Man würde einen schweren Kampf zu kämpfen haben; aber, für Pauline bedeutete das nichts. Ihr lag die Zukunft im rosigen Lichte. Wenn sie nur ihn hatte, den Vater ihres Jungen. Darin war für sie das Wohl und Wehe des Daseins beschlossen.
Daß sie ihn halten würde für immer, als den Ihren, ihr allein Gehörigen, bezweifelte sie keinen Augenblick. Sie war sich des Schatzes von anziehenden Reizen und erwärmen¬ der Liebenswürdigkeit, womit die Natur sie ausgestattet hatte, in naiver Weise bewußt. Ganz umstricken wollte sie den Geliebten mit ihrer großen Weibesliebe, daß er gar nie auf den Gedanken kommen könnte, sich ein besseres Los zu wünschen, oder je wieder nach einer anderen Frau zu blicken.
Der Mutter hatte sie erst ganz zuletzt und nur mit einer kurzen Bemerkung angedeutet, daß sie Gustav erwarte. Das Mädchen ließ der Mutter überhaupt nicht viel von ihren Ge¬ fühlen blicken. Frau Katschner hatte der Tochter in jener Zeit, wo Gustav nichts von sich hören ließ, und das Verhältnis so gut wie aufgehoben schien, zugeredet, von dieser Liebschaft zu lassen; ja, sie hatte es Paulinen nahegelegt, sich nach einem anderen Manne umzusehen. Das hatte Pauline der Mutter nie vergessen. Diese Zumutung hatte sie an der Stelle verletzt, wo sie am tiefsten und zartesten empfand. Jedem anderen Menschen hätte sie das vielleicht vergeben, nur nicht der Mutter; denn die hätte es verstehen müssen, daß es für sie nur eine Liebe gab, in der sie lebte, mit der sie sterben würde.
Seitdem war eine Entfremdung eingetreten zwischen Mutter und Tochter. Die beiden Frauen lebten zwar äußerlich in Frieden; es gab keine Zankerei und keinen Hader. Mit Pauline sich zu streiten, war überhaupt schwer, da sie alles innerlich abmachte und nur mit Blicken Widerspruch zu erheben pflegte. Aber die Tochter verschloß sich in ihren wichtigsten Regungen und Gefühlen der Mutter gegenüber, mit der sie doch scheinbar im vertrautesten Umgang lebte. --
Gegen Vormittag kam Frau Katschner aus dem Dorfe zurück. Sie hatte eine Leinewand zum Faktor geschafft und
Man würde einen ſchweren Kampf zu kämpfen haben; aber, für Pauline bedeutete das nichts. Ihr lag die Zukunft im roſigen Lichte. Wenn ſie nur ihn hatte, den Vater ihres Jungen. Darin war für ſie das Wohl und Wehe des Daſeins beſchloſſen.
Daß ſie ihn halten würde für immer, als den Ihren, ihr allein Gehörigen, bezweifelte ſie keinen Augenblick. Sie war ſich des Schatzes von anziehenden Reizen und erwärmen¬ der Liebenswürdigkeit, womit die Natur ſie ausgeſtattet hatte, in naiver Weiſe bewußt. Ganz umſtricken wollte ſie den Geliebten mit ihrer großen Weibesliebe, daß er gar nie auf den Gedanken kommen könnte, ſich ein beſſeres Los zu wünſchen, oder je wieder nach einer anderen Frau zu blicken.
