worden war. Seiner Ansicht nach war alles ,prima' an ihm. Er hätte ebensogut ein Offizier in Civil, ein Baron, ein Graf sein können. Was solche Lakaien doch für eine Witterung haben mußten! --
Aber, Schmeiß war nicht der Mann, der sich durch pein¬ liche Empfindungen für längere Zeit niederdrücken ließ. Die Behandlung, die ihm zu Teil geworden, war sicher nicht freund¬ lich zu nennen, aber, das mußte man schließlich aufs Geschäft schlagen; er sah auf das Resultat, und da war der unzweifel¬ hafte Erfolg zu verzeichnen, daß es ihm gelungen war, in die Nähe des Grafen zu gelangen, der ihn nun doch nicht mehr abweisen lassen konnte. Den Leuten auf den Leib rücken, das war beim Geschäfte immer das Schwierigste und das Wichtigste. Nun er einmal hier war, schien ihm der Erfolg so gut wie sicher.
Er hatte sich auf das Schlafsofa gesetzt, und sah sich im Zimmer um. Dort auf dem Tische standen verschiedene Lampen von Bronce, Majolika, ein paar von Berliner Por¬ zellan, Prachtstücke aus der Königlichen Manufaktur. So ein Winter in Berlin mußte dem Grafen eine Menge Geld kosten, mit Familie, Dienerschaft, Equipage und dazu erste Etage in "den Zelten." Schmeiß machte einen Überschlag.
Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, durch Geräusche aus dem Nebenzimmer. Er hörte Tellerklappern und Stimmen¬ durcheinander. Aha, das Eßzimmer! Er konnte weibliche Stimmen unterscheiden. Man schien sich gut zu unterhalten, es wurde viel gelacht. Der Kommissionär wechselte den Platz, um besser zu hören. Mit Grafen und Komtessen hatte er noch niemals zu Tische gesessen; es interessierte ihn doch, etwas davon aufzuschnappen, wie diese Art sich eigentlich unter¬ halten mochte, wenn sie unter sich war.
Schmeiß hatte ein scharfes Gehör, trotzdem konnte er an¬ fangs kaum mehr verstehen, als einzelne Worte und Sätze, die aus dem Zusammenhange gerissen, keinen Sinn ergaben. Man schien abgespeist zu haben, er hörte wenigstens kein Tellerklappern mehr. Die Unterhaltung wurde in lebhaftester
worden war. Seiner Anſicht nach war alles ‚prima‘ an ihm. Er hätte ebenſogut ein Offizier in Civil, ein Baron, ein Graf ſein können. Was ſolche Lakaien doch für eine Witterung haben mußten! —
Aber, Schmeiß war nicht der Mann, der ſich durch pein¬ liche Empfindungen für längere Zeit niederdrücken ließ. Die Behandlung, die ihm zu Teil geworden, war ſicher nicht freund¬ lich zu nennen, aber, das mußte man ſchließlich aufs Geſchäft ſchlagen; er ſah auf das Reſultat, und da war der unzweifel¬ hafte Erfolg zu verzeichnen, daß es ihm gelungen war, in die Nähe des Grafen zu gelangen, der ihn nun doch nicht mehr abweiſen laſſen konnte. Den Leuten auf den Leib rücken, das war beim Geſchäfte immer das Schwierigſte und das Wichtigſte. Nun er einmal hier war, ſchien ihm der Erfolg ſo gut wie ſicher.
Er hatte ſich auf das Schlafſofa geſetzt, und ſah ſich im Zimmer um. Dort auf dem Tiſche ſtanden verſchiedene Lampen von Bronce, Majolika, ein paar von Berliner Por¬ zellan, Prachtſtücke aus der Königlichen Manufaktur. So ein Winter in Berlin mußte dem Grafen eine Menge Geld koſten, mit Familie, Dienerſchaft, Equipage und dazu erſte Etage in „den Zelten.“ Schmeiß machte einen Überſchlag.
