Sehr schnell hatte es Häschke hingegen verstanden, sich drüben im Vorwerk beim Gesinde gute Freunde zu machen. Von dort brachte er allerhand interessante Nachrichten mit: Herr Hallstädt, der Besitzer von Welzleben, sei mehrfacher Millionär. Sein Vermögen habe er durch Rübenwirtschaft und Zuckerfabrikation gemacht. Er selbst sei ein Geizhalz, aber seine Söhne, die Offiziere waren, sorgten dafür, daß das Geld ihres Alten unter die Leute komme. --
Auch über den Herrn Inspektor wußte Häschkekarl aller¬ hand zu berichten. Den Knechten gegenüber sei der ein Wüterich, gegen die Mägde hingegen oftmals nur allzu freund¬ lich. Im vorigen Jahre sei der Mann aber mal an den Richtigen gekommen. Ein Knecht, der nicht mit sich hatte spaßen lassen, habe hinter dem Pferdestalle eine Unterredung unter vier Augen mit dem Inspektor gehabt. Danach hätte der junge Herr acht Tage lang das Zimmer gehütet, während der Knecht auf Nimmerwiedersehen vom Hofe verschwunden sei. Die Großmagd aber, die den Inspektor gepflegt, habe ganz eigenartige Dinge über den Körperzustand des Kranken zu berichten gehabt.
Die Wanderarbeiter kamen übrigens nur wenig mit dem Beamten in Berührung, mit Ausnahme von Gustav, der sich täglich bei ihm den Dienst zu holen hatte. Die Arbeiten wurden meist in Akkord gegeben. Der Stücklohn spornte selbst die Trägeren an, soviel wie möglich zu leisten. Besonders die Mädchen waren groß in ihrer Emsigkeit. Selbst das Schwestern¬ paar Helfner wußten die Mitarbeiterinnen, welche aus der Trägheit einzelner Mitglieder keine Einbuße erleiden woll¬ ten, zur Thätigkeit anzuhalten. Von den Männern drückte sich nur der Pole Rogalla soviel wie möglich um die Arbeit herum.
Eines Tages kam ein offener Wagen von Welzleben her auf das Vorwerk zu gefahren. Das sei Herr Hallstädt, hieß es. Gustav gab gerade mit seinen Leuten auf einem großen Rübenschlage den jungen Planzen die erste Hacke. Herr Hall¬ städt ließ auf dem Wege halten, und betrachtete sich das Arbeiten
Sehr ſchnell hatte es Häſchke hingegen verſtanden, ſich drüben im Vorwerk beim Geſinde gute Freunde zu machen. Von dort brachte er allerhand intereſſante Nachrichten mit: Herr Hallſtädt, der Beſitzer von Welzleben, ſei mehrfacher Millionär. Sein Vermögen habe er durch Rübenwirtſchaft und Zuckerfabrikation gemacht. Er ſelbſt ſei ein Geizhalz, aber ſeine Söhne, die Offiziere waren, ſorgten dafür, daß das Geld ihres Alten unter die Leute komme. —
Auch über den Herrn Inſpektor wußte Häſchkekarl aller¬ hand zu berichten. Den Knechten gegenüber ſei der ein Wüterich, gegen die Mägde hingegen oftmals nur allzu freund¬ lich. Im vorigen Jahre ſei der Mann aber mal an den Richtigen gekommen. Ein Knecht, der nicht mit ſich hatte ſpaßen laſſen, habe hinter dem Pferdeſtalle eine Unterredung unter vier Augen mit dem Inſpektor gehabt. Danach hätte der junge Herr acht Tage lang das Zimmer gehütet, während der Knecht auf Nimmerwiederſehen vom Hofe verſchwunden ſei. Die Großmagd aber, die den Inſpektor gepflegt, habe ganz eigenartige Dinge über den Körperzuſtand des Kranken zu berichten gehabt.
