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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Frau Katschner sprang ans Fenster. "De Kontessen, Herr
Fedelt! -- Nu feder aber, Madel!" Sie ließ sofort ihre
Röcke herab, fuhr in die Holzpantoffeln, trieb das Wasser, das
in einer großen Pfütze auf der Diele stand, mit einem Borst¬
wisch in die Ecke und schaffte das Waschfaß hinter den Ofen.
Das alles war das Werk von kaum einer Minute.

Schon klopfte es an's Fenster. Draußen hielt ein niedriger
Korbwagen, darin zwei junge Damen. Die eine hatte soeben
mit dem Peitschenstiel gegen die Fensterscheibe gepocht. "Ist
wer zu Hause hier?" hörte man eine helle Stimme rufen.

"Ich wer' naus gihn, Pauline!" sagte die Witwe. "Mach
Du Dich derweilen a Bissel zurechte, hierst De! Zieh Der
Strimpe an, und a frisches Halstichel, verstiehst De! Ich wer
se schun su lange hinhalen -- gieh, feder ack!"

Pauline, die sich merkwürdig befangen und unschlüssig ge¬
zeigt hatte, von dem Augenblicke an, wo die Komtessen in
Sicht gekommen, folgte dem Winke der Mutter und verschwand
in ihrer Kammer. Frau Katschner schob das Schiebefenster
zurück, das nach dem Garten hinaus führte. Sie brach in
freudige Rufe des Staunens aus: "Ne aber! Ne sowas! De
gnädigen Kontessen selber! Ich werde sogleich herauskommen."

Die Damen waren aus dem Wägelchen gestiegen. Eine
von ihnen hatte die Zügel geführt, jetzt warf sie die Leine
dem Groom zu, der hinter ihnen auf der Pritsche gesessen
hatte.

Die Komtessen waren gleich gekleidet, in hellen Stoff, und
trugen breite Strohhüte mit bunten Bändern. Wanda, die
jüngere und größere von beiden, war brünett, mit rassigem
Gesicht, in dem adeliges Selbstbewußtsein ausgesprochen lag.
Ida, die ältere, ein Mädchen von schmächtiger Gestalt, mit
durchsichtiger Hautfarbe und hellem Haar, zeigte weichere Züge.
Ihre stillen großen Augen und der feine Mund klangen zu
eigenartig melancholischer Wirkung zusammen.

Frau Katschner erschien in der Thür und machte ihren
schönsten Knix, wie sie ihn sich ehemals auf dem Schlosse ab¬
gesehen hatte.

Frau Katſchner ſprang ans Fenſter. „De Konteſſen, Herr
Fedelt! — Nu feder aber, Madel!“ Sie ließ ſofort ihre
Röcke herab, fuhr in die Holzpantoffeln, trieb das Waſſer, das
in einer großen Pfütze auf der Diele ſtand, mit einem Borſt¬
wiſch in die Ecke und ſchaffte das Waſchfaß hinter den Ofen.
Das alles war das Werk von kaum einer Minute.

Schon klopfte es an's Fenſter. Draußen hielt ein niedriger
Korbwagen, darin zwei junge Damen. Die eine hatte ſoeben
mit dem Peitſchenſtiel gegen die Fenſterſcheibe gepocht. „Iſt
wer zu Hauſe hier?“ hörte man eine helle Stimme rufen.

„Ich wer' naus gihn, Pauline!“ ſagte die Witwe. „Mach
Du Dich derweilen a Biſſel zurechte, hierſt De! Zieh Der
Strimpe an, und a friſches Halstichel, verſtiehſt De! Ich wer
ſe ſchun ſu lange hinhalen — gieh, feder ack!“

Pauline, die ſich merkwürdig befangen und unſchlüſſig ge¬
zeigt hatte, von dem Augenblicke an, wo die Komteſſen in
Sicht gekommen, folgte dem Winke der Mutter und verſchwand
in ihrer Kammer. Frau Katſchner ſchob das Schiebefenſter
zurück, das nach dem Garten hinaus führte. Sie brach in
freudige Rufe des Staunens aus: „Ne aber! Ne ſowas! De
gnädigen Konteſſen ſelber! Ich werde ſogleich herauskommen.“

Die Damen waren aus dem Wägelchen geſtiegen. Eine
von ihnen hatte die Zügel geführt, jetzt warf ſie die Leine
dem Groom zu, der hinter ihnen auf der Pritſche geſeſſen
hatte.

