fuhr er vielerlei, was anderen verborgen blieb. Heute hatte er sich etwas Besonderes bis zuletzt aufgespart. Eine Nach¬ richt, die, wie er mit verschmitztem Augenzwinkern sagte, sie beide angehe: der Saländer Graf wolle dem Büttnerbauer auf die Beine helfen.
Der Händler schnellte von seinem Sitze empor. "Das wäre doch ein starkes Stück!"
"Es is genau su, wie ich's sage!" meinte Kaschelernst. "Der Graf will mich auszahlen. Büttnertraugott soll drinne bleiben im Gute. Su is es!"
Harrassowitz stieß eine Verwünschung aus. Dann fragte er, ob Kaschel das genau wisse; es beruhe vielleicht auf einem falschen Gerüchte. Der Gastwirt erklärte dagegen, der Graf lasse mit ihm unterhandeln, wegen Übernahme seiner Hypo¬ thek. "Mir kann's ja schließlich recht sein," meinte Kaschel¬ ernst mit pfiffiger Miene. "Mir kann's schon ganz recht sein, wenn der Graf mich auszahlt; auf die Weise komme ich doch zu Gelde."
"Sie wären auch ohnedem zu Ihrem Gelde gekommen, wenn wir das Geschäft zusammen gemacht hätten!" rief der Händler wütend. "Und was Schönes zu verdienen hätte ich Ihnen außerdem gegeben, Kaschel! Das wissen Sie ganz gut! Das hier ist vollständig gegen die Verabredung. Nun kommt der Bauer wieder auf die Füße. Verfluchte Gauner, die Aristo¬ kraten. Überall müssen sie sich einmischen. Wie kommt der Graf dazu, sich um dergleichen zu bekümmern! Verdirbt ehr¬ lichen Leute die Preise!"
Harrassowitz war in diesem Augenblicke ehrlich entrüstet. Er empfand die Hülfe, die der Graf leisten wollte, als ein per¬ söhnliches Unrecht, als unerlaubtes Eingreifen eines Unbe¬ fugten in seine Domäne.
Kaschelernst lächelte stillvergnügt und rieb sich die Hände. Er freute sich an Sams Ärger. Dann trank er sein Glas aus und meinte: "Ja, da wird's am Ende diesmal doch nischt werden." Damit erhob er sich zum Gehen.
Sam blieb in ärgerlichster Stimmung zurück. Der Ge¬
fuhr er vielerlei, was anderen verborgen blieb. Heute hatte er ſich etwas Beſonderes bis zuletzt aufgeſpart. Eine Nach¬ richt, die, wie er mit verſchmitztem Augenzwinkern ſagte, ſie beide angehe: der Saländer Graf wolle dem Büttnerbauer auf die Beine helfen.
Der Händler ſchnellte von ſeinem Sitze empor. „Das wäre doch ein ſtarkes Stück!“
„Es is genau ſu, wie ich's ſage!“ meinte Kaſchelernſt. „Der Graf will mich auszahlen. Büttnertraugott ſoll drinne bleiben im Gute. Su is es!“
Harraſſowitz ſtieß eine Verwünſchung aus. Dann fragte er, ob Kaſchel das genau wiſſe; es beruhe vielleicht auf einem falſchen Gerüchte. Der Gaſtwirt erklärte dagegen, der Graf laſſe mit ihm unterhandeln, wegen Übernahme ſeiner Hypo¬ thek. „Mir kann's ja ſchließlich recht ſein,“ meinte Kaſchel¬ ernſt mit pfiffiger Miene. „Mir kann's ſchon ganz recht ſein, wenn der Graf mich auszahlt; auf die Weiſe komme ich doch zu Gelde.“
„Sie wären auch ohnedem zu Ihrem Gelde gekommen, wenn wir das Geſchäft zuſammen gemacht hätten!“ rief der Händler wütend. „Und was Schönes zu verdienen hätte ich Ihnen außerdem gegeben, Kaſchel! Das wiſſen Sie ganz gut! Das hier iſt vollſtändig gegen die Verabredung. Nun kommt der Bauer wieder auf die Füße. Verfluchte Gauner, die Ariſto¬ kraten. Überall müſſen ſie ſich einmiſchen. Wie kommt der Graf dazu, ſich um dergleichen zu bekümmern! Verdirbt ehr¬ lichen Leute die Preiſe!“
Harraſſowitz war in dieſem Augenblicke ehrlich entrüſtet. Er empfand die Hülfe, die der Graf leiſten wollte, als ein per¬ ſöhnliches Unrecht, als unerlaubtes Eingreifen eines Unbe¬ fugten in ſeine Domäne.
Kaſchelernſt lächelte ſtillvergnügt und rieb ſich die Hände. Er freute ſich an Sams Ärger. Dann trank er ſein Glas aus und meinte: „Ja, da wird's am Ende diesmal doch niſcht werden.“ Damit erhob er ſich zum Gehen.
Sam blieb in ärgerlichſter Stimmung zurück. Der Ge¬
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richt, die, wie er mit verſchmitztem Augenzwinkern ſagte, ſie
beide angehe: der Saländer Graf wolle dem Büttnerbauer auf
die Beine helfen.
Der Händler ſchnellte von ſeinem Sitze empor. „Das wäre
doch ein ſtarkes Stück!“
„Es is genau ſu, wie ich's ſage!“ meinte Kaſchelernſt.
„Der Graf will mich auszahlen. Büttnertraugott ſoll drinne
bleiben im Gute. Su is es!“
Harraſſowitz ſtieß eine Verwünſchung aus. Dann fragte
er, ob Kaſchel das genau wiſſe; es beruhe vielleicht auf einem
falſchen Gerüchte. Der Gaſtwirt erklärte dagegen, der Graf
laſſe mit ihm unterhandeln, wegen Übernahme ſeiner Hypo¬
thek. „Mir kann's ja ſchließlich recht ſein,“ meinte Kaſchel¬
ernſt mit pfiffiger Miene. „Mir kann's ſchon ganz recht ſein,
wenn der Graf mich auszahlt; auf die Weiſe komme ich doch
zu Gelde.“
„Sie wären auch ohnedem zu Ihrem Gelde gekommen,
wenn wir das Geſchäft zuſammen gemacht hätten!“ rief der
Händler wütend. „Und was Schönes zu verdienen hätte ich
Ihnen außerdem gegeben, Kaſchel! Das wiſſen Sie ganz gut!
Das hier iſt vollſtändig gegen die Verabredung. Nun kommt
der Bauer wieder auf die Füße. Verfluchte Gauner, die Ariſto¬
kraten. Überall müſſen ſie ſich einmiſchen. Wie kommt der
Graf dazu, ſich um dergleichen zu bekümmern! Verdirbt ehr¬
lichen Leute die Preiſe!“
Harraſſowitz war in dieſem Augenblicke ehrlich entrüſtet.
Er empfand die Hülfe, die der Graf leiſten wollte, als ein per¬
ſöhnliches Unrecht, als unerlaubtes Eingreifen eines Unbe¬
fugten in ſeine Domäne.
Kaſchelernſt lächelte ſtillvergnügt und rieb ſich die Hände.
Er freute ſich an Sams Ärger. Dann trank er ſein Glas
aus und meinte: „Ja, da wird's am Ende diesmal doch niſcht
werden.“ Damit erhob er ſich zum Gehen.
Sam blieb in ärgerlichſter Stimmung zurück. Der Ge¬
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/216>, abgerufen am 01.02.2025.
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