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Poersch, Bruno: Woran krankt die deutsche Gewerkschaftsbewegung? Berlin, 1897.

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brauchen lassen, die nur ehrgeizigen und selbstsüchtigen Plänen
unter dem Deckmantel anderer Fragen nachlaufen und oft die
ganze Organisation zerstören.

Dann zu meiner dritten Behauptung, daß die Kassenbestände
sich durch die Einführung der Arbeitslosen-Unterstützung ver¬
größern müssen. -- Dieses muß unbedingt eintreten. Man
betrachte nur die Kassenbestände der Organisationen mit Arbeits¬
losen-Unterstützung und man wird meine Behauptung bestätigt
finden.

Nach der letzten von der General-Kommission veröffentlichten
Statistik hatten die Buchdrucker einen Kassenbestand von 49,12,
Bildhauer 15,06, Handschuhmacher 14,47, Hutmacher 34,80, Zi¬
garrensortirer 18,69 Mk. pro Kopf des Mitgliedes. Das waren
Organisationen mit Arbeitslosen-Unterstützung. Bei Verbänden
ohne Arbeitslosen-Unterstützung stellt sich das Verhältniß wie
folgt: Metallarbeiter 1,17, Maler 3,61, Holzarbeiter 1,13,
Former 2,86, Bäcker 0,67, Bauarbeiter 0,46 Mk. u. s. w. --
Sehen die Unternehmer, daß größere Kassenbestände vorhanden
sind, so werden sie sich bei Lohnbewegungen etc. lange nicht so
halsstarrig stellen, wie gegenwärtig. Jetzt wissen sie sehr gut,
daß den eventuell Streikenden bald das Geld ausgeht und sie
dann wieder kommen müssen; darum geben sie nicht nach und
bleiben Sieger. Sind doch im vorigen Jahre unbedingt auf
Grund dieser Thatsache eine ganze Reihe Streiks von den
Unternehmern provozirt worden, um die ihnen einst vielleicht
später gefährlich werden könnende Organisation in ihrem Keime
zu vernichten. -- Die deutschen Arbeiter müssen zur Zahlung
höherer Beiträge erzogen werden, wollen sie durch den gewerk¬
schaftlichen Kampf etwas erreichen. -- Die Arbeitslosen-Unter¬
stützung wird dazu führen. Betrachten wir uns einmal die
englischen Gewerkschaftsorganisationen in dieser Beziehung.
Staunen werden tausende deutscher Arbeiter, wenn sie die Ein¬
nahmen, Ausgaben und Kassenbestände derselben sehen.

Bei den Vereinigten Maschinenbauern stellte sich
dieses Verhältniß 1893 -- neuere Zahlen habe ich nicht zur
Verfügung -- wie folgt:

Einnahme ....... 5400000 Mk.

Ausgabe ....... 5700000 "

Kassenbestand .....4000000 "

Alle 49 zentralisirten deutschen Organisationen
hatten 1895 eine

Einnahme von ..... 2745617 Mk.

Ausgabe von ..... 2140985 "

Kassenbestand von .... 1640437 "

Hierbei ist nicht zu vergessen, daß die Hälfte der Einnahme,
Ausgabe und des Kassenbestandes auf das Konto der deutschen
Buchdrucker kommt. -- Also sind in einer einzigen englischen
Organisation die Kassenverhältnisse beinahe 21/2 mal so groß, als
wie in allen deutschen Gewerkschafts-Verbänden zusammen.
Wenn man sich diesen ungeheuren, gewaltigen Gegensatz vor
Augen führt, so wird man begreifen müssen, wo des Pudels
Kern liegt, weshalb die englischen Arbeiter andere Erfolge wie

brauchen laſſen, die nur ehrgeizigen und ſelbſtſüchtigen Plänen
unter dem Deckmantel anderer Fragen nachlaufen und oft die
ganze Organiſation zerſtören.

Dann zu meiner dritten Behauptung, daß die Kaſſenbeſtände
ſich durch die Einführung der Arbeitsloſen-Unterſtützung ver¬
größern müſſen. — Dieſes muß unbedingt eintreten. Man
betrachte nur die Kaſſenbeſtände der Organiſationen mit Arbeits¬
loſen-Unterſtützung und man wird meine Behauptung beſtätigt
finden.

Nach der letzten von der General-Kommiſſion veröffentlichten
Statiſtik hatten die Buchdrucker einen Kaſſenbeſtand von 49,12,
Bildhauer 15,06, Handſchuhmacher 14,47, Hutmacher 34,80, Zi¬
garrenſortirer 18,69 Mk. pro Kopf des Mitgliedes. Das waren
Organiſationen mit Arbeitsloſen-Unterſtützung. Bei Verbänden
ohne Arbeitsloſen-Unterſtützung ſtellt ſich das Verhältniß wie
folgt: Metallarbeiter 1,17, Maler 3,61, Holzarbeiter 1,13,
Former 2,86, Bäcker 0,67, Bauarbeiter 0,46 Mk. u. ſ. w. —
Sehen die Unternehmer, daß größere Kaſſenbeſtände vorhanden
ſind, ſo werden ſie ſich bei Lohnbewegungen ꝛc. lange nicht ſo
halsſtarrig ſtellen, wie gegenwärtig. Jetzt wiſſen ſie ſehr gut,
daß den eventuell Streikenden bald das Geld ausgeht und ſie
dann wieder kommen müſſen; darum geben ſie nicht nach und
bleiben Sieger. Sind doch im vorigen Jahre unbedingt auf
Grund dieſer Thatſache eine ganze Reihe Streiks von den
Unternehmern provozirt worden, um die ihnen einſt vielleicht
ſpäter gefährlich werden könnende Organiſation in ihrem Keime
zu vernichten. — Die deutſchen Arbeiter müſſen zur Zahlung
höherer Beiträge erzogen werden, wollen ſie durch den gewerk¬
ſchaftlichen Kampf etwas erreichen. — Die Arbeitsloſen-Unter¬
ſtützung wird dazu führen. Betrachten wir uns einmal die
engliſchen Gewerkſchaftsorganiſationen in dieſer Beziehung.
Staunen werden tauſende deutſcher Arbeiter, wenn ſie die Ein¬
nahmen, Ausgaben und Kaſſenbeſtände derſelben ſehen.