Die Komteſſen waren gleich gekleidet, in hellen Stoff, und
trugen breite Strohhüte mit bunten Bändern. Wanda, die
jüngere und größere von beiden, war brünett, mit raſſigem
Geſicht, in dem adeliges Selbſtbewußtſein ausgeſprochen lag.
Ida, die ältere, ein Mädchen von ſchmächtiger Geſtalt, mit
durchſichtiger Hautfarbe und hellem Haar, zeigte weichere Züge.
Ihre ſtillen großen Augen und der feine Mund klangen zu
eigenartig melancholiſcher Wirkung zuſammen.

Frau Katſchner erſchien in der Thür und machte ihren
ſchönſten Knix, wie ſie ihn ſich ehemals auf dem Schloſſe ab¬
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[74/0088] Frau Katſchner ſprang ans Fenſter. „De Konteſſen, Herr Fedelt! — Nu feder aber, Madel!“ Sie ließ ſofort ihre Röcke herab, fuhr in die Holzpantoffeln, trieb das Waſſer, das in einer großen Pfütze auf der Diele ſtand, mit einem Borſt¬ wiſch in die Ecke und ſchaffte das Waſchfaß hinter den Ofen. Das alles war das Werk von kaum einer Minute. Schon klopfte es an's Fenſter. Draußen hielt ein niedriger Korbwagen, darin zwei junge Damen. Die eine hatte ſoeben mit dem Peitſchenſtiel gegen die Fenſterſcheibe gepocht. „Iſt wer zu Hauſe hier?“ hörte man eine helle Stimme rufen. „Ich wer' naus gihn, Pauline!“ ſagte die Witwe. „Mach Du Dich derweilen a Biſſel zurechte, hierſt De! Zieh Der Strimpe an, und a friſches Halstichel, verſtiehſt De! Ich wer ſe ſchun ſu lange hinhalen — gieh, feder ack!“ Pauline, die ſich merkwürdig befangen und unſchlüſſig ge¬ zeigt hatte, von dem Augenblicke an, wo die Komteſſen in Sicht gekommen, folgte dem Winke der Mutter und verſchwand in ihrer Kammer. Frau Katſchner ſchob das Schiebefenſter zurück, das nach dem Garten hinaus führte. Sie brach in freudige Rufe des Staunens aus: „Ne aber! Ne ſowas! De gnädigen Konteſſen ſelber! Ich werde ſogleich herauskommen.“ Die Damen waren aus dem Wägelchen geſtiegen. Eine von ihnen hatte die Zügel geführt, jetzt warf ſie die Leine dem Groom zu, der hinter ihnen auf der Pritſche geſeſſen hatte. Die Komteſſen waren gleich gekleidet, in hellen Stoff, und trugen breite Strohhüte mit bunten Bändern. Wanda, die jüngere und größere von beiden, war brünett, mit raſſigem Geſicht, in dem adeliges Selbſtbewußtſein ausgeſprochen lag. Ida, die ältere, ein Mädchen von ſchmächtiger Geſtalt, mit durchſichtiger Hautfarbe und hellem Haar, zeigte weichere Züge. Ihre ſtillen großen Augen und der feine Mund klangen zu eigenartig melancholiſcher Wirkung zuſammen. Frau Katſchner erſchien in der Thür und machte ihren ſchönſten Knix, wie ſie ihn ſich ehemals auf dem Schloſſe ab¬ geſehen hatte.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/88>, abgerufen am 24.11.2024.