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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Spiegel vorhält, und die tausendfachen Formen derselben ppo_375.002
mit heilsamem Spotte beschämt. Was sie ppo_375.003
oben durch Rührung und Schrecken wirkte, leistet ppo_375.004
sie hier durch Scherz und Satyre. Die Schaubühne ppo_375.005
allein kann unsre Schwächen belachen, weil ppo_375.006
sie unsre Empfindlichkeit schont, und den schuldigen ppo_375.007
Thoren nicht wissen will. Ohne roth zu werden, ppo_375.008
sehen wir unsre Larve aus ihrem Spiegel fallen, ppo_375.009
und danken im Geheimen für die sanfte Ermahnung. ppo_375.010
-- Aber ihr großer Wirkungskreis ist noch lange ppo_375.011
nicht geendigt. Die Schaubühne ist mehr, als jede ppo_375.012
andere öffentliche Anstalt des Staates, eine Schule ppo_375.013
der practischen Weisheit, ein Wegweiser durch das ppo_375.014
bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den ppo_375.015
geheimsten Zugängen der menschlichen Seele. Jch ppo_375.016
gebe zu, daß Eigenliebe und Abhärtung des Gewissens ppo_375.017
nicht selten ihre beste Wirkung vernichten, daß ppo_375.018
sich noch tausend Laster mit frecher Stirne vor ihrem ppo_375.019
Spiegel behaupten; aber wenn wir auch diese ppo_375.020
große Wirkung der Schaubühne einschränken, -- ppo_375.021
wie unendlich viel bleibt noch von ihrem Einflusse ppo_375.022
zurück? Wenn sie die Summe der Laster weder ppo_375.023
tilgt noch vermindert; hat sie uns nicht mit denselben ppo_375.024
bekannt gemacht? Mit diesen Lasterhaften, diesen ppo_375.025
Thoren müssen wir leben. Wir müssen ihnen ppo_375.026
ausweichen, oder begegnen; wir müssen sie untergraben, ppo_375.027
oder ihnen unterliegen. Jetzt aber überraschen ppo_375.028
sie uns nicht mehr. Die Schaubühne hat uns das ppo_375.029
Geheimniß verrathen, sie ausfindig und unschädlich ppo_375.030
zu machen. -- Zugleich ist die Schaubühne der ppo_375.031
gemeinschaftliche Kanal, in welchen von dem denkenden ppo_375.032
bessern Theile des Volkes das Licht der Weisheit ppo_375.033
herunterströmt, und von da aus in mildern ppo_375.034
Stralen durch den ganzen Staat sich verbreitet.

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/387>, abgerufen am 24.11.2024.