig bräuchlich.
Die Jndianer machen allerhand Klei-
nigkeiten daraus, desgleichen ihre Waf-
fen. Jn Franckreich ist es auch der-
massen rar, daß es gar schwerlich zu fin-
den, welches dann denenjenigen, die da-
von geschrieben, und gemeldet haben,

ob sey

Hauptbeſchreibung ’erſten Theils drittes Buch.
[Spaltenumbruch] die Nelcken, ſaͤſſe an kleinen Zweiglein,
welche nebſt den Blaͤttern, darunter ſie
ſich verſteckten, aus dem Baume heraus
wuͤchſen. Nach der Bluͤte komme die
Frucht, welche rund, wie eine dicke Erb-
ſe, weiß und roth ſey. Aus den Blaͤt-
tern, wenn ſie mit einem Meſſer aufge-
ritzet worden, werde der Saft gezogen,
und in Calebaſſen oder Kuͤrbſen geſamm-
let, da er dann an der Sonne getrocknet,
wie Hartz werde. Es gebe vielerley Gat-
tung Aloeholtz/ darunter das Jndi-
aniſche Agallochum,
welches aus Ca-
licut kommt, das beſte. Das allerbeſte
aber ſey ſchwartz und ſcheckicht, voͤllig,
ſchwer, dichte, dick und ſtarck, ziehe ſich
nicht aufs weiſſe, laſſe ſich auch ſchwer-
lich anzuͤnden.

Jch weiß nicht, wo Furetiere ietzt an-
gefuͤhrtes mag hergenommen haben,
denn er vermenget das Gewaͤchſe, von
dem die Aloe kommt, mit dem wahr-
haften Aloeholtz. Andere ſagen, es
kaͤme daher, daß wir kein wahrhaftes
Aloeholtz haͤtten, weil es nirgends als
in dem irdiſchen Paradiſe wuͤchſe, da-
raus man keines habhaft werden koͤnne,
ohne bey groſſen Waſſerfluten. Ande-
re aber geben vor es wuͤchſe nur in der
Wuͤſten, und auf hohen, unerſteiglichen,
auch wegen der Loͤwen, Baͤren, Tyger
und Panterthiere hoͤchſtgefaͤhrlichen
Gebirgen. Und dergleichen Maͤhrlein
giebts noch mehr, welche der Laͤnge nach
zu erzehlen allzu lange fallen duͤrfte.
Jndeſſen will ich vermelden, daß mir
von den Leuten der Abgeſandten aus
Siam/
welche dem ietztregierenden Koͤ-
nige Ludwig dem XIV. dergleichen Holtz,
theils gearbeitet, theils ungearbeitet,
zum Geſchencke mitgebracht, unter an-
dern, eine Gieskanne zuſamt dem Be-
cken, welche in Siam/ nach daſiger Lan-
desart gemacht waren, folgendes davon
kund gethan worden: naͤmlich, es wach-
ſe der Baum des wahrhaften Aloehol-
tzes
in Cochinchina, im Koͤnigreich
Lao und China, ſo geſtaltet wie unſere
Siehe Fig. 96.Oelbaͤume, die Blaͤtter ſehen ſchier auch
ſo aus; nach denenſelben komme die
Frucht, die unſern Kirſchen gleiche. Von
Suratte wird des Aloeholtzes die
Menge gebracht, da denn dasjenige, das
am hartzigſten iſt, am hoͤheſten gehalten,
und nach den Stuͤcken, ob ſie groß oder
klein ſind, unterſchieden wird.

[Spaltenumbruch]

Auch dienet zu mercken, daß der
Stamm dieſes Baumes dreyerley Far-
be habe, welches doch nur die unterſchie-
denen Theile deſſelben ſind, wie ſie in der
Maſſa oder Subſtantz des Baumes auf
einander folgen. Das erſte Holtz, ſo
ſich unmittelbar unter der Rinde befin-
det, iſt ſchwartz, ſehr dichte, ſchwer, und
dem Ebenholtze ziemlich gleich; hat we-
gen ſeiner Farbe von den Portugieſen
den Namen Pao d’ Aquila, Adlerholtz,Adlerholtz.
bekommen. Das andere iſt leichte, voll
Adern, ſieht als ob es verbrannt waͤre,
und Tannetfarben aus. Dieſes nennen
wir Calambouc oder das wahrhafteCalambouc-
holtz.

Aloeholtz. Das dritte, der Kern oder
das Hertz, iſt das koͤſtliche Holtz Tam-
bac
oder Calambac: Weil es aber ſoCalambac-
holtz.

gar rar und theuer iſt, mir auch noch nie
zu Geſichte kommen, deshalben will ich
nichts davon gedencken, ſondern nur ſa-
gen, daß, wenn man ja des wahrhaf-
tigen Aloeholtzes
benoͤthiget waͤre,
moͤge man ſich an das Calambouc-
holtz
halten, ob es gleich nicht das beſte,
dieweil das rechte oder das Calam-
bacholtz
unmoͤglich anders, als durch
Huͤlffe groſſer Herren zu bekommen.

Man ſoll das Calambouc holtz er-
wehlen, welches tannetfarben und fein
glaͤntzend iſt, auswendig ſo ſchoͤn, wie
ein Jaſpis, inwendig gelblicht weiß ſieht,
und bitter ſchmecket, abſonderlich, wenn
man es ein wenig im Munde gehalten,
daher es auch, und weil ſeine Bitterkeit
der Aloe ihrer gleichet, den Zunamen er-
halten. Es muß ingleichen leichte ſeyn,
und hartzicht, dem faulen Holtze aͤhnlich
ſehen, und einen lieblichen ſuͤßlichten
Geruch von ſich geben, wenn es ver-
brennet wird. So mag man auch dem
andern daſſelbige vorziehen, in welchem
gantze Klumpen Hartz befindlich; doch
muß man Achtung geben, daß ſolches
nicht durch Kunſt darein gebracht.

Dieſes Aloeholtz wird, meines Wiſ-Aloeholtz.
ſens, zu nichts, als zur Artzney ge-
braucht, indem es ſehr aromatiſch iſt.

Was das Adlerholtz betrifft, daſſel-
be iſt in Franckreich wenig braͤuchlich.
Die Jndianer machen allerhand Klei-
nigkeiten daraus, desgleichen ihre Waf-
fen. Jn Franckreich iſt es auch der-
maſſen rar, daß es gar ſchwerlich zu fin-
den, welches dann denenjenigen, die da-
von geſchrieben, und gemeldet haben,

ob ſey
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/125>, abgerufen am 26.11.2024.