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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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ersetzen, wie neuerdings gelehrte Leute aus der Stadt be¬
haupteten. Mit Ingrimm betrachtete er sich diese Säcke, in
denen sein gutes Geld steckte.

Gustav dachte anders darüber, als der Vater. Er war
während seiner Dienstzeit in vorgeschrittnere Wirtschaften ge¬
kommen, als die väterliche war, und hatte die Vorzüge der
künstlichen Düngung mit eigenen Augen wahrgenommen. Er
wußte auch, zu welcher Jahreszeit und auf welche Böden
man die verschiedenen Düngerarten anzuwenden hatte. Der
Vater überließ es ihm, mit dem "Zeugs" anzufangen,
was er wollte. Über dreißig Jahre hatte er gewirtschaftet,
ohne dergleichen. Er war zu alt, um darin noch umzu¬
lernen.

Auch in anderer Beziehung machte sich Gustavs Einfluß
geltend. Die Kartoffelernte hatte inzwischen ihren Anfang ge¬
nommen. Der Büttnerbauer wollte, wie in den Jahren bisher,
das Ausmachen der "Apern" mit den Seinigen bezwingen.
Gustav redete ihm zu, er solle Tagelöhner aus dem Dorfe an¬
nehmen, wie die anderen Bauern es thaten. Aber der Alte
sträubte sich dagegen, er scheute die Ausgabe; außerdem, be¬
hauptete er, würden ihm Kartoffeln gestohlen. Die Ernte zog
sich dadurch endlos in die Länge, denn außer dem Alten, der
die Furchen anfuhr, standen nur acht Hände für das Lesen
der Früchte zur Verfügung. Dabei konnte man Toni, die
nicht mehr allzuweit von der Entbindung stand, kaum mehr als
volle Arbeitskraft rechnen. Der alte Bauer zankte und wet¬
terte, daß es nicht vorwärts rücke. Nächstens werde es frieren
und die Hälfte der Kartoffeln stecke noch im Acker. Dabei
war doch sein eigener kurzsichtiger Geiz und Starrsinn der
Hauptgrund der Verzögerung.

Da kam Gustav auf einen Gedanken; er schlug vor,
Kinder von armen Leuten, Häuslern, Einliegern, Handwerkern,
die selbst kein Land hatten, zum Kartoffellesen anzunehmen
und sie mit einem bestimmten Maß von Kartoffeln zu be¬
zahlen.

Der Gedanke leuchtete dem Alten ein. Auf diese Weise

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 10

erſetzen, wie neuerdings gelehrte Leute aus der Stadt be¬
haupteten. Mit Ingrimm betrachtete er ſich dieſe Säcke, in
denen ſein gutes Geld ſteckte.

Guſtav dachte anders darüber, als der Vater. Er war
während ſeiner Dienſtzeit in vorgeſchrittnere Wirtſchaften ge¬
kommen, als die väterliche war, und hatte die Vorzüge der
künſtlichen Düngung mit eigenen Augen wahrgenommen. Er
wußte auch, zu welcher Jahreszeit und auf welche Böden
man die verſchiedenen Düngerarten anzuwenden hatte. Der
Vater überließ es ihm, mit dem „Zeugs“ anzufangen,
was er wollte. Über dreißig Jahre hatte er gewirtſchaftet,
ohne dergleichen. Er war zu alt, um darin noch umzu¬
lernen.

Auch in anderer Beziehung machte ſich Guſtavs Einfluß
geltend. Die Kartoffelernte hatte inzwiſchen ihren Anfang ge¬
nommen. Der Büttnerbauer wollte, wie in den Jahren bisher,
das Ausmachen der „Apern“ mit den Seinigen bezwingen.
Guſtav redete ihm zu, er ſolle Tagelöhner aus dem Dorfe an¬
nehmen, wie die anderen Bauern es thaten. Aber der Alte
ſträubte ſich dagegen, er ſcheute die Ausgabe; außerdem, be¬
hauptete er, würden ihm Kartoffeln geſtohlen. Die Ernte zog
ſich dadurch endlos in die Länge, denn außer dem Alten, der
die Furchen anfuhr, ſtanden nur acht Hände für das Leſen
der Früchte zur Verfügung. Dabei konnte man Toni, die
nicht mehr allzuweit von der Entbindung ſtand, kaum mehr als
volle Arbeitskraft rechnen. Der alte Bauer zankte und wet¬
terte, daß es nicht vorwärts rücke. Nächſtens werde es frieren
und die Hälfte der Kartoffeln ſtecke noch im Acker. Dabei
war doch ſein eigener kurzſichtiger Geiz und Starrſinn der
Hauptgrund der Verzögerung.

Da kam Guſtav auf einen Gedanken; er ſchlug vor,
Kinder von armen Leuten, Häuslern, Einliegern, Handwerkern,
die ſelbſt kein Land hatten, zum Kartoffelleſen anzunehmen
und ſie mit einem beſtimmten Maß von Kartoffeln zu be¬
zahlen.

Der Gedanke leuchtete dem Alten ein. Auf dieſe Weiſe

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[145/0159] erſetzen, wie neuerdings gelehrte Leute aus der Stadt be¬ haupteten. Mit Ingrimm betrachtete er ſich dieſe Säcke, in denen ſein gutes Geld ſteckte. Guſtav dachte anders darüber, als der Vater. Er war während ſeiner Dienſtzeit in vorgeſchrittnere Wirtſchaften ge¬ kommen, als die väterliche war, und hatte die Vorzüge der künſtlichen Düngung mit eigenen Augen wahrgenommen. Er wußte auch, zu welcher Jahreszeit und auf welche Böden man die verſchiedenen Düngerarten anzuwenden hatte. Der Vater überließ es ihm, mit dem „Zeugs“ anzufangen, was er wollte. Über dreißig Jahre hatte er gewirtſchaftet, ohne dergleichen. Er war zu alt, um darin noch umzu¬ lernen. Auch in anderer Beziehung machte ſich Guſtavs Einfluß geltend. Die Kartoffelernte hatte inzwiſchen ihren Anfang ge¬ nommen. Der Büttnerbauer wollte, wie in den Jahren bisher, das Ausmachen der „Apern“ mit den Seinigen bezwingen. Guſtav redete ihm zu, er ſolle Tagelöhner aus dem Dorfe an¬ nehmen, wie die anderen Bauern es thaten. Aber der Alte ſträubte ſich dagegen, er ſcheute die Ausgabe; außerdem, be¬ hauptete er, würden ihm Kartoffeln geſtohlen. Die Ernte zog ſich dadurch endlos in die Länge, denn außer dem Alten, der die Furchen anfuhr, ſtanden nur acht Hände für das Leſen der Früchte zur Verfügung. Dabei konnte man Toni, die nicht mehr allzuweit von der Entbindung ſtand, kaum mehr als volle Arbeitskraft rechnen. Der alte Bauer zankte und wet¬ terte, daß es nicht vorwärts rücke. Nächſtens werde es frieren und die Hälfte der Kartoffeln ſtecke noch im Acker. Dabei war doch ſein eigener kurzſichtiger Geiz und Starrſinn der Hauptgrund der Verzögerung. Da kam Guſtav auf einen Gedanken; er ſchlug vor, Kinder von armen Leuten, Häuslern, Einliegern, Handwerkern, die ſelbſt kein Land hatten, zum Kartoffelleſen anzunehmen und ſie mit einem beſtimmten Maß von Kartoffeln zu be¬ zahlen. Der Gedanke leuchtete dem Alten ein. Auf dieſe Weiſe W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 10

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/159>, abgerufen am 24.11.2024.