ppo_443.001 in sich einschließt, unter der Einheit einer vollendeten ppo_443.002 ästhetischen Form. So wie das Gleichniß aus ppo_443.003 einer fortgesetzten und durchgebildeten Vergleichung ppo_443.004 entsteht; so die Parabel aus einem völlig durchgebildeten ppo_443.005 Gleichnisse. Sie trägt den Charakter des ppo_443.006 Epischen, weil sie eine Handlung in den Mittelpunct ppo_443.007 der Darstellung stellt; allein sie ist auch der didactischen ppo_443.008 und lyrischen Dichtkunst nahe verwandt, weil ppo_443.009 sie die Handlung nicht ihrer selbst wegen, wie der ppo_443.010 epische Dichter, sondern als Versinnlichung einer ppo_443.011 Vernunftwahrheit oder eines ewig gültigen Grundsatzes ppo_443.012 der Sittlichkeit, unter der bildlichen Hülle ppo_443.013 darstellt, und weil dieser von der selbstthätigen Einbildungskraft ppo_443.014 bewirkten freien Versinnlichung eine ppo_443.015 hohe Bewegung des Gefühlsvermögens zum Grunde ppo_443.016 liegt, ohne welche die Parabel überhaupt nicht das ppo_443.017 Gepräge der Dichtkunst tragen könnte. Dadurch ppo_443.018 unterscheidet sich denn auch die Parabel wesentlich ppo_443.019 von der Allegorie und der Fabel. Denn die Allegorie ppo_443.020 (Th. 1. S. 461) nennt den eigentlichen Gegenstand, ppo_443.021 der versinnlicht werden soll, nicht selbst, ppo_443.022 sondern läßt ihn unter einem ihm völlig entsprechenden ppo_443.023 Bilde erscheinen; auch ist es nur zufällig, wenn ppo_443.024 die Allegorie eine Vernunftwahrheit oder einen sittlichen ppo_443.025 Grundsatz versinnlicht, weil sie auf gleiche ppo_443.026 Weise auch das Gegenbild von etwas Mythischen, ppo_443.027 Geschichtlichen u. s. w. ästhetisch vollendet aufstellen ppo_443.028 kann. Noch bestimmter unterscheidet sich die Parabel ppo_443.029 von der Fabel (§. 49.), deren eigenthümlicher ppo_443.030 Charakter auf der Versinnlichung menschlicher Handlungen ppo_443.031 und Zustände in dem, der menschlichen Freiheit ppo_443.032 verwandten, Kreise des Jnstinkts beruht.
ppo_443.033
Die Paramythie, von Herder mit diesem ppo_443.034 Namen belegt, und (in s. zerstreuten Blättern)
ppo_443.001 in sich einschließt, unter der Einheit einer vollendeten ppo_443.002 ästhetischen Form. So wie das Gleichniß aus ppo_443.003 einer fortgesetzten und durchgebildeten Vergleichung ppo_443.004 entsteht; so die Parabel aus einem völlig durchgebildeten ppo_443.005 Gleichnisse. Sie trägt den Charakter des ppo_443.006 Epischen, weil sie eine Handlung in den Mittelpunct ppo_443.007 der Darstellung stellt; allein sie ist auch der didactischen ppo_443.008 und lyrischen Dichtkunst nahe verwandt, weil ppo_443.009 sie die Handlung nicht ihrer selbst wegen, wie der ppo_443.010 epische Dichter, sondern als Versinnlichung einer ppo_443.011 Vernunftwahrheit oder eines ewig gültigen Grundsatzes ppo_443.012 der Sittlichkeit, unter der bildlichen Hülle ppo_443.013 darstellt, und weil dieser von der selbstthätigen Einbildungskraft ppo_443.014 bewirkten freien Versinnlichung eine ppo_443.015 hohe Bewegung des Gefühlsvermögens zum Grunde ppo_443.016 liegt, ohne welche die Parabel überhaupt nicht das ppo_443.017 Gepräge der Dichtkunst tragen könnte. Dadurch ppo_443.018 unterscheidet sich denn auch die Parabel wesentlich ppo_443.019 von der Allegorie und der Fabel. Denn die Allegorie ppo_443.020 (Th. 1. S. 461) nennt den eigentlichen Gegenstand, ppo_443.021 der versinnlicht werden soll, nicht selbst, ppo_443.022 sondern läßt ihn unter einem ihm völlig entsprechenden ppo_443.023 Bilde erscheinen; auch ist es nur zufällig, wenn ppo_443.024 die Allegorie eine Vernunftwahrheit oder einen sittlichen ppo_443.025 Grundsatz versinnlicht, weil sie auf gleiche ppo_443.026 Weise auch das Gegenbild von etwas Mythischen, ppo_443.027 Geschichtlichen u. s. w. ästhetisch vollendet aufstellen ppo_443.028 kann. Noch bestimmter unterscheidet sich die Parabel ppo_443.029 von der Fabel (§. 49.), deren eigenthümlicher ppo_443.030 Charakter auf der Versinnlichung menschlicher Handlungen ppo_443.031 und Zustände in dem, der menschlichen Freiheit ppo_443.032 verwandten, Kreise des Jnstinkts beruht.