Bei den Vereinigten Maſchinenbauern ſtellte ſich
dieſes Verhältniß 1893 — neuere Zahlen habe ich nicht zur
Verfügung — wie folgt:

Einnahme ....... 5400000 Mk.

Ausgabe ....... 5700000 "

Kaſſenbeſtand .....4000000 "

Alle 49 zentraliſirten deutſchen Organiſationen
hatten 1895 eine

Einnahme von ..... 2745617 Mk.

Ausgabe von ..... 2140985 "

Kaſſenbeſtand von .... 1640437 "

Hierbei iſt nicht zu vergeſſen, daß die Hälfte der Einnahme,
Ausgabe und des Kaſſenbeſtandes auf das Konto der deutſchen
Buchdrucker kommt. — Alſo ſind in einer einzigen engliſchen
Organiſation die Kaſſenverhältniſſe beinahe 2½ mal ſo groß, als
wie in allen deutſchen Gewerkſchafts-Verbänden zuſammen.
Wenn man ſich dieſen ungeheuren, gewaltigen Gegenſatz vor
Augen führt, ſo wird man begreifen müſſen, wo des Pudels
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[19/0027] brauchen laſſen, die nur ehrgeizigen und ſelbſtſüchtigen Plänen unter dem Deckmantel anderer Fragen nachlaufen und oft die ganze Organiſation zerſtören. Dann zu meiner dritten Behauptung, daß die Kaſſenbeſtände ſich durch die Einführung der Arbeitsloſen-Unterſtützung ver¬ größern müſſen. — Dieſes muß unbedingt eintreten. Man betrachte nur die Kaſſenbeſtände der Organiſationen mit Arbeits¬ loſen-Unterſtützung und man wird meine Behauptung beſtätigt finden. Nach der letzten von der General-Kommiſſion veröffentlichten Statiſtik hatten die Buchdrucker einen Kaſſenbeſtand von 49,12, Bildhauer 15,06, Handſchuhmacher 14,47, Hutmacher 34,80, Zi¬ garrenſortirer 18,69 Mk. pro Kopf des Mitgliedes. Das waren Organiſationen mit Arbeitsloſen-Unterſtützung. Bei Verbänden ohne Arbeitsloſen-Unterſtützung ſtellt ſich das Verhältniß wie folgt: Metallarbeiter 1,17, Maler 3,61, Holzarbeiter 1,13, Former 2,86, Bäcker 0,67, Bauarbeiter 0,46 Mk. u. ſ. w. — Sehen die Unternehmer, daß größere Kaſſenbeſtände vorhanden ſind, ſo werden ſie ſich bei Lohnbewegungen ꝛc. lange nicht ſo halsſtarrig ſtellen, wie gegenwärtig. Jetzt wiſſen ſie ſehr gut, daß den eventuell Streikenden bald das Geld ausgeht und ſie dann wieder kommen müſſen; darum geben ſie nicht nach und bleiben Sieger. Sind doch im vorigen Jahre unbedingt auf Grund dieſer Thatſache eine ganze Reihe Streiks von den Unternehmern provozirt worden, um die ihnen einſt vielleicht ſpäter gefährlich werden könnende Organiſation in ihrem Keime zu vernichten. — Die deutſchen Arbeiter müſſen zur Zahlung höherer Beiträge erzogen werden, wollen ſie durch den gewerk¬ ſchaftlichen Kampf etwas erreichen. — Die Arbeitsloſen-Unter¬ ſtützung wird dazu führen. Betrachten wir uns einmal die engliſchen Gewerkſchaftsorganiſationen in dieſer Beziehung. Staunen werden tauſende deutſcher Arbeiter, wenn ſie die Ein¬ nahmen, Ausgaben und Kaſſenbeſtände derſelben ſehen. Bei den Vereinigten Maſchinenbauern ſtellte ſich dieſes Verhältniß 1893 — neuere Zahlen habe ich nicht zur Verfügung — wie folgt: Einnahme ....... 5400000 Mk. Ausgabe ....... 5700000 " Kaſſenbeſtand .....4000000 " Alle 49 zentraliſirten deutſchen Organiſationen hatten 1895 eine Einnahme von ..... 2745617 Mk. Ausgabe von ..... 2140985 " Kaſſenbeſtand von .... 1640437 " Hierbei iſt nicht zu vergeſſen, daß die Hälfte der Einnahme, Ausgabe und des Kaſſenbeſtandes auf das Konto der deutſchen Buchdrucker kommt. — Alſo ſind in einer einzigen engliſchen Organiſation die Kaſſenverhältniſſe beinahe 2½ mal ſo groß, als wie in allen deutſchen Gewerkſchafts-Verbänden zuſammen. Wenn man ſich dieſen ungeheuren, gewaltigen Gegenſatz vor Augen führt, ſo wird man begreifen müſſen, wo des Pudels Kern liegt, weshalb die engliſchen Arbeiter andere Erfolge wie

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Zitationshilfe: Poersch, Bruno: Woran krankt die deutsche Gewerkschaftsbewegung? Berlin, 1897, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poersch_gewerkschaftsbewegung_1897/27>, abgerufen am 24.11.2024.