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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Zorne des Bruders zu haben. Sie war von zu Hause her
gegen das Wüten der Männer abgebrüht. Sie ließ ihn aus¬
toben. Dann meinte sie mit ruhiger Miene, sie wisse auch noch
im Dorfe eine Anzahl anderer Mädchen, die gern mitgehen
würden, besonders wenn sie wüßten, daß sie unter Gustavs
Aufsicht kämen. Der Bruder erwiderte ihr, es falle ihm gar
nicht ein, mit einer Herde Gänse in's Land zu ziehen; da
möchten sie sich einen anderen dazu aussuchen.

Aber, die kleine Ernestine ließ sich nicht so leicht werfen.
Ein Plan, der sich einmal in diesem Köpfchen festgesetzt hatte,
wurde auch zu Ende geführt. Der Bruder möge ihr nur den
Kontrakt geben, den er von dem Agenten bekommen habe,
das Übrige solle er ihre Sache sein lassen. Sie werde schon
für die Unterschriften sorgen.

Gustav hatte sich die Sache in der vorigen Nacht hin und
her überlegt. Pauline hörte sein Seufzen und unruhiges
Wälzen neben sich. Der Agent hatte ihn mit seinem Vor¬
schlage einen wahren Feuerbrand in die Seele geworfen. Viel¬
leicht war hier eine Gelegenheit, sein Glück zu machen! Und
auf der anderen Seite: war nicht die Verantwortung eine all¬
zugroße? Würde er sich der Aufgabe gewachsen zeigen? --
Das waren Fragen, die er allein nur entscheiden durfte; er
konnte Pauline keine Erklärung geben.

Als seine junge Schwester jetzt vor ihn trat mit ihrer un¬
befangenen Sicherheit, da kam es ihm vor, als sei das der
Anstoß, auf den er nur gewartet habe, um sich über seine
eigene Verzagtheit hinwegzusetzen. Es war vielleicht das Beste
so! Er übergab dem Mädchen den Kontrakt des Agenten.
Mochte die Sache nun gehen, wie sie gehen wollte! --

Schon am Tage darauf erschien Ernestine wieder vor
dem Bruder. Sie hatte nicht weniger als elf Mädchen ge¬
wonnen. Und wenn man ihr ein paar Tage Zeit lasse,
meinte sie, mache sie sich anheischig, noch ein halbes Dutzend
anzuwerben.

Gustav wußte anfangs nicht recht, ob er sich über diesen
Erfolg freuen solle. Jedenfalls stand jetzt fest, daß er das be¬

Zorne des Bruders zu haben. Sie war von zu Hauſe her
gegen das Wüten der Männer abgebrüht. Sie ließ ihn aus¬
toben. Dann meinte ſie mit ruhiger Miene, ſie wiſſe auch noch
im Dorfe eine Anzahl anderer Mädchen, die gern mitgehen
würden, beſonders wenn ſie wüßten, daß ſie unter Guſtavs
Aufſicht kämen. Der Bruder erwiderte ihr, es falle ihm gar
nicht ein, mit einer Herde Gänſe in's Land zu ziehen; da
möchten ſie ſich einen anderen dazu ausſuchen.

Aber, die kleine Erneſtine ließ ſich nicht ſo leicht werfen.
Ein Plan, der ſich einmal in dieſem Köpfchen feſtgeſetzt hatte,
wurde auch zu Ende geführt. Der Bruder möge ihr nur den
Kontrakt geben, den er von dem Agenten bekommen habe,
das Übrige ſolle er ihre Sache ſein laſſen. Sie werde ſchon
für die Unterſchriften ſorgen.

