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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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brannte die Sonne versengend auf die Schnitter hernieder.
Die Bäuerin kam vom Gute her, sich mühsam mit einem
Korbe schleppend. Sie brachte einen Krug dünnes Bier und
Butterschnitten. Bald saß die Familie auf dem Feldraine,
zum Frühstück vereinigt. --

Nicht immer in neuester Zeit bot die Büttnersche Familie
einen so friedlichen Anblick. Öfters gab es jetzt Zwist und
Streit. Mit Sammetpfötchen hatte der Bauer die Seinen
niemals angefaßt. Er war stets Herr in seinen vier Pfählen
gewesen und hatte von den Rechten des Familienoberhauptes,
nach der Väter Sitte, Gebrauch gemacht. Wenn seine Art
auch rauh und schroff war, ein willkürlicher und grausamer
Herrscher war er nie gewesen. Schlichte Gerechtigkeit hatte er
walten lassen in allem. Neuerdings war das anders geworden.

Nie hätte er sich's früher beikommen lassen, seiner Ehe¬
hälfte aus ihrem Leiden einen Vorwurf zu machen, jetzt hielt
er ihr gelegentlich ihre Gebrechlichkeit vor, wie eine Schuld.
Er zeigte sich hart und ungerecht gegen die Kinder. Die
Bäuerin hatte bereits einer Nachbarin geklagt, daß man ihr
den Bauer ausgetauscht habe, daß am Ende gar ein Feind
ihn besprochen haben müsse.

Mit seinem Ältesten konnte der Büttnerbauer gar nicht
mehr auskommen. Karl war langsam im Denken, wie im
Zugreifen. Das war immer offenkundig gewesen; aber der
Alte schien es jetzt erst zu bemerken. Er fluchte und verschwor
sich, die Wirtschaft gehe rückwärts, und daran sei Karl mit seiner
Faulheit schuld. Er drohte ihn zu enterben, wenn das nicht
anders werde. Karl ließ dergleichen ziemlich ruhig über sich er¬
gehen; Ehrgefühl und Stolz waren nicht gerade stark bei ihm ent¬
wickelt. Aber Therese nahm die Sache des, Gatten um so eifriger
auf, verfocht sie mit der Leidenschaft des gekränkten Weibes.
Es gab Szenen, wie sie das Haus noch nicht gesehen hatte.
Eines Tages kam die Bäuerin bleich und an allen Gliedern
zitternd, zu Karl aufs Feld hinausgehumpelt, er solle so¬
gleich hereinkommen, der Bauer und Therese rauften in der
Familienstube.

brannte die Sonne verſengend auf die Schnitter hernieder.
Die Bäuerin kam vom Gute her, ſich mühſam mit einem
Korbe ſchleppend. Sie brachte einen Krug dünnes Bier und
Butterſchnitten. Bald ſaß die Familie auf dem Feldraine,
zum Frühſtück vereinigt. —

Nicht immer in neueſter Zeit bot die Büttnerſche Familie
einen ſo friedlichen Anblick. Öfters gab es jetzt Zwiſt und
Streit. Mit Sammetpfötchen hatte der Bauer die Seinen
niemals angefaßt. Er war ſtets Herr in ſeinen vier Pfählen
geweſen und hatte von den Rechten des Familienoberhauptes,
nach der Väter Sitte, Gebrauch gemacht. Wenn ſeine Art
auch rauh und ſchroff war, ein willkürlicher und grauſamer
Herrſcher war er nie geweſen. Schlichte Gerechtigkeit hatte er
walten laſſen in allem. Neuerdings war das anders geworden.

Nie hätte er ſich's früher beikommen laſſen, ſeiner Ehe¬
hälfte aus ihrem Leiden einen Vorwurf zu machen, jetzt hielt
er ihr gelegentlich ihre Gebrechlichkeit vor, wie eine Schuld.
Er zeigte ſich hart und ungerecht gegen die Kinder. Die
Bäuerin hatte bereits einer Nachbarin geklagt, daß man ihr
den Bauer ausgetauſcht habe, daß am Ende gar ein Feind
ihn beſprochen haben müſſe.