Seine Aufmerkſamkeit wurde abgelenkt, durch Geräuſche aus dem Nebenzimmer. Er hörte Tellerklappern und Stimmen¬ durcheinander. Aha, das Eßzimmer! Er konnte weibliche Stimmen unterſcheiden. Man ſchien ſich gut zu unterhalten, es wurde viel gelacht. Der Kommiſſionär wechſelte den Platz, um beſſer zu hören. Mit Grafen und Komteſſen hatte er noch niemals zu Tiſche geſeſſen; es intereſſierte ihn doch, etwas davon aufzuſchnappen, wie dieſe Art ſich eigentlich unter¬ halten mochte, wenn ſie unter ſich war.
Schmeiß hatte ein ſcharfes Gehör, trotzdem konnte er an¬ fangs kaum mehr verſtehen, als einzelne Worte und Sätze, die aus dem Zuſammenhange geriſſen, keinen Sinn ergaben. Man ſchien abgeſpeiſt zu haben, er hörte wenigſtens kein Tellerklappern mehr. Die Unterhaltung wurde in lebhafteſter
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[208/0222]
worden war. Seiner Anſicht nach war alles ‚prima‘ an
ihm. Er hätte ebenſogut ein Offizier in Civil, ein Baron, ein
Graf ſein können. Was ſolche Lakaien doch für eine Witterung
haben mußten! —
Aber, Schmeiß war nicht der Mann, der ſich durch pein¬
liche Empfindungen für längere Zeit niederdrücken ließ. Die
Behandlung, die ihm zu Teil geworden, war ſicher nicht freund¬
lich zu nennen, aber, das mußte man ſchließlich aufs Geſchäft
ſchlagen; er ſah auf das Reſultat, und da war der unzweifel¬
hafte Erfolg zu verzeichnen, daß es ihm gelungen war, in die
Nähe des Grafen zu gelangen, der ihn nun doch nicht mehr
abweiſen laſſen konnte. Den Leuten auf den Leib rücken, das
war beim Geſchäfte immer das Schwierigſte und das Wichtigſte.
Nun er einmal hier war, ſchien ihm der Erfolg ſo gut wie
ſicher.
Er hatte ſich auf das Schlafſofa geſetzt, und ſah ſich
im Zimmer um. Dort auf dem Tiſche ſtanden verſchiedene
Lampen von Bronce, Majolika, ein paar von Berliner Por¬
zellan, Prachtſtücke aus der Königlichen Manufaktur. So ein
Winter in Berlin mußte dem Grafen eine Menge Geld koſten,
mit Familie, Dienerſchaft, Equipage und dazu erſte Etage in
„den Zelten.“ Schmeiß machte einen Überſchlag.
Seine Aufmerkſamkeit wurde abgelenkt, durch Geräuſche
aus dem Nebenzimmer. Er hörte Tellerklappern und Stimmen¬
durcheinander. Aha, das Eßzimmer! Er konnte weibliche
Stimmen unterſcheiden. Man ſchien ſich gut zu unterhalten,
es wurde viel gelacht. Der Kommiſſionär wechſelte den Platz,
um beſſer zu hören. Mit Grafen und Komteſſen hatte er
noch niemals zu Tiſche geſeſſen; es intereſſierte ihn doch,
etwas davon aufzuſchnappen, wie dieſe Art ſich eigentlich unter¬
halten mochte, wenn ſie unter ſich war.
Schmeiß hatte ein ſcharfes Gehör, trotzdem konnte er an¬
fangs kaum mehr verſtehen, als einzelne Worte und Sätze,
die aus dem Zuſammenhange geriſſen, keinen Sinn ergaben.
Man ſchien abgeſpeiſt zu haben, er hörte wenigſtens kein
Tellerklappern mehr. Die Unterhaltung wurde in lebhafteſter
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/222>, abgerufen am 01.02.2025.
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