Guſtav hatte ſich die Sache in der vorigen Nacht hin und
her überlegt. Pauline hörte ſein Seufzen und unruhiges
Wälzen neben ſich. Der Agent hatte ihn mit ſeinem Vor¬
ſchlage einen wahren Feuerbrand in die Seele geworfen. Viel¬
leicht war hier eine Gelegenheit, ſein Glück zu machen! Und
auf der anderen Seite: war nicht die Verantwortung eine all¬
zugroße? Würde er ſich der Aufgabe gewachſen zeigen? —
Das waren Fragen, die er allein nur entſcheiden durfte; er
konnte Pauline keine Erklärung geben.

Als ſeine junge Schweſter jetzt vor ihn trat mit ihrer un¬
befangenen Sicherheit, da kam es ihm vor, als ſei das der
Anſtoß, auf den er nur gewartet habe, um ſich über ſeine
eigene Verzagtheit hinwegzuſetzen. Es war vielleicht das Beſte
ſo! Er übergab dem Mädchen den Kontrakt des Agenten.
Mochte die Sache nun gehen, wie ſie gehen wollte! —

Schon am Tage darauf erſchien Erneſtine wieder vor
dem Bruder. Sie hatte nicht weniger als elf Mädchen ge¬
wonnen. Und wenn man ihr ein paar Tage Zeit laſſe,
meinte ſie, mache ſie ſich anheiſchig, noch ein halbes Dutzend
anzuwerben.

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Erfolg freuen ſolle. Jedenfalls ſtand jetzt feſt, daß er das be¬

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[247/0261] Zorne des Bruders zu haben. Sie war von zu Hauſe her gegen das Wüten der Männer abgebrüht. Sie ließ ihn aus¬ toben. Dann meinte ſie mit ruhiger Miene, ſie wiſſe auch noch im Dorfe eine Anzahl anderer Mädchen, die gern mitgehen würden, beſonders wenn ſie wüßten, daß ſie unter Guſtavs Aufſicht kämen. Der Bruder erwiderte ihr, es falle ihm gar nicht ein, mit einer Herde Gänſe in's Land zu ziehen; da möchten ſie ſich einen anderen dazu ausſuchen. Aber, die kleine Erneſtine ließ ſich nicht ſo leicht werfen. Ein Plan, der ſich einmal in dieſem Köpfchen feſtgeſetzt hatte, wurde auch zu Ende geführt. Der Bruder möge ihr nur den Kontrakt geben, den er von dem Agenten bekommen habe, das Übrige ſolle er ihre Sache ſein laſſen. Sie werde ſchon für die Unterſchriften ſorgen. Guſtav hatte ſich die Sache in der vorigen Nacht hin und her überlegt. Pauline hörte ſein Seufzen und unruhiges Wälzen neben ſich. Der Agent hatte ihn mit ſeinem Vor¬ ſchlage einen wahren Feuerbrand in die Seele geworfen. Viel¬ leicht war hier eine Gelegenheit, ſein Glück zu machen! Und auf der anderen Seite: war nicht die Verantwortung eine all¬ zugroße? Würde er ſich der Aufgabe gewachſen zeigen? — Das waren Fragen, die er allein nur entſcheiden durfte; er konnte Pauline keine Erklärung geben. Als ſeine junge Schweſter jetzt vor ihn trat mit ihrer un¬ befangenen Sicherheit, da kam es ihm vor, als ſei das der Anſtoß, auf den er nur gewartet habe, um ſich über ſeine eigene Verzagtheit hinwegzuſetzen. Es war vielleicht das Beſte ſo! Er übergab dem Mädchen den Kontrakt des Agenten. Mochte die Sache nun gehen, wie ſie gehen wollte! — Schon am Tage darauf erſchien Erneſtine wieder vor dem Bruder. Sie hatte nicht weniger als elf Mädchen ge¬ wonnen. Und wenn man ihr ein paar Tage Zeit laſſe, meinte ſie, mache ſie ſich anheiſchig, noch ein halbes Dutzend anzuwerben. Guſtav wußte anfangs nicht recht, ob er ſich über dieſen Erfolg freuen ſolle. Jedenfalls ſtand jetzt feſt, daß er das be¬

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/261>, abgerufen am 24.11.2024.