Mit ſeinem Älteſten konnte der Büttnerbauer gar nicht
mehr auskommen. Karl war langſam im Denken, wie im
Zugreifen. Das war immer offenkundig geweſen; aber der
Alte ſchien es jetzt erſt zu bemerken. Er fluchte und verſchwor
ſich, die Wirtſchaft gehe rückwärts, und daran ſei Karl mit ſeiner
Faulheit ſchuld. Er drohte ihn zu enterben, wenn das nicht
anders werde. Karl ließ dergleichen ziemlich ruhig über ſich er¬
gehen; Ehrgefühl und Stolz waren nicht gerade ſtark bei ihm ent¬
wickelt. Aber Thereſe nahm die Sache des, Gatten um ſo eifriger
auf, verfocht ſie mit der Leidenſchaft des gekränkten Weibes.
Es gab Szenen, wie ſie das Haus noch nicht geſehen hatte.
Eines Tages kam die Bäuerin bleich und an allen Gliedern
zitternd, zu Karl aufs Feld hinausgehumpelt, er ſolle ſo¬
gleich hereinkommen, der Bauer und Thereſe rauften in der
Familienſtube.

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[118/0132] brannte die Sonne verſengend auf die Schnitter hernieder. Die Bäuerin kam vom Gute her, ſich mühſam mit einem Korbe ſchleppend. Sie brachte einen Krug dünnes Bier und Butterſchnitten. Bald ſaß die Familie auf dem Feldraine, zum Frühſtück vereinigt. — Nicht immer in neueſter Zeit bot die Büttnerſche Familie einen ſo friedlichen Anblick. Öfters gab es jetzt Zwiſt und Streit. Mit Sammetpfötchen hatte der Bauer die Seinen niemals angefaßt. Er war ſtets Herr in ſeinen vier Pfählen geweſen und hatte von den Rechten des Familienoberhauptes, nach der Väter Sitte, Gebrauch gemacht. Wenn ſeine Art auch rauh und ſchroff war, ein willkürlicher und grauſamer Herrſcher war er nie geweſen. Schlichte Gerechtigkeit hatte er walten laſſen in allem. Neuerdings war das anders geworden. Nie hätte er ſich's früher beikommen laſſen, ſeiner Ehe¬ hälfte aus ihrem Leiden einen Vorwurf zu machen, jetzt hielt er ihr gelegentlich ihre Gebrechlichkeit vor, wie eine Schuld. Er zeigte ſich hart und ungerecht gegen die Kinder. Die Bäuerin hatte bereits einer Nachbarin geklagt, daß man ihr den Bauer ausgetauſcht habe, daß am Ende gar ein Feind ihn beſprochen haben müſſe. Mit ſeinem Älteſten konnte der Büttnerbauer gar nicht mehr auskommen. Karl war langſam im Denken, wie im Zugreifen. Das war immer offenkundig geweſen; aber der Alte ſchien es jetzt erſt zu bemerken. Er fluchte und verſchwor ſich, die Wirtſchaft gehe rückwärts, und daran ſei Karl mit ſeiner Faulheit ſchuld. Er drohte ihn zu enterben, wenn das nicht anders werde. Karl ließ dergleichen ziemlich ruhig über ſich er¬ gehen; Ehrgefühl und Stolz waren nicht gerade ſtark bei ihm ent¬ wickelt. Aber Thereſe nahm die Sache des, Gatten um ſo eifriger auf, verfocht ſie mit der Leidenſchaft des gekränkten Weibes. Es gab Szenen, wie ſie das Haus noch nicht geſehen hatte. Eines Tages kam die Bäuerin bleich und an allen Gliedern zitternd, zu Karl aufs Feld hinausgehumpelt, er ſolle ſo¬ gleich hereinkommen, der Bauer und Thereſe rauften in der Familienſtube.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/132>, abgerufen am 23.11.2024.