Der Mutter hatte ſie erſt ganz zuletzt und nur mit einer kurzen Bemerkung angedeutet, daß ſie Guſtav erwarte. Das Mädchen ließ der Mutter überhaupt nicht viel von ihren Ge¬ fühlen blicken. Frau Katſchner hatte der Tochter in jener Zeit, wo Guſtav nichts von ſich hören ließ, und das Verhältnis ſo gut wie aufgehoben ſchien, zugeredet, von dieſer Liebſchaft zu laſſen; ja, ſie hatte es Paulinen nahegelegt, ſich nach einem anderen Manne umzuſehen. Das hatte Pauline der Mutter nie vergeſſen. Dieſe Zumutung hatte ſie an der Stelle verletzt, wo ſie am tiefſten und zarteſten empfand. Jedem anderen Menſchen hätte ſie das vielleicht vergeben, nur nicht der Mutter; denn die hätte es verſtehen müſſen, daß es für ſie nur eine Liebe gab, in der ſie lebte, mit der ſie ſterben würde.
Seitdem war eine Entfremdung eingetreten zwiſchen Mutter und Tochter. Die beiden Frauen lebten zwar äußerlich in Frieden; es gab keine Zankerei und keinen Hader. Mit Pauline ſich zu ſtreiten, war überhaupt ſchwer, da ſie alles innerlich abmachte und nur mit Blicken Widerſpruch zu erheben pflegte. Aber die Tochter verſchloß ſich in ihren wichtigſten Regungen und Gefühlen der Mutter gegenüber, mit der ſie doch ſcheinbar im vertrauteſten Umgang lebte. —
Gegen Vormittag kam Frau Katſchner aus dem Dorfe zurück. Sie hatte eine Leinewand zum Faktor geſchafft und
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Man würde einen ſchweren Kampf zu kämpfen haben; aber,
für Pauline bedeutete das nichts. Ihr lag die Zukunft im
roſigen Lichte. Wenn ſie nur ihn hatte, den Vater ihres Jungen.
Darin war für ſie das Wohl und Wehe des Daſeins beſchloſſen.
Daß ſie ihn halten würde für immer, als den Ihren,
ihr allein Gehörigen, bezweifelte ſie keinen Augenblick. Sie
war ſich des Schatzes von anziehenden Reizen und erwärmen¬
der Liebenswürdigkeit, womit die Natur ſie ausgeſtattet hatte,
in naiver Weiſe bewußt. Ganz umſtricken wollte ſie den Geliebten
mit ihrer großen Weibesliebe, daß er gar nie auf den Gedanken
kommen könnte, ſich ein beſſeres Los zu wünſchen, oder je wieder
nach einer anderen Frau zu blicken.
Der Mutter hatte ſie erſt ganz zuletzt und nur mit einer
kurzen Bemerkung angedeutet, daß ſie Guſtav erwarte. Das
Mädchen ließ der Mutter überhaupt nicht viel von ihren Ge¬
fühlen blicken. Frau Katſchner hatte der Tochter in jener
Zeit, wo Guſtav nichts von ſich hören ließ, und das Verhältnis
ſo gut wie aufgehoben ſchien, zugeredet, von dieſer Liebſchaft
zu laſſen; ja, ſie hatte es Paulinen nahegelegt, ſich nach einem
anderen Manne umzuſehen. Das hatte Pauline der Mutter
nie vergeſſen. Dieſe Zumutung hatte ſie an der Stelle verletzt,
wo ſie am tiefſten und zarteſten empfand. Jedem anderen
Menſchen hätte ſie das vielleicht vergeben, nur nicht der
Mutter; denn die hätte es verſtehen müſſen, daß es für ſie
nur eine Liebe gab, in der ſie lebte, mit der ſie ſterben
würde.
Seitdem war eine Entfremdung eingetreten zwiſchen Mutter
und Tochter. Die beiden Frauen lebten zwar äußerlich in
Frieden; es gab keine Zankerei und keinen Hader. Mit
Pauline ſich zu ſtreiten, war überhaupt ſchwer, da ſie
alles innerlich abmachte und nur mit Blicken Widerſpruch zu
erheben pflegte. Aber die Tochter verſchloß ſich in ihren
wichtigſten Regungen und Gefühlen der Mutter gegenüber,
mit der ſie doch ſcheinbar im vertrauteſten Umgang lebte. —
Gegen Vormittag kam Frau Katſchner aus dem Dorfe
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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