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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Büttnerbauer ließ sich nicht so leicht abweisen diesmal. Es sei
etwas sehr Wichtiges, "ane gruße Sache", wie er sich ausdrückte,
wegen der er mit Herrn Harrassowitz zu sprechen habe. Der
Comptoirist, mit dem er bis dahin verhandelt hatte, rief einen
andern herbei, den er "Herr Schmeiß" benannte.

Der junge Schmeiß schien bereits eingeweiht in die An¬
gelegenheit, denn er fragte den Bauern, sowie er dessen Namen
gehört, ob er etwa wegen Stundung seines Accepts komme.
Der alte Mann bejahte, etwas verwundert über die hochfahrende
Art dieses Jünglings. Man solle doch ein paar Monate
Geduld haben, bat er, bis er seinen Hafer rein habe und sein
Korn vorteilhaft verkauft haben werde.

"Harrassowitz wird sich schwer hüten," meinte Schmeiß
darauf. "Nichtwahr! damit sie inzwischen Zeit gewinnen, die
einzigen pfändbaren Objekte zu Geld zu machen, daß er
dann das Nachsehen hat. Wir kennen das! Stundung giebt's
nicht. Wenn Sie nicht rechtzeitig zahlen, müssen Sie die
Konsequenzen auf sich nehmen, mein Lieber!" --

Mit diesem Bescheide ließ er den verdutzten Alten stehen.

Der Büttnerbauer blieb den ganzen Rest des Tages in
der Stadt. Er hoffte Harrassowitz noch persönlich zu treffen.
Er konnte nicht glauben, daß diese Antwort von dem Händler
ausgehe, auf dessen gutes Herz er baute. Aber Sam blieb
heute unsichtbar für ihn.

Dann kam er auf den Gedanken, zu dem Bankier zu
gehen, der ihm neulich das Geld für die Hypothek gegeben
hatte. Aber auch Herr Isidor Schönberger ließ bedauern,
ihn nicht annehmen zu können.

Unverrichteter Sache, schwerer denn je mit Sorgen belastet,
fuhr der Büttnerbauer am Abend nach Halbenau zurück.


Büttnerbauer ließ ſich nicht ſo leicht abweiſen diesmal. Es ſei
etwas ſehr Wichtiges, „ane gruße Sache“, wie er ſich ausdrückte,
wegen der er mit Herrn Harraſſowitz zu ſprechen habe. Der
Comptoiriſt, mit dem er bis dahin verhandelt hatte, rief einen
andern herbei, den er „Herr Schmeiß“ benannte.

Der junge Schmeiß ſchien bereits eingeweiht in die An¬
gelegenheit, denn er fragte den Bauern, ſowie er deſſen Namen
gehört, ob er etwa wegen Stundung ſeines Accepts komme.
Der alte Mann bejahte, etwas verwundert über die hochfahrende
Art dieſes Jünglings. Man ſolle doch ein paar Monate
Geduld haben, bat er, bis er ſeinen Hafer rein habe und ſein
Korn vorteilhaft verkauft haben werde.

„Harraſſowitz wird ſich ſchwer hüten,“ meinte Schmeiß
darauf. „Nichtwahr! damit ſie inzwiſchen Zeit gewinnen, die
einzigen pfändbaren Objekte zu Geld zu machen, daß er
dann das Nachſehen hat. Wir kennen das! Stundung giebt's
nicht. Wenn Sie nicht rechtzeitig zahlen, müſſen Sie die
Konſequenzen auf ſich nehmen, mein Lieber!“ —

Mit dieſem Beſcheide ließ er den verdutzten Alten ſtehen.

Der Büttnerbauer blieb den ganzen Reſt des Tages in
der Stadt. Er hoffte Harraſſowitz noch perſönlich zu treffen.
Er konnte nicht glauben, daß dieſe Antwort von dem Händler
ausgehe, auf deſſen gutes Herz er baute. Aber Sam blieb
heute unſichtbar für ihn.

Dann kam er auf den Gedanken, zu dem Bankier zu
gehen, der ihm neulich das Geld für die Hypothek gegeben
hatte. Aber auch Herr Iſidor Schönberger ließ bedauern,
ihn nicht annehmen zu können.

Unverrichteter Sache, ſchwerer denn je mit Sorgen belaſtet,
fuhr der Büttnerbauer am Abend nach Halbenau zurück.


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[125/0139] Büttnerbauer ließ ſich nicht ſo leicht abweiſen diesmal. Es ſei etwas ſehr Wichtiges, „ane gruße Sache“, wie er ſich ausdrückte, wegen der er mit Herrn Harraſſowitz zu ſprechen habe. Der Comptoiriſt, mit dem er bis dahin verhandelt hatte, rief einen andern herbei, den er „Herr Schmeiß“ benannte. Der junge Schmeiß ſchien bereits eingeweiht in die An¬ gelegenheit, denn er fragte den Bauern, ſowie er deſſen Namen gehört, ob er etwa wegen Stundung ſeines Accepts komme. Der alte Mann bejahte, etwas verwundert über die hochfahrende Art dieſes Jünglings. Man ſolle doch ein paar Monate Geduld haben, bat er, bis er ſeinen Hafer rein habe und ſein Korn vorteilhaft verkauft haben werde. „Harraſſowitz wird ſich ſchwer hüten,“ meinte Schmeiß darauf. „Nichtwahr! damit ſie inzwiſchen Zeit gewinnen, die einzigen pfändbaren Objekte zu Geld zu machen, daß er dann das Nachſehen hat. Wir kennen das! Stundung giebt's nicht. Wenn Sie nicht rechtzeitig zahlen, müſſen Sie die Konſequenzen auf ſich nehmen, mein Lieber!“ — Mit dieſem Beſcheide ließ er den verdutzten Alten ſtehen. Der Büttnerbauer blieb den ganzen Reſt des Tages in der Stadt. Er hoffte Harraſſowitz noch perſönlich zu treffen. Er konnte nicht glauben, daß dieſe Antwort von dem Händler ausgehe, auf deſſen gutes Herz er baute. Aber Sam blieb heute unſichtbar für ihn. Dann kam er auf den Gedanken, zu dem Bankier zu gehen, der ihm neulich das Geld für die Hypothek gegeben hatte. Aber auch Herr Iſidor Schönberger ließ bedauern, ihn nicht annehmen zu können. Unverrichteter Sache, ſchwerer denn je mit Sorgen belaſtet, fuhr der Büttnerbauer am Abend nach Halbenau zurück.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/139>, abgerufen am 23.11.2024.