Leiba!" rief er, ein über das andere Mal, erstaunt aus. Die Berichte des Sohnes klangen ihm geradezu unglaublich. Be¬ sonders, daß es jetzt eine Maschine geben solle, welche die Garben bände, das wollte ihm nicht in den Sinn. Sämaschinen, Dreschmaschinen, das konnte er ja glauben, die hatte er auch schon selbst wohl gesehen, aber eine Maschine, welche die Garben raffte und band! "Da mechte am Ende ener och a Ding erfinden, das de Apern stackt, oder de Kihe vun selber melken thut. Ne, das glob'ch ne! -- dernoa, wenn's suweit käma, da kennten mir Pauern glei gonz eipacken. Si's su schun schlimm genuche mit a Pauern bestellt. Dar Edelmann schind uns, und dar Händler zwickt uns; wenn och noch de Maschinen, und se wullen alles besurgen, dernoa sein mir Pauern glei ganz hin!" --
Gustav lächelte dazu. Er hatte in den letzten Jahren doch manchem bäurische Vorurteil abgestreift. Er versuchte es, den Vater zu überzeugen, daß das mit den neuen Erfindungen doch nicht ganz so schlimm sei; im Gegenteil, man müsse der¬ gleichen anwenden und nutzbar zu machen suchen. Der Alte blieb bei seiner Rede. Zwar hörte er dem Jungen ganz gern zu; Gustavs lebhafte und gewandte Art, sich auszudrücken, die er sich in der Stadt angeeignet, machte ihm, der selbst nie die Worte setzen gelernt hatte, im Stillen Freude und schmeichelte seinem väterlichen Stolze, aber von seiner ursprünglichen Ansicht ging er nicht ab. Das war alles nichts für den Bauern. Solche Neuerungen waren höchstens dazu erfunden, den Land¬ mann zu verderben. --
Sie waren unter solchen Gesprächen an den Wald gelangt. Hier lief die Flur in eine sumpfige Wiese aus, die in un¬ ordentlichen Niederwald überging. Dahinter erhoben sich einzelne Kiefern, untermengt mit Wachholdersträuchern, Ginster und Brombeergestrüpp. Der Boden, durch die jährliche Streu¬ nutzung völlig entwertet, war nicht mehr imstande, einen ge¬ sunden Baumwuchs hervorzubringen. Der Büttnerbauer war, wie die meisten seines Standes, ein schlechter Waldheger.
Der alte Mann wollte nunmehr umkehren. Aber Gustav
Leiba!“ rief er, ein über das andere Mal, erſtaunt aus. Die Berichte des Sohnes klangen ihm geradezu unglaublich. Be¬ ſonders, daß es jetzt eine Maſchine geben ſolle, welche die Garben bände, das wollte ihm nicht in den Sinn. Sämaſchinen, Dreſchmaſchinen, das konnte er ja glauben, die hatte er auch ſchon ſelbſt wohl geſehen, aber eine Maſchine, welche die Garben raffte und band! „Da mechte am Ende ener och a Ding erfinden, das de Apern ſtackt, oder de Kihe vun ſelber melken thut. Ne, das glob'ch ne! — dernoa, wenn's ſuweit käma, da kennten mir Pauern glei gonz eipacken. Si's ſu ſchun ſchlimm genuche mit a Pauern beſtellt. Dar Edelmann ſchind uns, und dar Händler zwickt uns; wenn och noch de Maſchinen, und ſe wullen alles beſurgen, dernoa ſein mir Pauern glei ganz hin!“ —
Guſtav lächelte dazu. Er hatte in den letzten Jahren doch manchem bäuriſche Vorurteil abgeſtreift. Er verſuchte es, den Vater zu überzeugen, daß das mit den neuen Erfindungen doch nicht ganz ſo ſchlimm ſei; im Gegenteil, man müſſe der¬ gleichen anwenden und nutzbar zu machen ſuchen. Der Alte blieb bei ſeiner Rede. Zwar hörte er dem Jungen ganz gern zu; Guſtavs lebhafte und gewandte Art, ſich auszudrücken, die er ſich in der Stadt angeeignet, machte ihm, der ſelbſt nie die Worte ſetzen gelernt hatte, im Stillen Freude und ſchmeichelte ſeinem väterlichen Stolze, aber von ſeiner urſprünglichen Anſicht ging er nicht ab. Das war alles nichts für den Bauern. Solche Neuerungen waren höchſtens dazu erfunden, den Land¬ mann zu verderben. —
Sie waren unter ſolchen Geſprächen an den Wald gelangt. Hier lief die Flur in eine ſumpfige Wieſe aus, die in un¬ ordentlichen Niederwald überging. Dahinter erhoben ſich einzelne Kiefern, untermengt mit Wachholderſträuchern, Ginſter und Brombeergeſtrüpp. Der Boden, durch die jährliche Streu¬ nutzung völlig entwertet, war nicht mehr imſtande, einen ge¬ ſunden Baumwuchs hervorzubringen. Der Büttnerbauer war, wie die meiſten ſeines Standes, ein ſchlechter Waldheger.
