ppo_473.001 geschilderte Gegenstand selbst, vermittelst der neuen ppo_473.002 Einkleidung und Versinnlichung, als ein komischer ppo_473.003 Stoff erscheint, der Lachen erregt, und durch dessen ppo_473.004 sinnlich vollendete Darstellung ein reines Gefühl der ppo_473.005 Lust bewirkt und erhalten wird.
ppo_473.006
Die Zahl der Parodieen ist in der teutschen ppo_473.007 Literatur weit größer, als die Zahl der Travestirungen, ppo_473.008 obgleich nur wenige Parodieen, in dem ppo_473.009 aufgestellten Sinne, zu den durchgängig gelungenen ppo_473.010 gerechnet werden können. Jn dramatischer Hinsicht ppo_473.011 ist Mahlmanns Herodes vor Bethlehem eine ppo_473.012 sehr treffende Parodie von Kotzebue's Hussiten ppo_473.013 vor Naumburg. Unter den Travestirungen der ppo_473.014 Teutschen behauptet, bei vielen einzelnen Derbheiten ppo_473.015 und metrischen Härten, Blumauers (nicht vollendete) ppo_473.016 travestirte Aeneis doch den Charakter des ppo_473.017 Hochkomischen und vieler gelungenen Schilderungen. ppo_473.018 Kotzebue travestirte selbst sein Trauerspiel Octavia. ppo_473.019 Ungleich tiefer in ästhetischer Hinsicht stehen die travestirte ppo_473.020 Jungfrau von Orleans, so wie der travestirte ppo_473.021 Hamlet und Nathan der Weise.
ppo_473.022
Wenn manche Theoretiker im Allgemeinen gegen ppo_473.023 alle Parodieen und Travestirungen sich erklärten, ppo_473.024 weil durch sie ein gefeiertes Kunstwerk in den Kreis ppo_473.025 des Lächerlichen gezogen würde, und dadurch an seinem ppo_473.026 ästhetischen Werthe verlöre; so beweiset eine ppo_473.027 solche Behauptung zu viel. Denn der psychologische ppo_473.028 Grund des Wohlgefallens an der Parodie und ppo_473.029 Travestirung ist der Grund des Wohlgefallens am ppo_473.030 Komischen und Lächerlichen überhaupt, und also an ppo_473.031 sich in der menschlichen Natur gegründet, und keineswegs ppo_473.032 verwerflich. Selbst das ernsthafte Kunstwerk, ppo_473.033 das parodirt und travestirt wird, kann an ppo_473.034 sich dadurch nicht verlieren, weil ihm ein selbstständiger
ppo_473.001 geschilderte Gegenstand selbst, vermittelst der neuen ppo_473.002 Einkleidung und Versinnlichung, als ein komischer ppo_473.003 Stoff erscheint, der Lachen erregt, und durch dessen ppo_473.004 sinnlich vollendete Darstellung ein reines Gefühl der ppo_473.005 Lust bewirkt und erhalten wird.
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Die Zahl der Parodieen ist in der teutschen ppo_473.007 Literatur weit größer, als die Zahl der Travestirungen, ppo_473.008 obgleich nur wenige Parodieen, in dem ppo_473.009 aufgestellten Sinne, zu den durchgängig gelungenen ppo_473.010 gerechnet werden können. Jn dramatischer Hinsicht ppo_473.011 ist Mahlmanns Herodes vor Bethlehem eine ppo_473.012 sehr treffende Parodie von Kotzebue's Hussiten ppo_473.013 vor Naumburg. Unter den Travestirungen der ppo_473.014 Teutschen behauptet, bei vielen einzelnen Derbheiten ppo_473.015 und metrischen Härten, Blumauers (nicht vollendete) ppo_473.016 travestirte Aeneis doch den Charakter des ppo_473.017 Hochkomischen und vieler gelungenen Schilderungen. ppo_473.018 Kotzebue travestirte selbst sein Trauerspiel Octavia. ppo_473.019 Ungleich tiefer in ästhetischer Hinsicht stehen die travestirte ppo_473.020 Jungfrau von Orleans, so wie der travestirte ppo_473.021 Hamlet und Nathan der Weise.
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Wenn manche Theoretiker im Allgemeinen gegen ppo_473.023 alle Parodieen und Travestirungen sich erklärten, ppo_473.024 weil durch sie ein gefeiertes Kunstwerk in den Kreis ppo_473.025 des Lächerlichen gezogen würde, und dadurch an seinem ppo_473.026 ästhetischen Werthe verlöre; so beweiset eine ppo_473.027 solche Behauptung zu viel. Denn der psychologische ppo_473.028 Grund des Wohlgefallens an der Parodie und ppo_473.029 Travestirung ist der Grund des Wohlgefallens am ppo_473.030 Komischen und Lächerlichen überhaupt, und also an ppo_473.031 sich in der menschlichen Natur gegründet, und keineswegs ppo_473.032 verwerflich. Selbst das ernsthafte Kunstwerk, ppo_473.033 das parodirt und travestirt wird, kann an ppo_473.034 sich dadurch nicht verlieren, weil ihm ein selbstständiger
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geschilderte Gegenstand selbst, vermittelst der neuen ppo_473.002
Einkleidung und Versinnlichung, als ein komischer ppo_473.003
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sinnlich vollendete Darstellung ein reines Gefühl der ppo_473.005
Lust bewirkt und erhalten wird.
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Die Zahl der Parodieen ist in der teutschen ppo_473.007
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sehr treffende Parodie von Kotzebue's Hussiten ppo_473.013
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Teutschen behauptet, bei vielen einzelnen Derbheiten ppo_473.015
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Ungleich tiefer in ästhetischer Hinsicht stehen die travestirte ppo_473.020
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Wenn manche Theoretiker im Allgemeinen gegen ppo_473.023
alle Parodieen und Travestirungen sich erklärten, ppo_473.024
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ästhetischen Werthe verlöre; so beweiset eine ppo_473.027
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Travestirung ist der Grund des Wohlgefallens am ppo_473.030
Komischen und Lächerlichen überhaupt, und also an ppo_473.031
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/485>, abgerufen am 16.02.2025.
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