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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialienn
Das acht und zwantzigste Capitel.
Von der weissen und rothen Been- oder Wiederstoß-
Wurtzel.
[Spaltenumbruch]

DJe weisse Been-Wurtz/ sieht der
Bertramwurtzel gleich, ist auswen-
dig graulicht, inwendig ein wenig weis-
ser, und hat schier keinen Geschmack:
wenn man sie aber ein klein wenig im
Munde behält, so hinterläßt sie eine gar
ungemeine Bitterkeit.

Diese Wurtzel wird nebst der folgen-
den von einerley Orten zu uns gebracht;
ihre Blätter sehen auch bald eben als wie
Siehe Fig. 81.derselben Blätter aus, ohne daß annoch
unten an einem iedweden vier kleinere
Blättlein gegeneinander über stehen,
von gleicher Farbe und Gestalt. Dar-
zwischen steiget ein hoher Stengel in die
Höhe, an welchem auch noch einige
Blättgen sitzen, und schuppichte Knö-
pfe, welche, wenn sie sich aufgethan,
kleine gelbe Blumen hervor bringen.

Man erwehle die Beenwurtz/ wel-
che dicke, nicht wurmicht, nicht brüchig,
und so frisch, als immer möglich ist, auch,
wie obgemeldet, schmecket. Sie wird
eben dazu gebraucht, dazu man die rothe
brauchet, ja oftmahls eine für die andere
genommen.

Die rothe Beenwurtz wird, als wie
die Jalappe, in Stücke zerschnitten,
vom Berge Libanon und andern Or-
[Spaltenumbruch] ten in Syrien uns überbracht. Sie
hat die Gestalt einer grossen Rüben,Siehe Fig. 82.
wenn sie noch in der Erde steckt, ist mit
Zäserlein besetzet, sieht auswendig
braun, inwendig röthlicht, daraus wach-
sen lange grüne Blätter, die wie des Li-
monii,
des vermeinten rothen Beens
Blätter aussehen, deshalben es auch et-
liche für das andere Geschlechte dessel-
ben halten. Jn Mitte der Blätter er-
heben sich die Stengel mit rothen Blu-
men, zwey und zwey beysammen, be-
setzt, dieselben sehen bald wie kleine Gra-
natenblüten, oder wie die Blüte des
Pfeffers aus Jamaica.

Man mag die aussuchen, welche fein
trucken, hoch an der Farbe und frisch
sind, denn sie leichtlich verderben: sie
müssen auch einen anziehenden aroma-
tischen Geschmack haben. Sie werden
nicht eben sonderlich zur Artzney ge-
braucht, mehrmahls aber nehmen dieje-
nigen, die ihrer nöthig haben, an ihre
statt, dieweil sie so gar rar ist, die Wur-
tzel der Angelica, Zittwer, Borragen
und Ochsenzungen, welches aber nur aus
dringender Noth geschehen soll. Diese
Wurtzel wird für ein hertzverwahrend
Mittel wider den Gift gehalten.

[Ende Spaltensatz]
Das neun und zwantzigste Capitel.
Von der rothen Ochsenzungenwurtzel.

Anchusa.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 83.

ORcanette, die rothe Ochsenzungen-
wurtz,
ist mittelmäßig lang und
dicke, auswendig dunckelroth, inwendig
weiß, trägt grüne rauhe Blätter, gleich
den Ochsenzungenblättern, daher sie
auch wilde Ochsenzunge genennet
wird. Mitten aus den Blättern schießt
ein gerader Stengel hervor, mit kleinen
Blättern und Knöpflein, darauf blau-
lichte (bleu mourant) Blümlein, wie
Sternlein stehen, besetzt.

Man erwehle die Anchusa, welche
frisch, zähe, und doch treuge ist, aus-
wendig dunckelroth, inwendig weiß sie-
het, und einen kleinen blauen Kopf hat;
die auch eine hübsche rothe Farbe giebt,
wenn man sie entweder angefeuchtet,
[Spaltenumbruch] oder also trucken auf dem Nagel und der
Hand gerieben hat.

Dieweil aber solche Farbe nur aus-
senher an der Wurtzel haftet, darum
nehmen diejenigen, welche Wachs, Fett
und Oel damit färben wollen, die dicken
nicht so gerne, als die dünnen, mit de-
nen, wenn sie wohl gereiniget sind, sie
überaus schön roth zu färben wissen,
nur daß keine Feuchtigkeit an denenje-
nigen Dingen, die sie färben wollen, be-
findlich sey. Sie wächst in Provence/
deswegen hohlen wir sie von Marseille
und Nismes in Languedoc. Sie
wird sehr oft in der Artzney gebraucht,
und hat schier keine andere Eigenschaf-
ten als die obige.

Die
Der Spezereyen und Materialien̄
Das acht und zwantzigſte Capitel.
Von der weiſſen und rothen Been- oder Wiederſtoß-
Wurtzel.
[Spaltenumbruch]

DJe weiſſe Been-Wurtz/ ſieht der
Bertramwurtzel gleich, iſt auswen-
dig graulicht, inwendig ein wenig weiſ-
ſer, und hat ſchier keinen Geſchmack:
wenn man ſie aber ein klein wenig im
Munde behaͤlt, ſo hinterlaͤßt ſie eine gar
ungemeine Bitterkeit.

