Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_075.001 Doch bei des Festes Freude sollt' ich meinen, ppo_075.002 ppo_075.005Ständ' auch dem Dichter eine Frage frei? ppo_075.003 Chor. Auf alles ist heute die Antwort bereit, ppo_075.004 Drum frag' er getrost, wir geben Bescheid! Bringt ihr zur Lust, die aus dem Becher winket, ppo_075.006 ppo_075.011Wie sonst, noch einen frohen, freien Geist? ppo_075.007 Begreift ihr jetzt, warum man: Schmollis trinket? ppo_075.008 Und was das tiefe Wort: Fiducit heißt? ppo_075.009 Chor. Ja, Schmollis dem ganzen Menschengeschlecht, ppo_075.010 Und dann Fiducit auf Gott und Recht! Der Arm, der sonst den Hieber rasch geschwungen, ppo_075.012 ppo_075.017Daß er zum Kampf des Lebens sich gestählt, ppo_075.013 Hat er auch nun den rechten Kampf gerungen? ppo_075.014 Und ernst vertheidigt, was er treu gewählt? ppo_075.015 Chor. Wohl hat er gestritten mit Feder und Schwert, ppo_075.016 Und segnend und strafend die Kraft bewährt. Das Burschenherz, im Lieben und im Hoffen, ppo_075.018 ppo_075.023Bei Mangel selbst, so überselig doch, ppo_075.019 Blieb, arm und reich, es immer treu und offen? ppo_075.020 Glaubt es an Liebe und an Freundschaft noch? ppo_075.021 Chor. Wir fanden die Liebe, wir fanden den Freund, ppo_075.022 Wir haben nicht einsam gelacht und geweint. Wohlan! so lebe denn im Saft der Reben, ppo_075.024 ppo_075.029Wer die Dogmatik sich im Herzen fand! ppo_075.025 Wer Exegese aus Natur und Leben, ppo_075.026 Und Homiletik lernt' im Ehestand! ppo_075.027 Chor: Ja wer die Menschen zu Menschen erzog, ppo_075.028 Wer lehret und tröstet, der lebe hoch! Es lebe, wer begriffen Kant und Fichte, ppo_075.030
Und wessen Herz Jacobi warm gehaucht; ppo_075.031 Wer bei dem Aufblick zu der Wahrheit Lichte ppo_075.032 Nicht schwarzgefärbte Augengläser braucht. ppo_075.001 Doch bei des Festes Freude sollt' ich meinen, ppo_075.002 ppo_075.005Ständ' auch dem Dichter eine Frage frei? ppo_075.003 Chor. Auf alles ist heute die Antwort bereit, ppo_075.004 Drum frag' er getrost, wir geben Bescheid! Bringt ihr zur Lust, die aus dem Becher winket, ppo_075.006 ppo_075.011Wie sonst, noch einen frohen, freien Geist? ppo_075.007 Begreift ihr jetzt, warum man: Schmollis trinket? ppo_075.008 Und was das tiefe Wort: Fiducit heißt? ppo_075.009 Chor. Ja, Schmollis dem ganzen Menschengeschlecht, ppo_075.010 Und dann Fiducit auf Gott und Recht! Der Arm, der sonst den Hieber rasch geschwungen, ppo_075.012 ppo_075.017Daß er zum Kampf des Lebens sich gestählt, ppo_075.013 Hat er auch nun den rechten Kampf gerungen? ppo_075.014 Und ernst vertheidigt, was er treu gewählt? ppo_075.015 Chor. Wohl hat er gestritten mit Feder und Schwert, ppo_075.016 Und segnend und strafend die Kraft bewährt. Das Burschenherz, im Lieben und im Hoffen, ppo_075.018 ppo_075.023Bei Mangel selbst, so überselig doch, ppo_075.019 Blieb, arm und reich, es immer treu und offen? ppo_075.020 Glaubt es an Liebe und an Freundschaft noch? ppo_075.021 Chor. Wir fanden die Liebe, wir fanden den Freund, ppo_075.022 Wir haben nicht einsam gelacht und geweint. Wohlan! so lebe denn im Saft der Reben, ppo_075.024 ppo_075.029Wer die Dogmatik sich im Herzen fand! ppo_075.025 Wer Exegese aus Natur und Leben, ppo_075.026 Und Homiletik lernt' im Ehestand! ppo_075.027 Chor: Ja wer die Menschen zu Menschen erzog, ppo_075.028 Wer lehret und tröstet, der lebe hoch! Es lebe, wer begriffen Kant und Fichte, ppo_075.030
Und wessen Herz Jacobi warm gehaucht; ppo_075.031 Wer bei dem Aufblick zu der Wahrheit Lichte ppo_075.032 Nicht schwarzgefärbte Augengläser braucht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0087" n="75"/> <lb n="ppo_075.001"/> <lg> <l>Doch bei des Festes Freude sollt' ich meinen,</l> <lb n="ppo_075.002"/> <l>Ständ' auch dem Dichter eine Frage frei?</l> <lb n="ppo_075.003"/> <l><hi rendition="#g">Chor.</hi> Auf alles ist heute die Antwort bereit,</l> <lb n="ppo_075.004"/> <l> Drum frag' er getrost, wir geben Bescheid! </l> </lg> <lb n="ppo_075.005"/> <lg> <l>Bringt ihr zur Lust, die aus dem Becher winket,</l> <lb n="ppo_075.006"/> <l>Wie sonst, noch einen frohen, freien Geist?</l> <lb n="ppo_075.007"/> <l>Begreift ihr jetzt, warum man: <hi rendition="#aq">Schmollis</hi> trinket?