Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.
ppo_466.001 Als meine Erben noch mit dieser Haussuchung beschäftigt ppo_466.013 Nunmehr ward alles zu meiner Beerdigung veranstaltet. ppo_466.023 Man brachte meinen Körper in die Kirche, mit Beobachtung ppo_466.027
ppo_466.001 Als meine Erben noch mit dieser Haussuchung beschäftigt ppo_466.013 Nunmehr ward alles zu meiner Beerdigung veranstaltet. ppo_466.023 Man brachte meinen Körper in die Kirche, mit Beobachtung ppo_466.027 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0478" n="466"/><lb n="ppo_466.001"/>durchgesucht. Gegen alle Briefe, in denen die Worte <lb n="ppo_466.002"/>standen: leiste gute Zahlung, und nehme Gott zu <lb n="ppo_466.003"/>Hülfe, hatten sie eine andächtige Ehrfurcht. Endlich <lb n="ppo_466.004"/>traf die Reihe meine gelehrten Concepte, welches mich <lb n="ppo_466.005"/>recht wüthend machte. Jch eilte voll Verzweiflung hinzu, <lb n="ppo_466.006"/>sie zu vertheidigen. Vielleicht aber würde ich dennoch <lb n="ppo_466.007"/>unvermögend gewesen seyn, wenn nicht meiner <lb n="ppo_466.008"/>Schwester Sohn, ein Meister von sieben freien Künsten, <lb n="ppo_466.009"/>wider seinen Willen mir beigestanden, und das ganze <lb n="ppo_466.010"/>Paket unter den Tisch geworfen hätte, mit der Versicherung: <lb n="ppo_466.011"/>es sey nur Maculatur. Der Jgnorant!</hi> </p> <lb n="ppo_466.012"/> <p> <hi rendition="#et"> Als meine Erben noch mit dieser Haussuchung beschäftigt <lb n="ppo_466.013"/>waren, merkte ich einen Haufen von Bedienten, <lb n="ppo_466.014"/>welche im Namen ihrer Herrschaften ein gewisses Compliment <lb n="ppo_466.015"/>hersagen mußten, das sie das <hi rendition="#g">herzliche Beileid</hi> <lb n="ppo_466.016"/>nannten. Die Bekümmerniß über meinen Tod <lb n="ppo_466.017"/>mochte in der ganzen Stadt gleich stark und allgemein <lb n="ppo_466.018"/>seyn; denn ihre Formulare endigten sich alle mit den <lb n="ppo_466.019"/>Worten: daß der Himmel den betrübten Hinterlassenen <lb n="ppo_466.020"/>diesen empfindlichen Verlust durch anderweitige Glücksfälle <lb n="ppo_466.021"/>reichlich ersetzen möchte!</hi> </p> <lb n="ppo_466.022"/> <p> <hi rendition="#et"> Nunmehr ward alles zu meiner Beerdigung veranstaltet. <lb n="ppo_466.023"/>Man eilte damit ganz ungewöhnlich, und gab <lb n="ppo_466.024"/>Geld über Geld, mich aus dem Hause zu bringen. <lb n="ppo_466.025"/>Dieses geschah unter einer ansehnlichen Begleitung.</hi> </p> <lb n="ppo_466.026"/> <p> <hi rendition="#et"> Man brachte meinen Körper in die Kirche, mit Beobachtung <lb n="ppo_466.027"/>aller der kläglichen Gebräuche, so diejenigen <lb n="ppo_466.028"/>verdienen, welche ein rühmliches Ende nehmen und Mittel <lb n="ppo_466.029"/>hinterlassen. Zuletzt trat noch ein Redner auf, welchem <lb n="ppo_466.030"/>meine Erben in einem versiegelten Päckchen vorher <lb n="ppo_466.031"/>alle meine Tugenden begreiflich gemacht hatten. So <lb n="ppo_466.032"/>zufrieden ich jederzeit in meinem Leben mit mir selbst <lb n="ppo_466.033"/>gewesen bin; so zweifelhaft war ich doch bei dieser Lob- <lb n="ppo_466.034"/>und Trauerrede, ob ich es auch wirklich sey, welchen er </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [466/0478]
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durchgesucht. Gegen alle Briefe, in denen die Worte ppo_466.002
standen: leiste gute Zahlung, und nehme Gott zu ppo_466.003
Hülfe, hatten sie eine andächtige Ehrfurcht. Endlich ppo_466.004
traf die Reihe meine gelehrten Concepte, welches mich ppo_466.005
recht wüthend machte. Jch eilte voll Verzweiflung hinzu, ppo_466.006
sie zu vertheidigen. Vielleicht aber würde ich dennoch ppo_466.007
unvermögend gewesen seyn, wenn nicht meiner ppo_466.008
Schwester Sohn, ein Meister von sieben freien Künsten, ppo_466.009
wider seinen Willen mir beigestanden, und das ganze ppo_466.010
Paket unter den Tisch geworfen hätte, mit der Versicherung: ppo_466.011
es sey nur Maculatur. Der Jgnorant!
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Als meine Erben noch mit dieser Haussuchung beschäftigt ppo_466.013
waren, merkte ich einen Haufen von Bedienten, ppo_466.014
welche im Namen ihrer Herrschaften ein gewisses Compliment ppo_466.015
hersagen mußten, das sie das herzliche Beileid ppo_466.016
nannten. Die Bekümmerniß über meinen Tod ppo_466.017
mochte in der ganzen Stadt gleich stark und allgemein ppo_466.018
seyn; denn ihre Formulare endigten sich alle mit den ppo_466.019
Worten: daß der Himmel den betrübten Hinterlassenen ppo_466.020
diesen empfindlichen Verlust durch anderweitige Glücksfälle ppo_466.021
reichlich ersetzen möchte!
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Nunmehr ward alles zu meiner Beerdigung veranstaltet. ppo_466.023
Man eilte damit ganz ungewöhnlich, und gab ppo_466.024
Geld über Geld, mich aus dem Hause zu bringen. ppo_466.025
Dieses geschah unter einer ansehnlichen Begleitung.
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Man brachte meinen Körper in die Kirche, mit Beobachtung ppo_466.027
aller der kläglichen Gebräuche, so diejenigen ppo_466.028
verdienen, welche ein rühmliches Ende nehmen und Mittel ppo_466.029
hinterlassen. Zuletzt trat noch ein Redner auf, welchem ppo_466.030
meine Erben in einem versiegelten Päckchen vorher ppo_466.031
alle meine Tugenden begreiflich gemacht hatten. So ppo_466.032
zufrieden ich jederzeit in meinem Leben mit mir selbst ppo_466.033
gewesen bin; so zweifelhaft war ich doch bei dieser Lob- ppo_466.034
und Trauerrede, ob ich es auch wirklich sey, welchen er
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