durfte man ihm nicht kommen. Wutentbrannt wies er jede Widerrede zurück. Eine ganze wichtige Woche im September wurde so auf das Wegräumen von Schutt und Sprengen von Steinen verschwendet. Und erreicht war damit nichts weiter, als daß ein Stück Land mehr da war, das unbrauchbar blieb für die Bestellung.
Mit aller Welt geriet der Büttnerbauer neuerdings in Zwist. Ein einziges Wort konnte ihn derartig aufbringen, daß er alle Besinnung verlor und den Streit vom Zaune brach. Eines Tages ritt Hauptmann Schroff über das Büttnersche Gut. Er traf den Bauern bei der Feldarbeit, hielt sein Pferd an, und redete den Alten in freundschaftlicher Weise an. Der Alte that, als habe er den Mann noch nie in seinem Leben gesehen, geschweige denn in vertraulicher Weise mit ihm verkehrt. Als der Hauptmann sich nach der Lage des Bauern erkundigte, ihn dabei an das Gespräch erinnernd, das sie im Frühjahr ge¬ habt, da brach gänzlich unerwartet und unvermittelt aus dem Munde des Alten ein Schimpfen und Wettern los, Verwün¬ schungen und Beschuldigungen gegen die Herrschaft, die ihm den Garaus machen wolle, so beleidigend und verletzend, daß der gräfliche Güterdirektor seinem Renner die Sporen gab, machend daß er von dem alten Isegrimm wegkam.
Mit Gemeinde und Behörde war der Büttnerbauer neuer¬ dings ebenfalls zusammengeraten, und auch nicht zu seinem Vorteil. Der Dorfweg führte ein Stück entlang der Büttner¬ schen Grenze. Der Bauer hatte nahe am Wege eine Kiesgrube angelegt, aus der er seinen Bedarf an Sand zu Bauten und Wegebesserungen entnahm. Im Laufe der Zeit hatte sich durch Sandholen und Nachstürzen vom Rande das Loch ver¬ größert. Es drohte Gefahr, daß Fußgänger und Geschirre, namentlich bei Dunkelheit oder Schneeverwehung, in die Grube stürzen und Schaden nehmen möchten. Die Gemeinde hatte daher das sehr begreifliche Verlangen an den Besitzer der Kiesgrube gestellt, er möge zwischen Weg und Grube ein Ge¬ länder errichten. Der Büttnerbauer kehrte sich überhaupt nicht an dieses Ansinnen, das er als einen Eingriff in sein gutes
durfte man ihm nicht kommen. Wutentbrannt wies er jede Widerrede zurück. Eine ganze wichtige Woche im September wurde ſo auf das Wegräumen von Schutt und Sprengen von Steinen verſchwendet. Und erreicht war damit nichts weiter, als daß ein Stück Land mehr da war, das unbrauchbar blieb für die Beſtellung.
Mit aller Welt geriet der Büttnerbauer neuerdings in Zwiſt. Ein einziges Wort konnte ihn derartig aufbringen, daß er alle Beſinnung verlor und den Streit vom Zaune brach. Eines Tages ritt Hauptmann Schroff über das Büttnerſche Gut. Er traf den Bauern bei der Feldarbeit, hielt ſein Pferd an, und redete den Alten in freundſchaftlicher Weiſe an. Der Alte that, als habe er den Mann noch nie in ſeinem Leben geſehen, geſchweige denn in vertraulicher Weiſe mit ihm verkehrt. Als der Hauptmann ſich nach der Lage des Bauern erkundigte, ihn dabei an das Geſpräch erinnernd, das ſie im Frühjahr ge¬ habt, da brach gänzlich unerwartet und unvermittelt aus dem Munde des Alten ein Schimpfen und Wettern los, Verwün¬ ſchungen und Beſchuldigungen gegen die Herrſchaft, die ihm den Garaus machen wolle, ſo beleidigend und verletzend, daß der gräfliche Güterdirektor ſeinem Renner die Sporen gab, machend daß er von dem alten Iſegrimm wegkam.
