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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Gustav meinte: mit seinem Vater stehe es schlecht, und
wenn ihm niemand zu Hilfe käme, würde er sich wohl nicht
halten können.

"Genau, was ich Ihrem Vater vor einem halben Jahre
gesagt habe! Aber, wer nicht hören wollte, war er," rief der
Hauptmann.

Die Unterhaltung hatte bis dahin auf dem Wirtschaftshofe
des Rittergutes stattgefunden. Der Hauptmann hatte zwischen¬
durch einige jüngere Gutsbeamte abgefertigt. Jetzt meinte er,
Gustav möge ihn in seine Wohnung begleiten, es liege ihm
daran, Näheres über die Angelegenheit zu erfahren.

Man ging auf einem gepflasterten Gange am Stalle ent¬
lang. Der Hof bestand aus einem länglichen Viereck. Auf
der einen Langseite standen die Stallungen für Kühe und Zug¬
vieh, gegenüber waren Schweine und Schafe untergebracht.
Quer vor stand die mächtige Scheune mit vielen Tennen. In
der Mitte des Hofes lag die Düngerstätte, von einem Ziegel¬
wall umgeben, eine Schwemme für das Vieh daneben. Ein
eingezäunter Raum war zum Fohlengarten bestimmt. Das ge¬
räumige Viereck wurde abgeschlossen durch ein stattliches Haus
mit Valmdach, die Meierei, in welcher sich das gräfliche Rent¬
amt befand. Hier wohnte auch der Güterdirektor. Die neuen
Arbeiterwohnungen bildeten eine Kolonie für sich, umgeben von
Deputatland, das durch den Fleiß der angesetzten Leute bereits
in freundliche Gärten umgewandelt worden war. Vom Schlosse
sah man von hier aus so gut wie gar nichts. Das lag hinter
den dichten Kronen seines Parkes verborgen, als wolle es von
dieser Stätte der Arbeit nichts sehen.

Hauptmann Schroff bewohnte im ersten Stockwerk des
Meiereigebäudes zwei Zimmer. Die Einrichtung war einfach:
lederbezogene Möbel, einige Rohrstühle, ein Bücherbrett, ein
Sekretär. Alles was zum Rauchen gehört, war reichlich ver¬
treten. Die Luft schon verriet, daß hier ein leidenschaftlicher
Raucher sein Quartier aufgeschlagen habe. An den Wänden
waren militärische Enbleme zwischen Jagdtrophäen zu erblicken.
Über dem Schreibtisch hing das einzige Bild, welches das

Guſtav meinte: mit ſeinem Vater ſtehe es ſchlecht, und
wenn ihm niemand zu Hilfe käme, würde er ſich wohl nicht
halten können.

„Genau, was ich Ihrem Vater vor einem halben Jahre
geſagt habe! Aber, wer nicht hören wollte, war er,“ rief der
Hauptmann.

Die Unterhaltung hatte bis dahin auf dem Wirtſchaftshofe
des Rittergutes ſtattgefunden. Der Hauptmann hatte zwiſchen¬
durch einige jüngere Gutsbeamte abgefertigt. Jetzt meinte er,
Guſtav möge ihn in ſeine Wohnung begleiten, es liege ihm
daran, Näheres über die Angelegenheit zu erfahren.

