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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Es war eine Art von Leibeigenschaft. Und gegen dieses
Joch waren die alten Fronden, der Zwangsgesindedienst, die
Hofegängerei und alle Spann- und Handdienste der Hörig¬
keit, unter denen die Vorfahren des Büttnerbauern geseufzt hatten,
federleicht gewesen. Damals sorgte der gnädige Herr immerhin
für seine Unterthanen, mit jener Liebe, die ein kluger Haus¬
halter für jedes Geschöpf hat, das ihm Nutzen schafft, und es
gab manches Band gemeinsamen Interesses, das den Hörigen
mit der Herrschaft verband. Bei dieser modernen Form der
Hörigkeit aber fehlte der ausgleichende und versöhnende Kitt
der Tradition. Hier herrschte die parvenuhafte Macht von
gestern protzig und frivol, die herzlose Unterjochung unter die
kalte Hand des Kapitals. --

Man mußte dem Händler eines lassen, er arbeitete ge¬
schickt, mit ,Diskretion', ja, mit einer gewissen Eleganz. Sam
besaß das Talent seiner Rasse in hohem Maße, anderer Ar¬
beit zu verwerten, sich in Nestern, welche fleißige Vögel mit
emsiger Sorgfalt zusammengetragen, wohnlich einzurichten. Und
die Natur hatte ihm eine Gemütsverfassung verliehen, die es
ihm leicht machte, sich um das Geschick der fremden Eier nicht
sonderlich zu grämen.

Man rechnete Sam nach, daß er bereits jetzt, durch den
Verkauf einzelner Parzellen, für den Preis gedeckt sei, den er
bei der Subhastation geboten hatte.

Eines Tages im Frühsommer waren eine Anzahl fremder
Arbeiter und ein Geometer nach Halbenau gekommen. Sie
hatten sich auf die große Wiese, die zwischen dem Büttnerschen
Hofe und dem Walde, ungefähr in der Mitte des Grundstückes
lag, begeben. Hier, an der dachartig abfallenden Lehne, fingen
sie an, abzustecken. Dann wurde der Rasen abgeschält, der
Humus, der zunächst unter der Grasnarbe lag, auf besondere
Haufen geworfen, und schließlich in der tiefer gelegenen
zähen Thonerde ein umfangreiches Viereck von Metertiefe
ausgegraben.

Hier sollte die Dampfziegelei hin, die Harrassowitz zu
gründen gedachte.

Es war eine Art von Leibeigenſchaft. Und gegen dieſes
Joch waren die alten Fronden, der Zwangsgeſindedienſt, die
Hofegängerei und alle Spann- und Handdienſte der Hörig¬
keit, unter denen die Vorfahren des Büttnerbauern geſeufzt hatten,
federleicht geweſen. Damals ſorgte der gnädige Herr immerhin
für ſeine Unterthanen, mit jener Liebe, die ein kluger Haus¬
halter für jedes Geſchöpf hat, das ihm Nutzen ſchafft, und es
gab manches Band gemeinſamen Intereſſes, das den Hörigen
mit der Herrſchaft verband. Bei dieſer modernen Form der
Hörigkeit aber fehlte der ausgleichende und verſöhnende Kitt
der Tradition. Hier herrſchte die parvenuhafte Macht von
geſtern protzig und frivol, die herzloſe Unterjochung unter die
kalte Hand des Kapitals. —

Man mußte dem Händler eines laſſen, er arbeitete ge¬
ſchickt, mit ‚Diskretion‛, ja, mit einer gewiſſen Eleganz. Sam
beſaß das Talent ſeiner Raſſe in hohem Maße, anderer Ar¬
beit zu verwerten, ſich in Neſtern, welche fleißige Vögel mit
emſiger Sorgfalt zuſammengetragen, wohnlich einzurichten. Und
die Natur hatte ihm eine Gemütsverfaſſung verliehen, die es
ihm leicht machte, ſich um das Geſchick der fremden Eier nicht
ſonderlich zu grämen.

Man rechnete Sam nach, daß er bereits jetzt, durch den
Verkauf einzelner Parzellen, für den Preis gedeckt ſei, den er
bei der Subhaſtation geboten hatte.

Eines Tages im Frühſommer waren eine Anzahl fremder
Arbeiter und ein Geometer nach Halbenau gekommen. Sie
hatten ſich auf die große Wieſe, die zwiſchen dem Büttnerſchen
Hofe und dem Walde, ungefähr in der Mitte des Grundſtückes
lag, begeben. Hier, an der dachartig abfallenden Lehne, fingen
ſie an, abzuſtecken. Dann wurde der Raſen abgeſchält, der
Humus, der zunächſt unter der Grasnarbe lag, auf beſondere
Haufen geworfen, und ſchließlich in der tiefer gelegenen
zähen Thonerde ein umfangreiches Viereck von Metertiefe
ausgegraben.

Hier ſollte die Dampfziegelei hin, die Harraſſowitz zu
gründen gedachte.

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[336/0350] Es war eine Art von Leibeigenſchaft. Und gegen dieſes Joch waren die alten Fronden, der Zwangsgeſindedienſt, die Hofegängerei und alle Spann- und Handdienſte der Hörig¬ keit, unter denen die Vorfahren des Büttnerbauern geſeufzt hatten, federleicht geweſen. Damals ſorgte der gnädige Herr immerhin für ſeine Unterthanen, mit jener Liebe, die ein kluger Haus¬ halter für jedes Geſchöpf hat, das ihm Nutzen ſchafft, und es gab manches Band gemeinſamen Intereſſes, das den Hörigen mit der Herrſchaft verband. Bei dieſer modernen Form der Hörigkeit aber fehlte der ausgleichende und verſöhnende Kitt der Tradition. Hier herrſchte die parvenuhafte Macht von geſtern protzig und frivol, die herzloſe Unterjochung unter die kalte Hand des Kapitals. — Man mußte dem Händler eines laſſen, er arbeitete ge¬ ſchickt, mit ‚Diskretion‛, ja, mit einer gewiſſen Eleganz. Sam beſaß das Talent ſeiner Raſſe in hohem Maße, anderer Ar¬ beit zu verwerten, ſich in Neſtern, welche fleißige Vögel mit emſiger Sorgfalt zuſammengetragen, wohnlich einzurichten. Und die Natur hatte ihm eine Gemütsverfaſſung verliehen, die es ihm leicht machte, ſich um das Geſchick der fremden Eier nicht ſonderlich zu grämen. Man rechnete Sam nach, daß er bereits jetzt, durch den Verkauf einzelner Parzellen, für den Preis gedeckt ſei, den er bei der Subhaſtation geboten hatte. Eines Tages im Frühſommer waren eine Anzahl fremder Arbeiter und ein Geometer nach Halbenau gekommen. Sie hatten ſich auf die große Wieſe, die zwiſchen dem Büttnerſchen Hofe und dem Walde, ungefähr in der Mitte des Grundſtückes lag, begeben. Hier, an der dachartig abfallenden Lehne, fingen ſie an, abzuſtecken. Dann wurde der Raſen abgeſchält, der Humus, der zunächſt unter der Grasnarbe lag, auf beſondere Haufen geworfen, und ſchließlich in der tiefer gelegenen zähen Thonerde ein umfangreiches Viereck von Metertiefe ausgegraben. Hier ſollte die Dampfziegelei hin, die Harraſſowitz zu gründen gedachte.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/350>, abgerufen am 22.11.2024.