Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_033.001 4) Der Charakter der dramatischen Dichtkunst ppo_033.002 5) Endlich giebt es gewisse dichterische Kunstwerke, ppo_033.014 ppo_033.001 4) Der Charakter der dramatischen Dichtkunst ppo_033.002 5) Endlich giebt es gewisse dichterische Kunstwerke, ppo_033.014 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0045" n="33"/> <lb n="ppo_033.001"/> <p> <hi rendition="#et">4) Der Charakter der <hi rendition="#g">dramatischen</hi> Dichtkunst <lb n="ppo_033.002"/>besteht darin, daß der Zusammenhang der freien <lb n="ppo_033.003"/>menschlichen Thätigkeit, vermittelst der ästhetischen <lb n="ppo_033.004"/>Form, <hi rendition="#g">durch die dargestellten handelnden <lb n="ppo_033.005"/>Personen selbst</hi> (ohne Wahrnehmung <lb n="ppo_033.006"/>der Jndividualität des Dichters) vor <lb n="ppo_033.007"/>unsrer Anschauung erscheint. Doch ist es <lb n="ppo_033.008"/>Grundbedingung bei allen Formen der dramatischen <lb n="ppo_033.009"/>Dichtkunst, daß das Wesen jedes einzelnen <lb n="ppo_033.010"/>dramatischen Kunstwerkes <hi rendition="#g">nur durch <lb n="ppo_033.011"/>die künstlerische Darstellung desselben <lb n="ppo_033.012"/>auf der Bühne</hi> erschöpft und vollendet werde.</hi> </p> <lb n="ppo_033.013"/> <p> <hi rendition="#et">5) Endlich giebt es gewisse dichterische Kunstwerke, <lb n="ppo_033.014"/>deren Charakter zwar bald der einen, <lb n="ppo_033.015"/>bald der andern der vier aufgestellten Hauptklassen <lb n="ppo_033.016"/>dichterischer Formen sich nähert, bald <lb n="ppo_033.017"/>aber auch aus dem Verschmelzen der Eigenthümlichkeit <lb n="ppo_033.018"/>mehrerer Klassen hervorgehet. Wenn <lb n="ppo_033.019"/>denn nun auch in dem ersten Falle das <hi rendition="#g">einzelne</hi> <lb n="ppo_033.020"/>Gedicht bisweilen unter eine der vier <lb n="ppo_033.021"/>aufgestellten Klassen gebracht werden könnte; <lb n="ppo_033.022"/>so wäre dies in dem zweiten Falle ohne Zwang <lb n="ppo_033.023"/>nicht möglich, und bald würde die einzelne <lb n="ppo_033.024"/>poetische Epistel, die einzelne Jdylle u. s. w. <lb n="ppo_033.025"/>zur lyrischen, bald zur epischen Dichtungsart <lb n="ppo_033.026"/>gehören. Es ist daher zweckmäßiger, weil die <lb n="ppo_033.027"/>schöpferische Thätigkeit der Einbildungskraft <lb n="ppo_033.028"/>nicht nach den in der Theorie aufgestellten Klassen <lb n="ppo_033.029"/>von Dichtungsarten sich richtet, diese Dichtungsarten <lb n="ppo_033.030"/>vielmehr nach der Wirksamkeit der <lb n="ppo_033.031"/>Einbildungskraft aufgestellt und geordnet werden <lb n="ppo_033.032"/>müssen, jene gemischten Formen der Dichtkunst <lb n="ppo_033.033"/>in einer besondern <hi rendition="#g">Ergänzungsklasse</hi> <lb n="ppo_033.034"/>aufzuführen.</hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0045]
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4) Der Charakter der dramatischen Dichtkunst ppo_033.002
besteht darin, daß der Zusammenhang der freien ppo_033.003
menschlichen Thätigkeit, vermittelst der ästhetischen ppo_033.004
Form, durch die dargestellten handelnden ppo_033.005
Personen selbst (ohne Wahrnehmung ppo_033.006
der Jndividualität des Dichters) vor ppo_033.007
unsrer Anschauung erscheint. Doch ist es ppo_033.008
Grundbedingung bei allen Formen der dramatischen ppo_033.009
Dichtkunst, daß das Wesen jedes einzelnen ppo_033.010
dramatischen Kunstwerkes nur durch ppo_033.011
die künstlerische Darstellung desselben ppo_033.012
auf der Bühne erschöpft und vollendet werde.
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5) Endlich giebt es gewisse dichterische Kunstwerke, ppo_033.014
deren Charakter zwar bald der einen, ppo_033.015
bald der andern der vier aufgestellten Hauptklassen ppo_033.016
dichterischer Formen sich nähert, bald ppo_033.017
aber auch aus dem Verschmelzen der Eigenthümlichkeit ppo_033.018
mehrerer Klassen hervorgehet. Wenn ppo_033.019
denn nun auch in dem ersten Falle das einzelne ppo_033.020
Gedicht bisweilen unter eine der vier ppo_033.021
aufgestellten Klassen gebracht werden könnte; ppo_033.022
so wäre dies in dem zweiten Falle ohne Zwang ppo_033.023
nicht möglich, und bald würde die einzelne ppo_033.024
poetische Epistel, die einzelne Jdylle u. s. w. ppo_033.025
zur lyrischen, bald zur epischen Dichtungsart ppo_033.026
gehören. Es ist daher zweckmäßiger, weil die ppo_033.027
schöpferische Thätigkeit der Einbildungskraft ppo_033.028
nicht nach den in der Theorie aufgestellten Klassen ppo_033.029
von Dichtungsarten sich richtet, diese Dichtungsarten ppo_033.030
vielmehr nach der Wirksamkeit der ppo_033.031
Einbildungskraft aufgestellt und geordnet werden ppo_033.032
müssen, jene gemischten Formen der Dichtkunst ppo_033.033
in einer besondern Ergänzungsklasse ppo_033.034
aufzuführen.
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