Der alte Mann wollte nunmehr umkehren. Aber Guſtav
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Leiba!“ rief er, ein über das andere Mal, erſtaunt aus. Die
Berichte des Sohnes klangen ihm geradezu unglaublich. Be¬
ſonders, daß es jetzt eine Maſchine geben ſolle, welche die
Garben bände, das wollte ihm nicht in den Sinn. Sämaſchinen,
Dreſchmaſchinen, das konnte er ja glauben, die hatte er auch
ſchon ſelbſt wohl geſehen, aber eine Maſchine, welche die
Garben raffte und band! „Da mechte am Ende ener och a
Ding erfinden, das de Apern ſtackt, oder de Kihe vun ſelber
melken thut. Ne, das glob'ch ne! — dernoa, wenn's ſuweit
käma, da kennten mir Pauern glei gonz eipacken. Si's ſu
ſchun ſchlimm genuche mit a Pauern beſtellt. Dar Edelmann
ſchind uns, und dar Händler zwickt uns; wenn och noch de
Maſchinen, und ſe wullen alles beſurgen, dernoa ſein mir
Pauern glei ganz hin!“ —
Guſtav lächelte dazu. Er hatte in den letzten Jahren
doch manchem bäuriſche Vorurteil abgeſtreift. Er verſuchte es,
den Vater zu überzeugen, daß das mit den neuen Erfindungen
doch nicht ganz ſo ſchlimm ſei; im Gegenteil, man müſſe der¬
gleichen anwenden und nutzbar zu machen ſuchen. Der Alte
blieb bei ſeiner Rede. Zwar hörte er dem Jungen ganz gern
zu; Guſtavs lebhafte und gewandte Art, ſich auszudrücken, die
er ſich in der Stadt angeeignet, machte ihm, der ſelbſt nie die
Worte ſetzen gelernt hatte, im Stillen Freude und ſchmeichelte
ſeinem väterlichen Stolze, aber von ſeiner urſprünglichen Anſicht
ging er nicht ab. Das war alles nichts für den Bauern.
Solche Neuerungen waren höchſtens dazu erfunden, den Land¬
mann zu verderben. —
Sie waren unter ſolchen Geſprächen an den Wald gelangt.
Hier lief die Flur in eine ſumpfige Wieſe aus, die in un¬
ordentlichen Niederwald überging. Dahinter erhoben ſich
einzelne Kiefern, untermengt mit Wachholderſträuchern, Ginſter
und Brombeergeſtrüpp. Der Boden, durch die jährliche Streu¬
nutzung völlig entwertet, war nicht mehr imſtande, einen ge¬
ſunden Baumwuchs hervorzubringen. Der Büttnerbauer war,
wie die meiſten ſeines Standes, ein ſchlechter Waldheger.
Der alte Mann wollte nunmehr umkehren. Aber Guſtav
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/37>, abgerufen am 11.12.2024.
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