Eines Tages wurde dem Büttnerbauer ein Schreiben vom Amtsgericht zugestellt. Es war ein Zahlungsbefehl. Das Gesuch dazu war von Ernst Kaschel gestellt, welcher Zahlung seiner siebzehnhundert Mark nebst Zinsen und Kosten verlangte, widrigenfalls er mit Zwangsvollstreckung drohte.
Die Nachricht schlug wie ein Blitzstrahl ein. Trotz seiner mangelhaften Kenntnis von der Rechtspflege, begriff der alte Mann doch sofort, was das zu bedeuten habe. Nun stand es fest, daß Kaschelernst seinen Untergang wollte; dies hier war die Waffe, mit der er ihm auf den Leib rückte. Zwangsvoll¬ streckung und in letzter Linie Zwangsversteigerung des Gutes, darauf hatte der Kretschamwirt es abgesehen.
Der Büttnerbauer hatte in seinem Leben mehr als ein Gut der Nachbarschaft unter dem Hammer weggehen sehen. Manchen Bauern hatte er gekannt, der als wohlhabender Mann angefangen, und schließlich mit dem weißen Stabe in der Hand aus dem Hofe geschritten war. Zwangsversteigerung! Der Gedanke daran konnte einem das Blut in den Adern ge¬ rinnen machen. Das war das Ende von allem! Der Bauer, dem das geschah, war gestrichen aus der Liste der Lebenden, losgerissen von seinem Gute, ausgerodet, hinausgeworfen auf die Landstraße, wie man ein Unkraut aus dem Acker rauft und über den Zaun wirft. --
Gustav war der einzige von der ganzen Familie, mit dem der Bauer von diesem neuesten Unglück sprach. Gustav sah
I.
Eines Tages wurde dem Büttnerbauer ein Schreiben vom Amtsgericht zugeſtellt. Es war ein Zahlungsbefehl. Das Geſuch dazu war von Ernſt Kaſchel geſtellt, welcher Zahlung ſeiner ſiebzehnhundert Mark nebſt Zinſen und Koſten verlangte, widrigenfalls er mit Zwangsvollſtreckung drohte.
Die Nachricht ſchlug wie ein Blitzſtrahl ein. Trotz ſeiner mangelhaften Kenntnis von der Rechtspflege, begriff der alte Mann doch ſofort, was das zu bedeuten habe. Nun ſtand es feſt, daß Kaſchelernſt ſeinen Untergang wollte; dies hier war die Waffe, mit der er ihm auf den Leib rückte. Zwangsvoll¬ ſtreckung und in letzter Linie Zwangsverſteigerung des Gutes, darauf hatte der Kretſchamwirt es abgeſehen.
Der Büttnerbauer hatte in ſeinem Leben mehr als ein Gut der Nachbarſchaft unter dem Hammer weggehen ſehen. Manchen Bauern hatte er gekannt, der als wohlhabender Mann angefangen, und ſchließlich mit dem weißen Stabe in der Hand aus dem Hofe geſchritten war. Zwangsverſteigerung! Der Gedanke daran konnte einem das Blut in den Adern ge¬ rinnen machen. Das war das Ende von allem! Der Bauer, dem das geſchah, war geſtrichen aus der Liſte der Lebenden, losgeriſſen von ſeinem Gute, ausgerodet, hinausgeworfen auf die Landſtraße, wie man ein Unkraut aus dem Acker rauft und über den Zaun wirft. —
Guſtav war der einzige von der ganzen Familie, mit dem der Bauer von dieſem neueſten Unglück ſprach. Guſtav ſah
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I.
Eines Tages wurde dem Büttnerbauer ein Schreiben vom
Amtsgericht zugeſtellt. Es war ein Zahlungsbefehl. Das
Geſuch dazu war von Ernſt Kaſchel geſtellt, welcher Zahlung
ſeiner ſiebzehnhundert Mark nebſt Zinſen und Koſten verlangte,
widrigenfalls er mit Zwangsvollſtreckung drohte.
Die Nachricht ſchlug wie ein Blitzſtrahl ein. Trotz ſeiner
mangelhaften Kenntnis von der Rechtspflege, begriff der alte
Mann doch ſofort, was das zu bedeuten habe. Nun ſtand es
feſt, daß Kaſchelernſt ſeinen Untergang wollte; dies hier war
die Waffe, mit der er ihm auf den Leib rückte. Zwangsvoll¬
ſtreckung und in letzter Linie Zwangsverſteigerung des Gutes,
darauf hatte der Kretſchamwirt es abgeſehen.
Der Büttnerbauer hatte in ſeinem Leben mehr als ein
Gut der Nachbarſchaft unter dem Hammer weggehen ſehen.
Manchen Bauern hatte er gekannt, der als wohlhabender
Mann angefangen, und ſchließlich mit dem weißen Stabe in
der Hand aus dem Hofe geſchritten war. Zwangsverſteigerung!
Der Gedanke daran konnte einem das Blut in den Adern ge¬
rinnen machen. Das war das Ende von allem! Der Bauer,
dem das geſchah, war geſtrichen aus der Liſte der Lebenden,
losgeriſſen von ſeinem Gute, ausgerodet, hinausgeworfen auf
die Landſtraße, wie man ein Unkraut aus dem Acker rauft
und über den Zaun wirft. —
Guſtav war der einzige von der ganzen Familie, mit dem
der Bauer von dieſem neueſten Unglück ſprach. Guſtav ſah
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [165]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/179>, abgerufen am 30.11.2024.
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