Traf den Büttnerbauern die Schuld, daß alles so ge¬ kommen, wie es gekommen war?
Traugott Büttner hatte sicher viele Versehen begangen, mancherlei verdorben durch Eigensinn und beschränkten Trotz. Viel Schaden hätte abgewendet werden können, wenn ihm Beweg¬ lichkeit des Geistes, höhere Bildung und besseres Verstehen der Zeit und ihrer Bedürfnisse eigen gewesen wäre. Aber, größere Fehler, als die seinem Stande eigentümlichen, durften ihm mit Recht nicht vorgeworfen werden.
Er war Zeit seines Lebens ein nüchterner, ordentlicher Mensch gewesen, ein thätiger Wirt und sorgsamer Haushalter. Sein Benehmen war bäuerlich derb, oft bis zur Rauhheit derb, aber seine Sitten waren rein geblieben. Was hatte er sich vorzuwerfen! War er etwa ein Trinker gewesen? -- Hatte er Haus und Hof verspielt, wie so mancher Bauer es that? Hatte er durch liederliche Wirtschaft, oder durch Zank und Streit mit den Nachbarn, durch Prozesse, das Seine ver¬ geudet? -- Dem Staate, der Gemeinde, der Kirche hatte er ge¬ leistet, was er ihnen schuldig war. Seine Knochen hatte er in zwei Kriegen für das Vaterland zu Markte getragen. Sonn¬ täglich war er zur Predigt gegangen und viermal im Jahre hatte er den Tisch des Herrn aufgesucht. Die schlechten Jahre waren von ihm hingenommen worden, und für die guten hatte er Gott gedankt. Mit seiner Ehefrau hatte er sich vertragen; nie war es zu mehr als zu Scheltworten gekommen zwischen ihnen, was bei Bauersleuten etwas heißen will. Die Kinder hatten sie schlicht und recht aufgezogen, nach dem Worte: "Wer sein Kind lieb hat, der züchtigt es."
Überhaupt, das war die Summe dieses Lebens: der Bauer hatte das Seine gethan, so gut oder so schlecht er es vermochte, in den Grenzen seines Standes, gemäß der Weltanschauung, mit der er geboren und in der er aufge¬ wachsen war.
Und nun war es wie ein Strafgericht, wie eine Vergel¬ tung furchtbaren Unrechts über ihn und die Seinen gekommen, ohne daß er doch gewußt hätte, von wannen und wodurch.
Traf den Büttnerbauern die Schuld, daß alles ſo ge¬ kommen, wie es gekommen war?
Traugott Büttner hatte ſicher viele Verſehen begangen, mancherlei verdorben durch Eigenſinn und beſchränkten Trotz. Viel Schaden hätte abgewendet werden können, wenn ihm Beweg¬ lichkeit des Geiſtes, höhere Bildung und beſſeres Verſtehen der Zeit und ihrer Bedürfniſſe eigen geweſen wäre. Aber, größere Fehler, als die ſeinem Stande eigentümlichen, durften ihm mit Recht nicht vorgeworfen werden.
Er war Zeit ſeines Lebens ein nüchterner, ordentlicher Menſch geweſen, ein thätiger Wirt und ſorgſamer Haushalter. Sein Benehmen war bäuerlich derb, oft bis zur Rauhheit derb, aber ſeine Sitten waren rein geblieben. Was hatte er ſich vorzuwerfen! War er etwa ein Trinker geweſen? — Hatte er Haus und Hof verſpielt, wie ſo mancher Bauer es that? Hatte er durch liederliche Wirtſchaft, oder durch Zank und Streit mit den Nachbarn, durch Prozeſſe, das Seine ver¬ geudet? — Dem Staate, der Gemeinde, der Kirche hatte er ge¬ leiſtet, was er ihnen ſchuldig war. Seine Knochen hatte er in zwei Kriegen für das Vaterland zu Markte getragen. Sonn¬ täglich war er zur Predigt gegangen und viermal im Jahre hatte er den Tiſch des Herrn aufgeſucht. Die ſchlechten Jahre waren von ihm hingenommen worden, und für die guten hatte er Gott gedankt. Mit ſeiner Ehefrau hatte er ſich vertragen; nie war es zu mehr als zu Scheltworten gekommen zwiſchen ihnen, was bei Bauersleuten etwas heißen will. Die Kinder hatten ſie ſchlicht und recht aufgezogen, nach dem Worte: „Wer ſein Kind lieb hat, der züchtigt es.“
Überhaupt, das war die Summe dieſes Lebens: der Bauer hatte das Seine gethan, ſo gut oder ſo ſchlecht er es vermochte, in den Grenzen ſeines Standes, gemäß der Weltanſchauung, mit der er geboren und in der er aufge¬ wachſen war.
Und nun war es wie ein Strafgericht, wie eine Vergel¬ tung furchtbaren Unrechts über ihn und die Seinen gekommen, ohne daß er doch gewußt hätte, von wannen und wodurch.
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Traf den Büttnerbauern die Schuld, daß alles ſo ge¬
kommen, wie es gekommen war?
Traugott Büttner hatte ſicher viele Verſehen begangen,
mancherlei verdorben durch Eigenſinn und beſchränkten Trotz.
Viel Schaden hätte abgewendet werden können, wenn ihm Beweg¬
lichkeit des Geiſtes, höhere Bildung und beſſeres Verſtehen der
Zeit und ihrer Bedürfniſſe eigen geweſen wäre. Aber, größere
Fehler, als die ſeinem Stande eigentümlichen, durften ihm mit
Recht nicht vorgeworfen werden.
Er war Zeit ſeines Lebens ein nüchterner, ordentlicher
Menſch geweſen, ein thätiger Wirt und ſorgſamer Haushalter.
Sein Benehmen war bäuerlich derb, oft bis zur Rauhheit
derb, aber ſeine Sitten waren rein geblieben. Was hatte er
ſich vorzuwerfen! War er etwa ein Trinker geweſen? —
Hatte er Haus und Hof verſpielt, wie ſo mancher Bauer es
that? Hatte er durch liederliche Wirtſchaft, oder durch Zank
und Streit mit den Nachbarn, durch Prozeſſe, das Seine ver¬
geudet? — Dem Staate, der Gemeinde, der Kirche hatte er ge¬
leiſtet, was er ihnen ſchuldig war. Seine Knochen hatte er
in zwei Kriegen für das Vaterland zu Markte getragen. Sonn¬
täglich war er zur Predigt gegangen und viermal im Jahre
hatte er den Tiſch des Herrn aufgeſucht. Die ſchlechten Jahre
waren von ihm hingenommen worden, und für die guten hatte
er Gott gedankt. Mit ſeiner Ehefrau hatte er ſich vertragen;
nie war es zu mehr als zu Scheltworten gekommen zwiſchen
ihnen, was bei Bauersleuten etwas heißen will. Die Kinder
hatten ſie ſchlicht und recht aufgezogen, nach dem Worte:
„Wer ſein Kind lieb hat, der züchtigt es.“
Überhaupt, das war die Summe dieſes Lebens: der
Bauer hatte das Seine gethan, ſo gut oder ſo ſchlecht er
es vermochte, in den Grenzen ſeines Standes, gemäß der
Weltanſchauung, mit der er geboren und in der er aufge¬
wachſen war.
Und nun war es wie ein Strafgericht, wie eine Vergel¬
tung furchtbaren Unrechts über ihn und die Seinen gekommen,
ohne daß er doch gewußt hätte, von wannen und wodurch.
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/288>, abgerufen am 24.11.2024.
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