Dieſe Wurtzel wird nebſt der folgen-
den von einerley Orten zu uns gebracht;
ihre Blaͤtter ſehen auch bald eben als wie
Siehe Fig. 81.derſelben Blaͤtter aus, ohne daß annoch
unten an einem iedweden vier kleinere
Blaͤttlein gegeneinander uͤber ſtehen,
von gleicher Farbe und Geſtalt. Dar-
zwiſchen ſteiget ein hoher Stengel in die
Hoͤhe, an welchem auch noch einige
Blaͤttgen ſitzen, und ſchuppichte Knoͤ-
pfe, welche, wenn ſie ſich aufgethan,
kleine gelbe Blumen hervor bringen.

Man erwehle die Beenwurtz/ wel-
che dicke, nicht wurmicht, nicht bruͤchig,
und ſo friſch, als immer moͤglich iſt, auch,
wie obgemeldet, ſchmecket. Sie wird
eben dazu gebraucht, dazu man die rothe
brauchet, ja oftmahls eine fuͤr die andere
genommen.

Die rothe Beenwurtz wird, als wie
die Jalappe, in Stuͤcke zerſchnitten,
vom Berge Libanon und andern Or-
[Spaltenumbruch] ten in Syrien uns uͤberbracht. Sie
hat die Geſtalt einer groſſen Ruͤben,Siehe Fig. 82.
wenn ſie noch in der Erde ſteckt, iſt mit
Zaͤſerlein beſetzet, ſieht auswendig
braun, inwendig roͤthlicht, daraus wach-
ſen lange gruͤne Blaͤtter, die wie des Li-
monii,
des vermeinten rothen Beens
Blaͤtter auſſehen, deshalben es auch et-
liche fuͤr das andere Geſchlechte deſſel-
ben halten. Jn Mitte der Blaͤtter er-
heben ſich die Stengel mit rothen Blu-
men, zwey und zwey beyſammen, be-
ſetzt, dieſelben ſehen bald wie kleine Gra-
natenbluͤten, oder wie die Bluͤte des
Pfeffers aus Jamaica.

Man mag die auſſuchen, welche fein
trucken, hoch an der Farbe und friſch
ſind, denn ſie leichtlich verderben: ſie
muͤſſen auch einen anziehenden aroma-
tiſchen Geſchmack haben. Sie werden
nicht eben ſonderlich zur Artzney ge-
braucht, mehrmahls aber nehmen dieje-
nigen, die ihrer noͤthig haben, an ihre
ſtatt, dieweil ſie ſo gar rar iſt, die Wur-
tzel der Angelica, Zittwer, Borragen
und Ochſenzungen, welches aber nur aus
dringender Noth geſchehen ſoll. Dieſe
Wurtzel wird fuͤr ein hertzverwahrend
Mittel wider den Gift gehalten.

[Ende Spaltensatz]
Das neun und zwantzigſte Capitel.
Von der rothen Ochſenzungenwurtzel.

Anchuſa.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 83.

ORcanette, die rothe Ochſenzungen-
wurtz,
iſt mittelmaͤßig lang und
dicke, auswendig dunckelroth, inwendig
weiß, traͤgt gruͤne rauhe Blaͤtter, gleich
den Ochſenzungenblaͤttern, daher ſie
auch wilde Ochſenzunge genennet
wird. Mitten aus den Blaͤttern ſchießt
ein gerader Stengel hervor, mit kleinen
Blaͤttern und Knoͤpflein, darauf blau-
lichte (bleu mourant) Bluͤmlein, wie
Sternlein ſtehen, beſetzt.

Man erwehle die Anchuſa, welche
friſch, zaͤhe, und doch treuge iſt, aus-
wendig dunckelroth, inwendig weiß ſie-
het, und einen kleinen blauen Kopf hat;
die auch eine huͤbſche rothe Farbe giebt,
wenn man ſie entweder angefeuchtet,
[Spaltenumbruch] oder alſo trucken auf dem Nagel und der
Hand gerieben hat.

Dieweil aber ſolche Farbe nur auſ-
ſenher an der Wurtzel haftet, darum
nehmen diejenigen, welche Wachs, Fett
und Oel damit faͤrben wollen, die dicken
nicht ſo gerne, als die duͤnnen, mit de-
nen, wenn ſie wohl gereiniget ſind, ſie
uͤberaus ſchoͤn roth zu faͤrben wiſſen,
nur daß keine Feuchtigkeit an denenje-
nigen Dingen, die ſie faͤrben wollen, be-
findlich ſey. Sie waͤchſt in Provence/
deswegen hohlen wir ſie von Marſeille
und Nismes in Languedoc. Sie
wird ſehr oft in der Artzney gebraucht,
und hat ſchier keine andere Eigenſchaf-
ten als die obige.