Die Wanderarbeiter kamen übrigens nur wenig mit dem Beamten in Berührung, mit Ausnahme von Guſtav, der ſich täglich bei ihm den Dienſt zu holen hatte. Die Arbeiten wurden meiſt in Akkord gegeben. Der Stücklohn ſpornte ſelbſt die Trägeren an, ſoviel wie möglich zu leiſten. Beſonders die Mädchen waren groß in ihrer Emſigkeit. Selbſt das Schweſtern¬ paar Helfner wußten die Mitarbeiterinnen, welche aus der Trägheit einzelner Mitglieder keine Einbuße erleiden woll¬ ten, zur Thätigkeit anzuhalten. Von den Männern drückte ſich nur der Pole Rogalla ſoviel wie möglich um die Arbeit herum.
Eines Tages kam ein offener Wagen von Welzleben her auf das Vorwerk zu gefahren. Das ſei Herr Hallſtädt, hieß es. Guſtav gab gerade mit ſeinen Leuten auf einem großen Rübenſchlage den jungen Planzen die erſte Hacke. Herr Hall¬ ſtädt ließ auf dem Wege halten, und betrachtete ſich das Arbeiten
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Sehr ſchnell hatte es Häſchke hingegen verſtanden, ſich
drüben im Vorwerk beim Geſinde gute Freunde zu machen.
Von dort brachte er allerhand intereſſante Nachrichten mit:
Herr Hallſtädt, der Beſitzer von Welzleben, ſei mehrfacher
Millionär. Sein Vermögen habe er durch Rübenwirtſchaft und
Zuckerfabrikation gemacht. Er ſelbſt ſei ein Geizhalz, aber
ſeine Söhne, die Offiziere waren, ſorgten dafür, daß das Geld
ihres Alten unter die Leute komme. —
Auch über den Herrn Inſpektor wußte Häſchkekarl aller¬
hand zu berichten. Den Knechten gegenüber ſei der ein
Wüterich, gegen die Mägde hingegen oftmals nur allzu freund¬
lich. Im vorigen Jahre ſei der Mann aber mal an den
Richtigen gekommen. Ein Knecht, der nicht mit ſich hatte
ſpaßen laſſen, habe hinter dem Pferdeſtalle eine Unterredung
unter vier Augen mit dem Inſpektor gehabt. Danach hätte
der junge Herr acht Tage lang das Zimmer gehütet, während
der Knecht auf Nimmerwiederſehen vom Hofe verſchwunden
ſei. Die Großmagd aber, die den Inſpektor gepflegt, habe
ganz eigenartige Dinge über den Körperzuſtand des Kranken
zu berichten gehabt.
Die Wanderarbeiter kamen übrigens nur wenig mit dem
Beamten in Berührung, mit Ausnahme von Guſtav, der ſich
täglich bei ihm den Dienſt zu holen hatte. Die Arbeiten wurden
meiſt in Akkord gegeben. Der Stücklohn ſpornte ſelbſt die
Trägeren an, ſoviel wie möglich zu leiſten. Beſonders die
Mädchen waren groß in ihrer Emſigkeit. Selbſt das Schweſtern¬
paar Helfner wußten die Mitarbeiterinnen, welche aus der
Trägheit einzelner Mitglieder keine Einbuße erleiden woll¬
ten, zur Thätigkeit anzuhalten. Von den Männern drückte
ſich nur der Pole Rogalla ſoviel wie möglich um die Arbeit
herum.
Eines Tages kam ein offener Wagen von Welzleben her
auf das Vorwerk zu gefahren. Das ſei Herr Hallſtädt, hieß
es. Guſtav gab gerade mit ſeinen Leuten auf einem großen
Rübenſchlage den jungen Planzen die erſte Hacke. Herr Hall¬
ſtädt ließ auf dem Wege halten, und betrachtete ſich das Arbeiten
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/302>, abgerufen am 25.11.2024.
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