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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Aber der hörte und sah nichts mehr, starrte nur immer
die Goldstücke in seiner Hand an. -- War das ein Glück! Er
vermochte es kaum zu fassen.

Die Jagd ging weiter. Karl Büttner wurde jetzt auch
von den Treibern ganz besonders beachtet. Er hatte selbst
keine Schnapsflasche mitgebracht; dafür beeilten sich die an¬
deren ihm ihre ,Neegen' anzubieten. Es war gut für Karl, daß
die Dämmerung herankam und damit das Ende der Jagd,
denn er war so berauscht, daß er sich kaum noch auf den
Füßen zu erhalten vermochte.

Es gehörte nicht viel dazu, um Karl betrunken zu machen.
Heute hatte das ungewöhnliche Glück, das ihm so unversehens
in den Schoß gefallen war, dazu beigetragen, ihn zu be¬
rauschen. In der seligsten Laune trat er mit den anderen
Treibern den Heimweg an.

Als man an einem Gasthof vorüber kam, hieß es: Büttner¬
karl müsse etwas zum besten geben. Karl zögerte. Eine
Stimme warnte ihn, die Gaststube zu betreten. Er sehnte sich
eigentlich nach Haus, um seiner Frau das Geld auf den Tisch
zu legen. Was die für Augen machen würde!

Therese hatte ihn zwar in der letzten Zeit schlechter denn
je behandelt; dumm und faul und einen Freßsack hatte sie ihn
genannt, der nichts weiter könne, als fressen, saufen, und sie
belästigen. -- Nun wollte er ihr's mal zeigen! Er konnte doch
noch was anderes! Soviel Geld, wie er heute mitbrachte,
hatte sie wahrscheinlich noch niemals beisammen gesehen. Es
drängte ihn, zu Theresen zurückzukehren, an deren Über¬
raschung er sich weiden wollte.

Aber die anderen setzten ihm zu. Da waren verschiedene
lustige Brüder darunter, die er gut leiden mochte. Man warf
ihm vor, er sei ein Geizkragen. Mit einer ganzen Tasche voll
Gold wolle er nicht mal ein paar Groschen für Branntwein
springen lassen, das sei einfach ruppig. Karl glaubte, diesen
Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen zu dürfen; er trat in die
Schenkstube, schlug auf den Tisch und verlangte Korn für die
ganze Gesellschaft.

Aber der hörte und ſah nichts mehr, ſtarrte nur immer
die Goldſtücke in ſeiner Hand an. — War das ein Glück! Er
vermochte es kaum zu faſſen.

Die Jagd ging weiter. Karl Büttner wurde jetzt auch
von den Treibern ganz beſonders beachtet. Er hatte ſelbſt
keine Schnapsflaſche mitgebracht; dafür beeilten ſich die an¬
deren ihm ihre ‚Neegen‘ anzubieten. Es war gut für Karl, daß
die Dämmerung herankam und damit das Ende der Jagd,
denn er war ſo berauſcht, daß er ſich kaum noch auf den
Füßen zu erhalten vermochte.

Es gehörte nicht viel dazu, um Karl betrunken zu machen.
Heute hatte das ungewöhnliche Glück, das ihm ſo unverſehens
in den Schoß gefallen war, dazu beigetragen, ihn zu be¬
rauſchen. In der ſeligſten Laune trat er mit den anderen
Treibern den Heimweg an.

Als man an einem Gaſthof vorüber kam, hieß es: Büttner¬
karl müſſe etwas zum beſten geben. Karl zögerte. Eine
Stimme warnte ihn, die Gaſtſtube zu betreten. Er ſehnte ſich
eigentlich nach Haus, um ſeiner Frau das Geld auf den Tiſch
zu legen. Was die für Augen machen würde!

Thereſe hatte ihn zwar in der letzten Zeit ſchlechter denn
je behandelt; dumm und faul und einen Freßſack hatte ſie ihn
genannt, der nichts weiter könne, als freſſen, ſaufen, und ſie
beläſtigen. — Nun wollte er ihr's mal zeigen! Er konnte doch
noch was anderes! Soviel Geld, wie er heute mitbrachte,
hatte ſie wahrſcheinlich noch niemals beiſammen geſehen. Es
drängte ihn, zu Thereſen zurückzukehren, an deren Über¬
raſchung er ſich weiden wollte.

Aber die anderen ſetzten ihm zu. Da waren verſchiedene
luſtige Brüder darunter, die er gut leiden mochte. Man warf
ihm vor, er ſei ein Geizkragen. Mit einer ganzen Taſche voll
Gold wolle er nicht mal ein paar Groſchen für Branntwein
ſpringen laſſen, das ſei einfach ruppig. Karl glaubte, dieſen
Vorwurf nicht auf ſich ſitzen laſſen zu dürfen; er trat in die
Schenkſtube, ſchlug auf den Tiſch und verlangte Korn für die
ganze Geſellſchaft.

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[345/0359] Aber der hörte und ſah nichts mehr, ſtarrte nur immer die Goldſtücke in ſeiner Hand an. — War das ein Glück! Er vermochte es kaum zu faſſen. Die Jagd ging weiter. Karl Büttner wurde jetzt auch von den Treibern ganz beſonders beachtet. Er hatte ſelbſt keine Schnapsflaſche mitgebracht; dafür beeilten ſich die an¬ deren ihm ihre ‚Neegen‘ anzubieten. Es war gut für Karl, daß die Dämmerung herankam und damit das Ende der Jagd, denn er war ſo berauſcht, daß er ſich kaum noch auf den Füßen zu erhalten vermochte. Es gehörte nicht viel dazu, um Karl betrunken zu machen. Heute hatte das ungewöhnliche Glück, das ihm ſo unverſehens in den Schoß gefallen war, dazu beigetragen, ihn zu be¬ rauſchen. In der ſeligſten Laune trat er mit den anderen Treibern den Heimweg an. Als man an einem Gaſthof vorüber kam, hieß es: Büttner¬ karl müſſe etwas zum beſten geben. Karl zögerte. Eine Stimme warnte ihn, die Gaſtſtube zu betreten. Er ſehnte ſich eigentlich nach Haus, um ſeiner Frau das Geld auf den Tiſch zu legen. Was die für Augen machen würde! Thereſe hatte ihn zwar in der letzten Zeit ſchlechter denn je behandelt; dumm und faul und einen Freßſack hatte ſie ihn genannt, der nichts weiter könne, als freſſen, ſaufen, und ſie beläſtigen. — Nun wollte er ihr's mal zeigen! Er konnte doch noch was anderes! Soviel Geld, wie er heute mitbrachte, hatte ſie wahrſcheinlich noch niemals beiſammen geſehen. Es drängte ihn, zu Thereſen zurückzukehren, an deren Über¬ raſchung er ſich weiden wollte. Aber die anderen ſetzten ihm zu. Da waren verſchiedene luſtige Brüder darunter, die er gut leiden mochte. Man warf ihm vor, er ſei ein Geizkragen. Mit einer ganzen Taſche voll Gold wolle er nicht mal ein paar Groſchen für Branntwein ſpringen laſſen, das ſei einfach ruppig. Karl glaubte, dieſen Vorwurf nicht auf ſich ſitzen laſſen zu dürfen; er trat in die Schenkſtube, ſchlug auf den Tiſch und verlangte Korn für die ganze Geſellſchaft.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/359>, abgerufen am 23.11.2024.