</l> <lb n="ppo_075.008"/> <l>Und was das tiefe Wort: <hi rendition="#aq">Fiducit</hi> heißt?</l> <lb n="ppo_075.009"/> <l><hi rendition="#g">Chor.</hi> Ja, <hi rendition="#aq">Schmollis</hi> dem ganzen Menschengeschlecht,</l> <lb n="ppo_075.010"/> <l> Und dann <hi rendition="#aq">Fiducit</hi> auf Gott und Recht! </l> </lg> <lb n="ppo_075.011"/> <lg> <l>Der Arm, der sonst den Hieber rasch geschwungen,</l> <lb n="ppo_075.012"/> <l>Daß er zum Kampf des Lebens sich gestählt,</l> <lb n="ppo_075.013"/> <l>Hat er auch nun den rechten Kampf gerungen?</l> <lb n="ppo_075.014"/> <l>Und ernst vertheidigt, was er treu gewählt?</l> <lb n="ppo_075.015"/> <l><hi rendition="#g">Chor.</hi> Wohl hat er gestritten mit Feder und Schwert,</l> <lb n="ppo_075.016"/> <l> Und segnend und strafend die Kraft bewährt. </l> </lg> <lb n="ppo_075.017"/> <lg> <l>Das Burschenherz, im Lieben und im Hoffen,</l> <lb n="ppo_075.018"/> <l>Bei Mangel selbst, so überselig doch,</l> <lb n="ppo_075.019"/> <l>Blieb, arm und reich, es immer treu und offen?</l> <lb n="ppo_075.020"/> <l>Glaubt es an Liebe und an Freundschaft noch?</l> <lb n="ppo_075.021"/> <l><hi rendition="#g">Chor.</hi> Wir fanden die Liebe, wir fanden den Freund,</l> <lb n="ppo_075.022"/> <l> Wir haben nicht einsam gelacht und geweint. </l> </lg> <lb n="ppo_075.023"/> <lg> <l>Wohlan! so lebe denn im Saft der Reben,</l> <lb n="ppo_075.024"/> <l>Wer die <hi rendition="#g">Dogmatik</hi> sich im Herzen fand!</l> <lb n="ppo_075.025"/> <l>Wer <hi rendition="#g">Exegese</hi> aus Natur und Leben,</l> <lb n="ppo_075.026"/> <l>Und <hi rendition="#g">Homiletik</hi> lernt' im Ehestand!</l> <lb n="ppo_075.027"/> <l><hi rendition="#g">Chor:</hi> Ja wer die Menschen zu Menschen erzog,</l> <lb n="ppo_075.028"/> <l> Wer lehret und tröstet, der lebe hoch! </l> </lg> <lb n="ppo_075.029"/> <lg> <l>Es lebe, wer begriffen <hi rendition="#g">Kant</hi> und <hi rendition="#g">Fichte,</hi></l> <lb n="ppo_075.030"/> <l>Und wessen Herz <hi rendition="#g">Jacobi</hi> warm gehaucht;</l> <lb n="ppo_075.031"/> <l>Wer bei dem Aufblick zu der Wahrheit Lichte</l> <lb n="ppo_075.032"/> <l>Nicht schwarzgefärbte Augengläser braucht.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0087]
ppo_075.001
Doch bei des Festes Freude sollt' ich meinen, ppo_075.002
Ständ' auch dem Dichter eine Frage frei? ppo_075.003
Chor. Auf alles ist heute die Antwort bereit, ppo_075.004
Drum frag' er getrost, wir geben Bescheid!
ppo_075.005
Bringt ihr zur Lust, die aus dem Becher winket, ppo_075.006
Wie sonst, noch einen frohen, freien Geist? ppo_075.007
Begreift ihr jetzt, warum man: Schmollis trinket? ppo_075.008
Und was das tiefe Wort: Fiducit heißt? ppo_075.009
Chor. Ja, Schmollis dem ganzen Menschengeschlecht, ppo_075.010
Und dann Fiducit auf Gott und Recht!
ppo_075.011
Der Arm, der sonst den Hieber rasch geschwungen, ppo_075.012
Daß er zum Kampf des Lebens sich gestählt, ppo_075.013
Hat er auch nun den rechten Kampf gerungen? ppo_075.014
Und ernst vertheidigt, was er treu gewählt? ppo_075.015
Chor. Wohl hat er gestritten mit Feder und Schwert, ppo_075.016
Und segnend und strafend die Kraft bewährt.
ppo_075.017
Das Burschenherz, im Lieben und im Hoffen, ppo_075.018
Bei Mangel selbst, so überselig doch, ppo_075.019
Blieb, arm und reich, es immer treu und offen? ppo_075.020
Glaubt es an Liebe und an Freundschaft noch? ppo_075.021
Chor. Wir fanden die Liebe, wir fanden den Freund, ppo_075.022
Wir haben nicht einsam gelacht und geweint.
ppo_075.023
Wohlan! so lebe denn im Saft der Reben, ppo_075.024
Wer die Dogmatik sich im Herzen fand! ppo_075.025
Wer Exegese aus Natur und Leben, ppo_075.026
Und Homiletik lernt' im Ehestand! ppo_075.027
Chor: Ja wer die Menschen zu Menschen erzog, ppo_075.028
Wer lehret und tröstet, der lebe hoch!
ppo_075.029
Es lebe, wer begriffen Kant und Fichte, ppo_075.030
Und wessen Herz Jacobi warm gehaucht; ppo_075.031
Wer bei dem Aufblick zu der Wahrheit Lichte ppo_075.032
Nicht schwarzgefärbte Augengläser braucht.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/87 |
Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/87>, abgerufen am 16.08.2024. |