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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Comptoir, führte den Bauern vielmehr durch den Hausgang in
eine Hinterstube.

Hier saß in einem abgeschabten Lederfauteuil vor seinem
Schreibtische ein fetter Mann, kahlköpfig, mit dunklen großen
Augen, die ihm, aus tiefen Höhlen über die gebogene Nase
hinwegspähend, etwas von einer großen Eule gaben.

"Morgen Schönberger!"

"Morgen Sam!" Der fette Mann rührte sich nicht auf
seinem Stuhle, mit dem er verwachsen zu sein schien. Harasso¬
witz, unter dem Namen "Sam" weit und breit in der Handels¬
welt bekannt, schien die Gewohnheiten seines Freundes zu
kennen. Er rückte selbst Stühle heran, forderte den Bauern
auf, Platz zu nehmen und setzte sich.

"Hier bringe ich Ihnen also meinen Geschäftsfreund, den
Herrn Gutsbesitzer Büttner. Ich kenne den Mann. Er ist
gut. Sie können ihm unbedenklich Kredit eröffnen."

Schönberger zuckte die Achseln mit verdrießlicher Miene.
Dann begann er mit belegter Stimme, etwas anstoßend
sprechend: In gegenwärtiger Zeit auf Grund und Boden Geld
zu borgen, sei bedenklich. Jetzt, wo Subhastationen an der
Tagesordnung seien, und die Bauern noch öfter pleite mach¬
ten, als die Industriellen.

"Für den hier garantiere ich!" rief Harrassowitz. "Das
ist einer vom alten Schrot und Korn. Der ist durch und
durch solid!" Dabei tätschelte er den Bauern. "Was? der
macht uns nicht bankerott, nicht wahr?"

Aber Isidor Schönberger blieb bei seiner Ablehnung. Er
habe zu viele schlechte Erfahrungen gemacht in der letzten Zeit.
Habe seine Zinsen nicht erhalten, sei bei Zwangsversteigerungen
ausgefallen und um sein Geld betrogen worden.

"Wenn ich Ihnen sage, daß der Mann Ihnen sicher ist!
wenn ich mich mit meinem Ehrenwort für Herrn Büttner
verbürge! Sehen Sie sich den Herrn doch blos mal an,
Schönberger! sieht der aus, als ob er uns Schaden machen
wollte? Wenn ich sage, er ist gut, dann ist er gut!"

"Wo steht die Hypothek?" fragte Schönberger, der, im

Comptoir, führte den Bauern vielmehr durch den Hausgang in
eine Hinterſtube.

Hier ſaß in einem abgeſchabten Lederfauteuil vor ſeinem
Schreibtiſche ein fetter Mann, kahlköpfig, mit dunklen großen
Augen, die ihm, aus tiefen Höhlen über die gebogene Naſe
hinwegſpähend, etwas von einer großen Eule gaben.

„Morgen Schönberger!“

„Morgen Sam!“ Der fette Mann rührte ſich nicht auf
ſeinem Stuhle, mit dem er verwachſen zu ſein ſchien. Haraſſo¬
witz, unter dem Namen „Sam“ weit und breit in der Handels¬
welt bekannt, ſchien die Gewohnheiten ſeines Freundes zu
kennen. Er rückte ſelbſt Stühle heran, forderte den Bauern
auf, Platz zu nehmen und ſetzte ſich.

„Hier bringe ich Ihnen alſo meinen Geſchäftsfreund, den
Herrn Gutsbeſitzer Büttner. Ich kenne den Mann. Er iſt
gut. Sie können ihm unbedenklich Kredit eröffnen.“

Schönberger zuckte die Achſeln mit verdrießlicher Miene.
Dann begann er mit belegter Stimme, etwas anſtoßend
ſprechend: In gegenwärtiger Zeit auf Grund und Boden Geld
zu borgen, ſei bedenklich. Jetzt, wo Subhaſtationen an der
Tagesordnung ſeien, und die Bauern noch öfter pleite mach¬
ten, als die Induſtriellen.

„Für den hier garantiere ich!“ rief Harraſſowitz. „Das
iſt einer vom alten Schrot und Korn. Der iſt durch und
durch ſolid!“ Dabei tätſchelte er den Bauern. „Was? der
macht uns nicht bankerott, nicht wahr?“

Aber Iſidor Schönberger blieb bei ſeiner Ablehnung. Er
habe zu viele ſchlechte Erfahrungen gemacht in der letzten Zeit.
Habe ſeine Zinſen nicht erhalten, ſei bei Zwangsverſteigerungen
ausgefallen und um ſein Geld betrogen worden.

„Wenn ich Ihnen ſage, daß der Mann Ihnen ſicher iſt!
wenn ich mich mit meinem Ehrenwort für Herrn Büttner
verbürge! Sehen Sie ſich den Herrn doch blos mal an,
Schönberger! ſieht der aus, als ob er uns Schaden machen
wollte? Wenn ich ſage, er iſt gut, dann iſt er gut!“

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[52/0066] Comptoir, führte den Bauern vielmehr durch den Hausgang in eine Hinterſtube. Hier ſaß in einem abgeſchabten Lederfauteuil vor ſeinem Schreibtiſche ein fetter Mann, kahlköpfig, mit dunklen großen Augen, die ihm, aus tiefen Höhlen über die gebogene Naſe hinwegſpähend, etwas von einer großen Eule gaben. „Morgen Schönberger!“ „Morgen Sam!“ Der fette Mann rührte ſich nicht auf ſeinem Stuhle, mit dem er verwachſen zu ſein ſchien. Haraſſo¬ witz, unter dem Namen „Sam“ weit und breit in der Handels¬ welt bekannt, ſchien die Gewohnheiten ſeines Freundes zu kennen. Er rückte ſelbſt Stühle heran, forderte den Bauern auf, Platz zu nehmen und ſetzte ſich. „Hier bringe ich Ihnen alſo meinen Geſchäftsfreund, den Herrn Gutsbeſitzer Büttner. Ich kenne den Mann. Er iſt gut. Sie können ihm unbedenklich Kredit eröffnen.“ Schönberger zuckte die Achſeln mit verdrießlicher Miene. Dann begann er mit belegter Stimme, etwas anſtoßend ſprechend: In gegenwärtiger Zeit auf Grund und Boden Geld zu borgen, ſei bedenklich. Jetzt, wo Subhaſtationen an der Tagesordnung ſeien, und die Bauern noch öfter pleite mach¬ ten, als die Induſtriellen. „Für den hier garantiere ich!“ rief Harraſſowitz. „Das iſt einer vom alten Schrot und Korn. Der iſt durch und durch ſolid!“ Dabei tätſchelte er den Bauern. „Was? der macht uns nicht bankerott, nicht wahr?“ Aber Iſidor Schönberger blieb bei ſeiner Ablehnung. Er habe zu viele ſchlechte Erfahrungen gemacht in der letzten Zeit. Habe ſeine Zinſen nicht erhalten, ſei bei Zwangsverſteigerungen ausgefallen und um ſein Geld betrogen worden. „Wenn ich Ihnen ſage, daß der Mann Ihnen ſicher iſt! wenn ich mich mit meinem Ehrenwort für Herrn Büttner verbürge! Sehen Sie ſich den Herrn doch blos mal an, Schönberger! ſieht der aus, als ob er uns Schaden machen wollte? Wenn ich ſage, er iſt gut, dann iſt er gut!“ „Wo ſteht die Hypothek?“ fragte Schönberger, der, im

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/66>, abgerufen am 26.11.2024.