Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_028.001 ppo_028.010 ppo_028.01210. ppo_028.011 Fortsetzung. Ueber den Reim. Der Reim, als geschichtliche Erscheinung, ist ppo_028.013 ppo_028.001 ppo_028.010 ppo_028.01210. ppo_028.011 Fortsetzung. Ueber den Reim. Der Reim, als geschichtliche Erscheinung, ist ppo_028.013 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/><lb n="ppo_028.001"/>und das Kurze nachtönt (<hi rendition="#g">Trochäus</hi>); zum <hi rendition="#g">Sprunge,</hi> <lb n="ppo_028.002"/>wenn das Kurze vorangeht und das Lange nachtönt <lb n="ppo_028.003"/>(<hi rendition="#g">Jambus</hi>). Selbst zwei lange Sylben neigen <lb n="ppo_028.004"/>sich, wegen ihrer Langsamkeit, mehr zum Falle, <lb n="ppo_028.005"/>als zum Sprunge (<hi rendition="#g">Spondeus</hi>); zwei kurze Sylben <lb n="ppo_028.006"/>hingegen neigen sich, ihrer Schnelligkeit wegen, <lb n="ppo_028.007"/>mehr zum Sprunge, als zum Falle (<hi rendition="#g">Pyrrhichius</hi>), <lb n="ppo_028.008"/>ob sie gleich in Hinsicht ihrer Dauer völlig <lb n="ppo_028.009"/>gleich sind.</p> </div> <div n="2"> <head> <lb n="ppo_028.010"/> <hi rendition="#c">10. <lb n="ppo_028.011"/><hi rendition="#g">Fortsetzung. Ueber den Reim.</hi></hi> </head> <lb n="ppo_028.012"/> <p> Der Reim, als geschichtliche Erscheinung, ist <lb n="ppo_028.013"/>ein ausschließendes Eigenthum der jüngern abendländischen <lb n="ppo_028.014"/>Sprachen, die sämmtlich accentuirte Sprachen <lb n="ppo_028.015"/>sind. Diese Sprachen bedurften eines Ersatzes <lb n="ppo_028.016"/>für den ihnen ursprünglich fehlenden quantitativen <lb n="ppo_028.017"/>Rhythmus, und dieser Ersatz liegt in dem <lb n="ppo_028.018"/>Reime. Da aber der Accent die <hi rendition="#g">Bedeutung</hi> der <lb n="ppo_028.019"/>Begriffe und Jdeen bezeichnet; so würde man bei <lb n="ppo_028.020"/>der Begriffsbestimmung des Reimes nicht ausreichen, <lb n="ppo_028.021"/>wenn man ihn blos in dem Gleichklange <lb n="ppo_028.022"/>zweier Sylben am Ende zweier Verse suchen wollte. <lb n="ppo_028.023"/>Mit diesem <hi rendition="#g">Formellen</hi> des Reims muß vielmehr <lb n="ppo_028.024"/>etwas <hi rendition="#g">Materielles,</hi> das von den dichterisch dargestellten <lb n="ppo_028.025"/>Vorstellungen abhängt, die in dem Gleichklange <lb n="ppo_028.026"/>des Reims verbunden werden, vereiniget seyn; <lb n="ppo_028.027"/>neben seiner <hi rendition="#g">äußern</hi> Natur muß ihm auch noch <lb n="ppo_028.028"/>eine <hi rendition="#g">innere</hi> zukommen. Das <hi rendition="#g">Wesen</hi> des Reimes <lb n="ppo_028.029"/>besteht daher darin: eine Reihe von Vorstellungen <lb n="ppo_028.030"/>so zu ordnen, daß, mit Festhaltung gewisser <lb n="ppo_028.031"/>Ruhepuncte, bestimmte Sylbenreihen mit solchen <lb n="ppo_028.032"/>Vorstellungen schließen, die im wörtlichen Ausdrucke </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
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und das Kurze nachtönt (Trochäus); zum Sprunge, ppo_028.002
wenn das Kurze vorangeht und das Lange nachtönt ppo_028.003
(Jambus). Selbst zwei lange Sylben neigen ppo_028.004
sich, wegen ihrer Langsamkeit, mehr zum Falle, ppo_028.005
als zum Sprunge (Spondeus); zwei kurze Sylben ppo_028.006
hingegen neigen sich, ihrer Schnelligkeit wegen, ppo_028.007
mehr zum Sprunge, als zum Falle (Pyrrhichius), ppo_028.008
ob sie gleich in Hinsicht ihrer Dauer völlig ppo_028.009
gleich sind.
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Fortsetzung. Ueber den Reim. ppo_028.012
Der Reim, als geschichtliche Erscheinung, ist ppo_028.013
ein ausschließendes Eigenthum der jüngern abendländischen ppo_028.014
Sprachen, die sämmtlich accentuirte Sprachen ppo_028.015
sind. Diese Sprachen bedurften eines Ersatzes ppo_028.016
für den ihnen ursprünglich fehlenden quantitativen ppo_028.017
Rhythmus, und dieser Ersatz liegt in dem ppo_028.018
Reime. Da aber der Accent die Bedeutung der ppo_028.019
Begriffe und Jdeen bezeichnet; so würde man bei ppo_028.020
der Begriffsbestimmung des Reimes nicht ausreichen, ppo_028.021
wenn man ihn blos in dem Gleichklange ppo_028.022
zweier Sylben am Ende zweier Verse suchen wollte. ppo_028.023
Mit diesem Formellen des Reims muß vielmehr ppo_028.024
etwas Materielles, das von den dichterisch dargestellten ppo_028.025
Vorstellungen abhängt, die in dem Gleichklange ppo_028.026
des Reims verbunden werden, vereiniget seyn; ppo_028.027
neben seiner äußern Natur muß ihm auch noch ppo_028.028
eine innere zukommen. Das Wesen des Reimes ppo_028.029
besteht daher darin: eine Reihe von Vorstellungen ppo_028.030
so zu ordnen, daß, mit Festhaltung gewisser ppo_028.031
Ruhepuncte, bestimmte Sylbenreihen mit solchen ppo_028.032
Vorstellungen schließen, die im wörtlichen Ausdrucke
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