Die
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[0104] Der Spezereyen und Materialien̄ Das acht und zwantzigſte Capitel. Von der weiſſen und rothen Been- oder Wiederſtoß- Wurtzel. DJe weiſſe Been-Wurtz/ ſieht der Bertramwurtzel gleich, iſt auswen- dig graulicht, inwendig ein wenig weiſ- ſer, und hat ſchier keinen Geſchmack: wenn man ſie aber ein klein wenig im Munde behaͤlt, ſo hinterlaͤßt ſie eine gar ungemeine Bitterkeit. Dieſe Wurtzel wird nebſt der folgen- den von einerley Orten zu uns gebracht; ihre Blaͤtter ſehen auch bald eben als wie derſelben Blaͤtter aus, ohne daß annoch unten an einem iedweden vier kleinere Blaͤttlein gegeneinander uͤber ſtehen, von gleicher Farbe und Geſtalt. Dar- zwiſchen ſteiget ein hoher Stengel in die Hoͤhe, an welchem auch noch einige Blaͤttgen ſitzen, und ſchuppichte Knoͤ- pfe, welche, wenn ſie ſich aufgethan, kleine gelbe Blumen hervor bringen. Siehe Fig. 81. Man erwehle die Beenwurtz/ wel- che dicke, nicht wurmicht, nicht bruͤchig, und ſo friſch, als immer moͤglich iſt, auch, wie obgemeldet, ſchmecket. Sie wird eben dazu gebraucht, dazu man die rothe brauchet, ja oftmahls eine fuͤr die andere genommen. Die rothe Beenwurtz wird, als wie die Jalappe, in Stuͤcke zerſchnitten, vom Berge Libanon und andern Or- ten in Syrien uns uͤberbracht. Sie hat die Geſtalt einer groſſen Ruͤben, wenn ſie noch in der Erde ſteckt, iſt mit Zaͤſerlein beſetzet, ſieht auswendig braun, inwendig roͤthlicht, daraus wach- ſen lange gruͤne Blaͤtter, die wie des Li- monii, des vermeinten rothen Beens Blaͤtter auſſehen, deshalben es auch et- liche fuͤr das andere Geſchlechte deſſel- ben halten. Jn Mitte der Blaͤtter er- heben ſich die Stengel mit rothen Blu- men, zwey und zwey beyſammen, be- ſetzt, dieſelben ſehen bald wie kleine Gra- natenbluͤten, oder wie die Bluͤte des Pfeffers aus Jamaica. Siehe Fig. 82. Man mag die auſſuchen, welche fein trucken, hoch an der Farbe und friſch ſind, denn ſie leichtlich verderben: ſie muͤſſen auch einen anziehenden aroma- tiſchen Geſchmack haben. Sie werden nicht eben ſonderlich zur Artzney ge- braucht, mehrmahls aber nehmen dieje- nigen, die ihrer noͤthig haben, an ihre ſtatt, dieweil ſie ſo gar rar iſt, die Wur- tzel der Angelica, Zittwer, Borragen und Ochſenzungen, welches aber nur aus dringender Noth geſchehen ſoll. Dieſe Wurtzel wird fuͤr ein hertzverwahrend Mittel wider den Gift gehalten. Das neun und zwantzigſte Capitel. Von der rothen Ochſenzungenwurtzel. Anchuſa. ORcanette, die rothe Ochſenzungen- wurtz, iſt mittelmaͤßig lang und dicke, auswendig dunckelroth, inwendig weiß, traͤgt gruͤne rauhe Blaͤtter, gleich den Ochſenzungenblaͤttern, daher ſie auch wilde Ochſenzunge genennet wird. Mitten aus den Blaͤttern ſchießt ein gerader Stengel hervor, mit kleinen Blaͤttern und Knoͤpflein, darauf blau- lichte (bleu mourant) Bluͤmlein, wie Sternlein ſtehen, beſetzt. Man erwehle die Anchuſa, welche friſch, zaͤhe, und doch treuge iſt, aus- wendig dunckelroth, inwendig weiß ſie- het, und einen kleinen blauen Kopf hat; die auch eine huͤbſche rothe Farbe giebt, wenn man ſie entweder angefeuchtet, oder alſo trucken auf dem Nagel und der Hand gerieben hat. Dieweil aber ſolche Farbe nur auſ- ſenher an der Wurtzel haftet, darum nehmen diejenigen, welche Wachs, Fett und Oel damit faͤrben wollen, die dicken nicht ſo gerne, als die duͤnnen, mit de- nen, wenn ſie wohl gereiniget ſind, ſie uͤberaus ſchoͤn roth zu faͤrben wiſſen, nur daß keine Feuchtigkeit an denenje- nigen Dingen, die ſie faͤrben wollen, be- findlich ſey. Sie waͤchſt in Provence/ deswegen hohlen wir ſie von Marſeille und Nismes in Languedoc. Sie wird ſehr oft in der Artzney gebraucht, und hat ſchier keine andere Eigenſchaf- ten als die obige. Die

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/104>, abgerufen am 13.11.2024.