Man ging auf einem gepflaſterten Gange am Stalle ent¬
lang. Der Hof beſtand aus einem länglichen Viereck. Auf
der einen Langſeite ſtanden die Stallungen für Kühe und Zug¬
vieh, gegenüber waren Schweine und Schafe untergebracht.
Quer vor ſtand die mächtige Scheune mit vielen Tennen. In
der Mitte des Hofes lag die Düngerſtätte, von einem Ziegel¬
wall umgeben, eine Schwemme für das Vieh daneben. Ein
eingezäunter Raum war zum Fohlengarten beſtimmt. Das ge¬
räumige Viereck wurde abgeſchloſſen durch ein ſtattliches Haus
mit Valmdach, die Meierei, in welcher ſich das gräfliche Rent¬
amt befand. Hier wohnte auch der Güterdirektor. Die neuen
Arbeiterwohnungen bildeten eine Kolonie für ſich, umgeben von
Deputatland, das durch den Fleiß der angeſetzten Leute bereits
in freundliche Gärten umgewandelt worden war. Vom Schloſſe
ſah man von hier aus ſo gut wie gar nichts. Das lag hinter
den dichten Kronen ſeines Parkes verborgen, als wolle es von
dieſer Stätte der Arbeit nichts ſehen.

Hauptmann Schroff bewohnte im erſten Stockwerk des
Meiereigebäudes zwei Zimmer. Die Einrichtung war einfach:
lederbezogene Möbel, einige Rohrſtühle, ein Bücherbrett, ein
Sekretär. Alles was zum Rauchen gehört, war reichlich ver¬
treten. Die Luft ſchon verriet, daß hier ein leidenſchaftlicher
Raucher ſein Quartier aufgeſchlagen habe. An den Wänden
waren militäriſche Enbleme zwiſchen Jagdtrophäen zu erblicken.
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[185/0199] Guſtav meinte: mit ſeinem Vater ſtehe es ſchlecht, und wenn ihm niemand zu Hilfe käme, würde er ſich wohl nicht halten können. „Genau, was ich Ihrem Vater vor einem halben Jahre geſagt habe! Aber, wer nicht hören wollte, war er,“ rief der Hauptmann. Die Unterhaltung hatte bis dahin auf dem Wirtſchaftshofe des Rittergutes ſtattgefunden. Der Hauptmann hatte zwiſchen¬ durch einige jüngere Gutsbeamte abgefertigt. Jetzt meinte er, Guſtav möge ihn in ſeine Wohnung begleiten, es liege ihm daran, Näheres über die Angelegenheit zu erfahren. Man ging auf einem gepflaſterten Gange am Stalle ent¬ lang. Der Hof beſtand aus einem länglichen Viereck. Auf der einen Langſeite ſtanden die Stallungen für Kühe und Zug¬ vieh, gegenüber waren Schweine und Schafe untergebracht. Quer vor ſtand die mächtige Scheune mit vielen Tennen. In der Mitte des Hofes lag die Düngerſtätte, von einem Ziegel¬ wall umgeben, eine Schwemme für das Vieh daneben. Ein eingezäunter Raum war zum Fohlengarten beſtimmt. Das ge¬ räumige Viereck wurde abgeſchloſſen durch ein ſtattliches Haus mit Valmdach, die Meierei, in welcher ſich das gräfliche Rent¬ amt befand. Hier wohnte auch der Güterdirektor. Die neuen Arbeiterwohnungen bildeten eine Kolonie für ſich, umgeben von Deputatland, das durch den Fleiß der angeſetzten Leute bereits in freundliche Gärten umgewandelt worden war. Vom Schloſſe ſah man von hier aus ſo gut wie gar nichts. Das lag hinter den dichten Kronen ſeines Parkes verborgen, als wolle es von dieſer Stätte der Arbeit nichts ſehen. Hauptmann Schroff bewohnte im erſten Stockwerk des Meiereigebäudes zwei Zimmer. Die Einrichtung war einfach: lederbezogene Möbel, einige Rohrſtühle, ein Bücherbrett, ein Sekretär. Alles was zum Rauchen gehört, war reichlich ver¬ treten. Die Luft ſchon verriet, daß hier ein leidenſchaftlicher Raucher ſein Quartier aufgeſchlagen habe. An den Wänden waren militäriſche Enbleme zwiſchen Jagdtrophäen zu erblicken. Über dem Schreibtiſch hing das einzige Bild, welches das

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/199>, abgerufen am 11.12.2024.