unter dem alten bäuerlichen Grundbesitze aufgeräumt wird! Und wenn erst so einer, wie Harrassowitz einen Fuß drinne hat, dann ist er bald Alleinherrscher. -- Was Sie mir da von der Ziegelei erzählt haben, Büttner, gefällt mir gar nicht."
Gustav hatte bei sich beschlossen, den Mann, der so eifrige Besorgnis für seinen Vater an den Tag legte, beim Worte zu nehmen. Er erklärte, mit einigen tausend Mark sei alles gut zu machen. Dann setzte er denselben Plan auseinander, den er neulich seinem Onkel, Karl Leberecht, vorgetragen hatte. Der Herr Hauptmann möge doch die vom Kretscham¬ wirt, Ernst Kaschel, eingeklagte Hypothek übernehmen, bat er schließlich.
"Ich, mein Lieber!" rief Hauptmann Schroff. "Ich bin ein armer Teufel, wie Sie. Nur noch schlimmer dran, weil ich bessere Tage gesehen habe, -- Na, lassen wir das! . . . Jeder hat so sein Teil zu tragen. Nein, von mir erwarten Sie, um Gotteswillen, nichts! Ich bin nur der Vertreter mei¬ ner Herrschaft; darf nichts anderes sein."
Aber, vielleicht könne sich der Hauptmann beim Herrn Grafen verwenden, meinte Gustav. Hauptmann Schroff runzelte die Stirn und strich sich mißmutig den Bart. "Der Graf! Der ist in Berlin. Der nimmt auch lieber bar Geld ein, als daß er es ausleiht. Wir haben's auch nicht zum Weg¬ werfen, wie Ihr Leute Euch einbilden mögt. Die Ansprüche an so einen Herrn wachsen jährlich, und die Einnahmen ver¬ ringern sich. In jetziger Zeit eine schlechte Hypothek über¬ nehmen . . . Ich kann meinem Herrn mit gutem Gewissen nicht zureden."
Er hatte sich wieder in seinen Stuhl geworfen und sann.
"Ihr Vater hängt wohl sehr an seinem Besitze -- was?" fragte er nach einiger Zeit.
Gustav meinte, der Alte würde den Verlust schwerlich überleben.
"Ja, ja, das kann ich begreifen!" sagte der Hauptmann.
Schließlich sprang er auf von seinem Sitze. "Ich will Ihnen mal was sagen, Büttner! Ich werde die Sache machen!
unter dem alten bäuerlichen Grundbeſitze aufgeräumt wird! Und wenn erſt ſo einer, wie Harraſſowitz einen Fuß drinne hat, dann iſt er bald Alleinherrſcher. — Was Sie mir da von der Ziegelei erzählt haben, Büttner, gefällt mir gar nicht.“
Guſtav hatte bei ſich beſchloſſen, den Mann, der ſo eifrige Beſorgnis für ſeinen Vater an den Tag legte, beim Worte zu nehmen. Er erklärte, mit einigen tauſend Mark ſei alles gut zu machen. Dann ſetzte er denſelben Plan auseinander, den er neulich ſeinem Onkel, Karl Leberecht, vorgetragen hatte. Der Herr Hauptmann möge doch die vom Kretſcham¬ wirt, Ernſt Kaſchel, eingeklagte Hypothek übernehmen, bat er ſchließlich.
„Ich, mein Lieber!“ rief Hauptmann Schroff. „Ich bin ein armer Teufel, wie Sie. Nur noch ſchlimmer dran, weil ich beſſere Tage geſehen habe, — Na, laſſen wir das! . . . Jeder hat ſo ſein Teil zu tragen. Nein, von mir erwarten Sie, um Gotteswillen, nichts! Ich bin nur der Vertreter mei¬ ner Herrſchaft; darf nichts anderes ſein.“
Aber, vielleicht könne ſich der Hauptmann beim Herrn Grafen verwenden, meinte Guſtav. Hauptmann Schroff runzelte die Stirn und ſtrich ſich mißmutig den Bart. „Der Graf! Der iſt in Berlin. Der nimmt auch lieber bar Geld ein, als daß er es ausleiht. Wir haben's auch nicht zum Weg¬ werfen, wie Ihr Leute Euch einbilden mögt. Die Anſprüche an ſo einen Herrn wachſen jährlich, und die Einnahmen ver¬ ringern ſich. In jetziger Zeit eine ſchlechte Hypothek über¬ nehmen . . . Ich kann meinem Herrn mit gutem Gewiſſen nicht zureden.“
Er hatte ſich wieder in ſeinen Stuhl geworfen und ſann.
„Ihr Vater hängt wohl ſehr an ſeinem Beſitze — was?“ fragte er nach einiger Zeit.
Guſtav meinte, der Alte würde den Verluſt ſchwerlich überleben.
„Ja, ja, das kann ich begreifen!“ ſagte der Hauptmann.
Schließlich ſprang er auf von ſeinem Sitze. „Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner! Ich werde die Sache machen!
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unter dem alten bäuerlichen Grundbeſitze aufgeräumt wird!
Und wenn erſt ſo einer, wie Harraſſowitz einen Fuß drinne
hat, dann iſt er bald Alleinherrſcher. — Was Sie mir da
von der Ziegelei erzählt haben, Büttner, gefällt mir gar nicht.“
Guſtav hatte bei ſich beſchloſſen, den Mann, der ſo eifrige
Beſorgnis für ſeinen Vater an den Tag legte, beim Worte
zu nehmen. Er erklärte, mit einigen tauſend Mark ſei alles
gut zu machen. Dann ſetzte er denſelben Plan auseinander,
den er neulich ſeinem Onkel, Karl Leberecht, vorgetragen
hatte. Der Herr Hauptmann möge doch die vom Kretſcham¬
wirt, Ernſt Kaſchel, eingeklagte Hypothek übernehmen, bat er
ſchließlich.
„Ich, mein Lieber!“ rief Hauptmann Schroff. „Ich bin
ein armer Teufel, wie Sie. Nur noch ſchlimmer dran, weil
ich beſſere Tage geſehen habe, — Na, laſſen wir das! . . .
Jeder hat ſo ſein Teil zu tragen. Nein, von mir erwarten
Sie, um Gotteswillen, nichts! Ich bin nur der Vertreter mei¬
ner Herrſchaft; darf nichts anderes ſein.“
Aber, vielleicht könne ſich der Hauptmann beim Herrn
Grafen verwenden, meinte Guſtav. Hauptmann Schroff runzelte
die Stirn und ſtrich ſich mißmutig den Bart. „Der Graf!
Der iſt in Berlin. Der nimmt auch lieber bar Geld ein,
als daß er es ausleiht. Wir haben's auch nicht zum Weg¬
werfen, wie Ihr Leute Euch einbilden mögt. Die Anſprüche
an ſo einen Herrn wachſen jährlich, und die Einnahmen ver¬
ringern ſich. In jetziger Zeit eine ſchlechte Hypothek über¬
nehmen . . . Ich kann meinem Herrn mit gutem Gewiſſen
nicht zureden.“
Er hatte ſich wieder in ſeinen Stuhl geworfen und ſann.
„Ihr Vater hängt wohl ſehr an ſeinem Beſitze — was?“
fragte er nach einiger Zeit.
Guſtav meinte, der Alte würde den Verluſt ſchwerlich
überleben.
„Ja, ja, das kann ich begreifen!“ ſagte der Hauptmann.
Schließlich ſprang er auf von ſeinem Sitze. „Ich will
Ihnen mal was ſagen, Büttner! Ich werde die Sache machen!
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/204>, abgerufen am 22.07.2024.
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