Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Mit freudigem Blicke überschaute Sam die Schar der
Kauflustigen. "Die Kerle sein wie verrickt!" raunte ihm
Kaschelernst zu, als er den Geschäftsfreund am Wagen be¬
grüßte.

"Recht so!" meinte Sam. "Wir wollen ja auch nichts
verschleudern." --

Nach einiger Zeit begab man sich hinaus auf's Bauern¬
gut. Die Versteigerung sollte an Ort und Stelle vorgenom¬
men werden. Der Anblick des Feldes und der Früchte, die
darauf standen, würde die Kauflust noch erhöhen, taxierte Sam.
Der Händler und der Gastwirt gingen etwas hinter dem all¬
gemeinen Troß drein.

Auf einmal gab es ein Recken der Hälse und Zusammen¬
stecken der Köpfe, Rufe des Staunens, untermischt mit Ge¬
lächter! "Was giebt's denn?" fragte Harrassowitz. Die Leute
wiesen auf ein Stück frisch gepflügten Ackerlandes.

Kaschelernst stieß einen Ruf des Schreckens aus, lief ein
paar Schritte vorwärts, blieb dann stehen, mit rotem Kopfe
und weit geöffnetem Munde, ähnlich wie am Tage zuvor sein
Schwager, Traugott Büttner. Von dem pfiffigen Lächeln, das
er sonst zur Schau zu tragen pflegte, war in diesem Augenblicke
keine Spur zu entdecken.

Die Leute kicherten und nickten einander schadenfroh zu.
Das war Kaschelernsten einmal gesund!

Wo gestern Abend noch eine dunkelgrüne Kornsaat ge¬
prangt hatte, lag jetzt braune Stürze.

Das hatte der alte Büttner in einer Nacht mit dem Pfluge
umgeackert.


Mit freudigem Blicke überſchaute Sam die Schar der
Kaufluſtigen. „Die Kerle ſein wie verrickt!“ raunte ihm
Kaſchelernſt zu, als er den Geſchäftsfreund am Wagen be¬
grüßte.

„Recht ſo!“ meinte Sam. „Wir wollen ja auch nichts
verſchleudern.“ —

Nach einiger Zeit begab man ſich hinaus auf's Bauern¬
gut. Die Verſteigerung ſollte an Ort und Stelle vorgenom¬
men werden. Der Anblick des Feldes und der Früchte, die
darauf ſtanden, würde die Kaufluſt noch erhöhen, taxierte Sam.
Der Händler und der Gaſtwirt gingen etwas hinter dem all¬
gemeinen Troß drein.

Auf einmal gab es ein Recken der Hälſe und Zuſammen¬
ſtecken der Köpfe, Rufe des Staunens, untermiſcht mit Ge¬
lächter! „Was giebt's denn?“ fragte Harraſſowitz. Die Leute
wieſen auf ein Stück friſch gepflügten Ackerlandes.

Kaſchelernſt ſtieß einen Ruf des Schreckens aus, lief ein
paar Schritte vorwärts, blieb dann ſtehen, mit rotem Kopfe
und weit geöffnetem Munde, ähnlich wie am Tage zuvor ſein
Schwager, Traugott Büttner. Von dem pfiffigen Lächeln, das
er ſonſt zur Schau zu tragen pflegte, war in dieſem Augenblicke
keine Spur zu entdecken.

Die Leute kicherten und nickten einander ſchadenfroh zu.
Das war Kaſchelernſten einmal geſund!

Wo geſtern Abend noch eine dunkelgrüne Kornſaat ge¬
prangt hatte, lag jetzt braune Stürze.

