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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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bei Karl Büttner. Es handelte sich um die Voruntersuchung
gegen Richard Kaschel.

Karl wurde auf's eingehendste vernommen. Viel war
freilich nicht aus ihm herauszubekommen. Er wußte nur noch
wenig von jenem für ihn so verhängnisvollen Abend im
Kretscham zu Halbenau. Darüber, wie er zu der Wunde
am Kopfe gekommen, vermochte er nichts Stichhaltiges an¬
zugeben.

Immerhin belasteten die Aussagen anderer Zeugen den
jungen Kaschel soweit, daß es zur Verhandlung kam.

Es ward festgestellt, daß es Streit gegeben habe, zwischen
Karl und seinem Vetter. Ferner wurde ausgesagt, daß Richard
Kaschel es gewesen, der die Leute aufgefordert habe, den Be¬
trunkenen hinauszuwerfen. Das Gravierendste aber war, daß
mehrere Zeugen sich besinnen konnten, die eiserne Stange,
die zum Festhalten der Thür diente, in der Hand des Ange¬
klagten gesehen zu haben. Daß aber Richard den Schlag ge¬
führt habe, der Karl verletzt haben sollte, wollte niemand be¬
schwören.

Der Angeklagte selbst behauptete, er sei nicht mit draußen
gewesen vor dem Kretscham, habe vielmehr die eiserne Stange,
auf Befehl seines Vaters, sofort wieder eingelegt.

Der alte Kaschel, der unbeeidigt vernommen wurde, be¬
stätigte die Aussagen seines Sohnes.

Der Angeklagte wurde freigesprochen.

Die öffentliche Meinung schrieb trotzdem dem Gastwirtssohne
die That zu.

Man schimpfte weidlich auf die Kaschels, und verwünschte
sie. Erst hatten sie den alten Büttner ruiniert, ihn von Haus
und Hof gebracht, und nun hatten sie ihm auch noch den
Sohn für Lebzeiten elend gemacht.

Aber solche Worte fielen nur hinter dem Rücken der Kaschels.
Ihnen etwas in's Gesicht zu sagen, wagte niemand; sie waren
zu gefährlich.

Richard Kaschel zeigte sich, nachdem er hier mit einem blauen
Auge davon gekommen, anmaßender und übermütiger denn je.

bei Karl Büttner. Es handelte ſich um die Vorunterſuchung
gegen Richard Kaſchel.

Karl wurde auf's eingehendſte vernommen. Viel war
freilich nicht aus ihm herauszubekommen. Er wußte nur noch
wenig von jenem für ihn ſo verhängnisvollen Abend im
Kretſcham zu Halbenau. Darüber, wie er zu der Wunde
am Kopfe gekommen, vermochte er nichts Stichhaltiges an¬
zugeben.

Immerhin belaſteten die Ausſagen anderer Zeugen den
jungen Kaſchel ſoweit, daß es zur Verhandlung kam.

Es ward feſtgeſtellt, daß es Streit gegeben habe, zwiſchen
Karl und ſeinem Vetter. Ferner wurde ausgeſagt, daß Richard
Kaſchel es geweſen, der die Leute aufgefordert habe, den Be¬
trunkenen hinauszuwerfen. Das Gravierendſte aber war, daß
mehrere Zeugen ſich beſinnen konnten, die eiſerne Stange,
die zum Feſthalten der Thür diente, in der Hand des Ange¬
klagten geſehen zu haben. Daß aber Richard den Schlag ge¬
führt habe, der Karl verletzt haben ſollte, wollte niemand be¬
ſchwören.

Der Angeklagte ſelbſt behauptete, er ſei nicht mit draußen
geweſen vor dem Kretſcham, habe vielmehr die eiſerne Stange,
auf Befehl ſeines Vaters, ſofort wieder eingelegt.

Der alte Kaſchel, der unbeeidigt vernommen wurde, be¬
ſtätigte die Ausſagen ſeines Sohnes.

Der Angeklagte wurde freigeſprochen.

Die öffentliche Meinung ſchrieb trotzdem dem Gaſtwirtsſohne
die That zu.

Man ſchimpfte weidlich auf die Kaſchels, und verwünſchte
ſie. Erſt hatten ſie den alten Büttner ruiniert, ihn von Haus
und Hof gebracht, und nun hatten ſie ihm auch noch den
Sohn für Lebzeiten elend gemacht.

Aber ſolche Worte fielen nur hinter dem Rücken der Kaſchels.
Ihnen etwas in's Geſicht zu ſagen, wagte niemand; ſie waren
zu gefährlich.

Richard Kaſchel zeigte ſich, nachdem er hier mit einem blauen
Auge davon gekommen, anmaßender und übermütiger denn je.

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[408/0422] bei Karl Büttner. Es handelte ſich um die Vorunterſuchung gegen Richard Kaſchel. Karl wurde auf's eingehendſte vernommen. Viel war freilich nicht aus ihm herauszubekommen. Er wußte nur noch wenig von jenem für ihn ſo verhängnisvollen Abend im Kretſcham zu Halbenau. Darüber, wie er zu der Wunde am Kopfe gekommen, vermochte er nichts Stichhaltiges an¬ zugeben. Immerhin belaſteten die Ausſagen anderer Zeugen den jungen Kaſchel ſoweit, daß es zur Verhandlung kam. Es ward feſtgeſtellt, daß es Streit gegeben habe, zwiſchen Karl und ſeinem Vetter. Ferner wurde ausgeſagt, daß Richard Kaſchel es geweſen, der die Leute aufgefordert habe, den Be¬ trunkenen hinauszuwerfen. Das Gravierendſte aber war, daß mehrere Zeugen ſich beſinnen konnten, die eiſerne Stange, die zum Feſthalten der Thür diente, in der Hand des Ange¬ klagten geſehen zu haben. Daß aber Richard den Schlag ge¬ führt habe, der Karl verletzt haben ſollte, wollte niemand be¬ ſchwören. Der Angeklagte ſelbſt behauptete, er ſei nicht mit draußen geweſen vor dem Kretſcham, habe vielmehr die eiſerne Stange, auf Befehl ſeines Vaters, ſofort wieder eingelegt. Der alte Kaſchel, der unbeeidigt vernommen wurde, be¬ ſtätigte die Ausſagen ſeines Sohnes. Der Angeklagte wurde freigeſprochen. Die öffentliche Meinung ſchrieb trotzdem dem Gaſtwirtsſohne die That zu. Man ſchimpfte weidlich auf die Kaſchels, und verwünſchte ſie. Erſt hatten ſie den alten Büttner ruiniert, ihn von Haus und Hof gebracht, und nun hatten ſie ihm auch noch den Sohn für Lebzeiten elend gemacht. Aber ſolche Worte fielen nur hinter dem Rücken der Kaſchels. Ihnen etwas in's Geſicht zu ſagen, wagte niemand; ſie waren zu gefährlich. Richard Kaſchel zeigte ſich, nachdem er hier mit einem blauen Auge davon gekommen, anmaßender und übermütiger denn je.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/422>, abgerufen am 24.11.2024.