Mit Gemeinde und Behörde war der Büttnerbauer neuer¬ dings ebenfalls zuſammengeraten, und auch nicht zu ſeinem Vorteil. Der Dorfweg führte ein Stück entlang der Büttner¬ ſchen Grenze. Der Bauer hatte nahe am Wege eine Kiesgrube angelegt, aus der er ſeinen Bedarf an Sand zu Bauten und Wegebeſſerungen entnahm. Im Laufe der Zeit hatte ſich durch Sandholen und Nachſtürzen vom Rande das Loch ver¬ größert. Es drohte Gefahr, daß Fußgänger und Geſchirre, namentlich bei Dunkelheit oder Schneeverwehung, in die Grube ſtürzen und Schaden nehmen möchten. Die Gemeinde hatte daher das ſehr begreifliche Verlangen an den Beſitzer der Kiesgrube geſtellt, er möge zwiſchen Weg und Grube ein Ge¬ länder errichten. Der Büttnerbauer kehrte ſich überhaupt nicht an dieſes Anſinnen, das er als einen Eingriff in ſein gutes
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durfte man ihm nicht kommen. Wutentbrannt wies er jede
Widerrede zurück. Eine ganze wichtige Woche im September
wurde ſo auf das Wegräumen von Schutt und Sprengen von
Steinen verſchwendet. Und erreicht war damit nichts weiter,
als daß ein Stück Land mehr da war, das unbrauchbar blieb
für die Beſtellung.
Mit aller Welt geriet der Büttnerbauer neuerdings in
Zwiſt. Ein einziges Wort konnte ihn derartig aufbringen,
daß er alle Beſinnung verlor und den Streit vom Zaune
brach. Eines Tages ritt Hauptmann Schroff über das Büttnerſche
Gut. Er traf den Bauern bei der Feldarbeit, hielt ſein Pferd
an, und redete den Alten in freundſchaftlicher Weiſe an. Der
Alte that, als habe er den Mann noch nie in ſeinem Leben
geſehen, geſchweige denn in vertraulicher Weiſe mit ihm verkehrt.
Als der Hauptmann ſich nach der Lage des Bauern erkundigte,
ihn dabei an das Geſpräch erinnernd, das ſie im Frühjahr ge¬
habt, da brach gänzlich unerwartet und unvermittelt aus dem
Munde des Alten ein Schimpfen und Wettern los, Verwün¬
ſchungen und Beſchuldigungen gegen die Herrſchaft, die ihm den
Garaus machen wolle, ſo beleidigend und verletzend, daß der
gräfliche Güterdirektor ſeinem Renner die Sporen gab, machend
daß er von dem alten Iſegrimm wegkam.
Mit Gemeinde und Behörde war der Büttnerbauer neuer¬
dings ebenfalls zuſammengeraten, und auch nicht zu ſeinem
Vorteil. Der Dorfweg führte ein Stück entlang der Büttner¬
ſchen Grenze. Der Bauer hatte nahe am Wege eine Kiesgrube
angelegt, aus der er ſeinen Bedarf an Sand zu Bauten und
Wegebeſſerungen entnahm. Im Laufe der Zeit hatte ſich
durch Sandholen und Nachſtürzen vom Rande das Loch ver¬
größert. Es drohte Gefahr, daß Fußgänger und Geſchirre,
namentlich bei Dunkelheit oder Schneeverwehung, in die Grube
ſtürzen und Schaden nehmen möchten. Die Gemeinde hatte
daher das ſehr begreifliche Verlangen an den Beſitzer der
Kiesgrube geſtellt, er möge zwiſchen Weg und Grube ein Ge¬
länder errichten. Der Büttnerbauer kehrte ſich überhaupt nicht
an dieſes Anſinnen, das er als einen Eingriff in ſein gutes
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/134>, abgerufen am 27.11.2024.
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