Das hatte der alte Büttner in einer Nacht mit dem Pfluge
umgeackert.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0316" n="302"/>
          <p>Mit freudigem Blicke über&#x017F;chaute Sam die Schar der<lb/>
Kauflu&#x017F;tigen. &#x201E;Die Kerle &#x017F;ein wie verrickt!&#x201C; raunte ihm<lb/>
Ka&#x017F;chelern&#x017F;t zu, als er den Ge&#x017F;chäftsfreund am Wagen be¬<lb/>
grüßte.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Recht &#x017F;o!&#x201C; meinte Sam. &#x201E;Wir wollen ja auch nichts<lb/>
ver&#x017F;chleudern.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Nach einiger Zeit begab man &#x017F;ich hinaus auf's Bauern¬<lb/>
gut. Die Ver&#x017F;teigerung &#x017F;ollte an Ort und Stelle vorgenom¬<lb/>
men werden. Der Anblick des Feldes und der Früchte, die<lb/>
darauf &#x017F;tanden, würde die Kauflu&#x017F;t noch erhöhen, taxierte Sam.<lb/>
Der Händler und der Ga&#x017F;twirt gingen etwas hinter dem all¬<lb/>
gemeinen Troß drein.</p><lb/>
          <p>Auf einmal gab es ein Recken der Häl&#x017F;e und Zu&#x017F;ammen¬<lb/>
&#x017F;tecken der Köpfe, Rufe des Staunens, untermi&#x017F;cht mit Ge¬<lb/>
lächter! &#x201E;Was giebt's denn?&#x201C; fragte Harra&#x017F;&#x017F;owitz. Die Leute<lb/>
wie&#x017F;en auf ein Stück fri&#x017F;ch gepflügten Ackerlandes.</p><lb/>
          <p>Ka&#x017F;chelern&#x017F;t &#x017F;tieß einen Ruf des Schreckens aus, lief ein<lb/>
paar Schritte vorwärts, blieb dann &#x017F;tehen, mit rotem Kopfe<lb/>
und weit geöffnetem Munde, ähnlich wie am Tage zuvor &#x017F;ein<lb/>
Schwager, Traugott Büttner. Von dem pfiffigen Lächeln, das<lb/>
er &#x017F;on&#x017F;t zur Schau zu tragen pflegte, war in die&#x017F;em Augenblicke<lb/>
keine Spur zu entdecken.</p><lb/>
          <p>Die Leute kicherten und nickten einander &#x017F;chadenfroh zu.<lb/>
Das war Ka&#x017F;chelern&#x017F;ten einmal ge&#x017F;und!</p><lb/>
          <p>Wo ge&#x017F;tern Abend noch eine dunkelgrüne Korn&#x017F;aat ge¬<lb/>
prangt hatte, lag jetzt braune Stürze.</p><lb/>
          <p>Das hatte der alte Büttner in einer Nacht mit dem Pfluge<lb/>
umgeackert.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0316] Mit freudigem Blicke überſchaute Sam die Schar der Kaufluſtigen. „Die Kerle ſein wie verrickt!“ raunte ihm Kaſchelernſt zu, als er den Geſchäftsfreund am Wagen be¬ grüßte. „Recht ſo!“ meinte Sam. „Wir wollen ja auch nichts verſchleudern.“ — Nach einiger Zeit begab man ſich hinaus auf's Bauern¬ gut. Die Verſteigerung ſollte an Ort und Stelle vorgenom¬ men werden. Der Anblick des Feldes und der Früchte, die darauf ſtanden, würde die Kaufluſt noch erhöhen, taxierte Sam. Der Händler und der Gaſtwirt gingen etwas hinter dem all¬ gemeinen Troß drein. Auf einmal gab es ein Recken der Hälſe und Zuſammen¬ ſtecken der Köpfe, Rufe des Staunens, untermiſcht mit Ge¬ lächter! „Was giebt's denn?“ fragte Harraſſowitz. Die Leute wieſen auf ein Stück friſch gepflügten Ackerlandes. Kaſchelernſt ſtieß einen Ruf des Schreckens aus, lief ein paar Schritte vorwärts, blieb dann ſtehen, mit rotem Kopfe und weit geöffnetem Munde, ähnlich wie am Tage zuvor ſein Schwager, Traugott Büttner. Von dem pfiffigen Lächeln, das er ſonſt zur Schau zu tragen pflegte, war in dieſem Augenblicke keine Spur zu entdecken. Die Leute kicherten und nickten einander ſchadenfroh zu. Das war Kaſchelernſten einmal geſund! Wo geſtern Abend noch eine dunkelgrüne Kornſaat ge¬ prangt hatte, lag jetzt braune Stürze. Das hatte der alte Büttner in einer Nacht mit dem Pfluge umgeackert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/316
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/316>, abgerufen am 23.07.2024.