ppo_443.033
Die Paramythie, von Herder mit diesem ppo_443.034 Namen belegt, und (in s. zerstreuten Blättern)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0455"n="443"/><lbn="ppo_443.001"/>in sich einschließt, unter der Einheit einer vollendeten <lbn="ppo_443.002"/>ästhetischen Form. So wie das Gleichniß aus <lbn="ppo_443.003"/>einer fortgesetzten und durchgebildeten Vergleichung <lbn="ppo_443.004"/>entsteht; so die Parabel aus einem völlig durchgebildeten <lbn="ppo_443.005"/>Gleichnisse. Sie trägt den Charakter des <lbn="ppo_443.006"/>Epischen, weil sie eine Handlung in den Mittelpunct <lbn="ppo_443.007"/>der Darstellung stellt; allein sie ist auch der didactischen <lbn="ppo_443.008"/>und lyrischen Dichtkunst nahe verwandt, weil <lbn="ppo_443.009"/>sie die Handlung nicht ihrer selbst wegen, wie der <lbn="ppo_443.010"/>epische Dichter, sondern als Versinnlichung einer <lbn="ppo_443.011"/>Vernunftwahrheit oder eines ewig gültigen Grundsatzes <lbn="ppo_443.012"/>der Sittlichkeit, unter der bildlichen Hülle <lbn="ppo_443.013"/>darstellt, und weil dieser von der selbstthätigen Einbildungskraft <lbn="ppo_443.014"/>bewirkten freien Versinnlichung eine <lbn="ppo_443.015"/>hohe Bewegung des Gefühlsvermögens zum Grunde <lbn="ppo_443.016"/>liegt, ohne welche die Parabel überhaupt nicht das <lbn="ppo_443.017"/>Gepräge der Dichtkunst tragen könnte. Dadurch <lbn="ppo_443.018"/>unterscheidet sich denn auch die Parabel wesentlich <lbn="ppo_443.019"/>von der Allegorie und der Fabel. Denn die Allegorie <lbn="ppo_443.020"/>(Th. 1. S. 461) nennt den eigentlichen Gegenstand, <lbn="ppo_443.021"/>der versinnlicht werden soll, nicht selbst, <lbn="ppo_443.022"/>sondern läßt ihn unter einem ihm völlig entsprechenden <lbn="ppo_443.023"/>Bilde erscheinen; auch ist es nur zufällig, wenn <lbn="ppo_443.024"/>die Allegorie eine Vernunftwahrheit oder einen sittlichen <lbn="ppo_443.025"/>Grundsatz versinnlicht, weil sie auf gleiche <lbn="ppo_443.026"/>Weise auch das Gegenbild von etwas Mythischen, <lbn="ppo_443.027"/>Geschichtlichen u. s. w. ästhetisch vollendet aufstellen <lbn="ppo_443.028"/>kann. Noch bestimmter unterscheidet sich die Parabel <lbn="ppo_443.029"/>von der Fabel (§. 49.), deren eigenthümlicher <lbn="ppo_443.030"/>Charakter auf der Versinnlichung menschlicher Handlungen <lbn="ppo_443.031"/>und Zustände in dem, der menschlichen Freiheit <lbn="ppo_443.032"/>verwandten, Kreise des Jnstinkts beruht.</p><lbn="ppo_443.033"/><p> Die <hirendition="#g">Paramythie,</hi> von <hirendition="#g">Herder</hi> mit diesem <lbn="ppo_443.034"/>Namen belegt, und (in s. <hirendition="#g">zerstreuten Blättern</hi>)
</p></div></div></body></text></TEI>
[443/0455]
ppo_443.001
in sich einschließt, unter der Einheit einer vollendeten ppo_443.002
ästhetischen Form. So wie das Gleichniß aus ppo_443.003
einer fortgesetzten und durchgebildeten Vergleichung ppo_443.004
entsteht; so die Parabel aus einem völlig durchgebildeten ppo_443.005
Gleichnisse. Sie trägt den Charakter des ppo_443.006
Epischen, weil sie eine Handlung in den Mittelpunct ppo_443.007
der Darstellung stellt; allein sie ist auch der didactischen ppo_443.008
und lyrischen Dichtkunst nahe verwandt, weil ppo_443.009
sie die Handlung nicht ihrer selbst wegen, wie der ppo_443.010
epische Dichter, sondern als Versinnlichung einer ppo_443.011
Vernunftwahrheit oder eines ewig gültigen Grundsatzes ppo_443.012
der Sittlichkeit, unter der bildlichen Hülle ppo_443.013
darstellt, und weil dieser von der selbstthätigen Einbildungskraft ppo_443.014
bewirkten freien Versinnlichung eine ppo_443.015
hohe Bewegung des Gefühlsvermögens zum Grunde ppo_443.016
liegt, ohne welche die Parabel überhaupt nicht das ppo_443.017
Gepräge der Dichtkunst tragen könnte. Dadurch ppo_443.018
unterscheidet sich denn auch die Parabel wesentlich ppo_443.019
von der Allegorie und der Fabel. Denn die Allegorie ppo_443.020
(Th. 1. S. 461) nennt den eigentlichen Gegenstand, ppo_443.021
der versinnlicht werden soll, nicht selbst, ppo_443.022
sondern läßt ihn unter einem ihm völlig entsprechenden ppo_443.023
Bilde erscheinen; auch ist es nur zufällig, wenn ppo_443.024
die Allegorie eine Vernunftwahrheit oder einen sittlichen ppo_443.025
Grundsatz versinnlicht, weil sie auf gleiche ppo_443.026
Weise auch das Gegenbild von etwas Mythischen, ppo_443.027
Geschichtlichen u. s. w. ästhetisch vollendet aufstellen ppo_443.028
kann. Noch bestimmter unterscheidet sich die Parabel ppo_443.029
von der Fabel (§. 49.), deren eigenthümlicher ppo_443.030
Charakter auf der Versinnlichung menschlicher Handlungen ppo_443.031
und Zustände in dem, der menschlichen Freiheit ppo_443.032
verwandten, Kreise des Jnstinkts beruht.
ppo_443.033
Die Paramythie, von Herder mit diesem ppo_443.034
Namen belegt, und (in s. zerstreuten Blättern)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/455>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.