Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_342.001 Doch ward hernach das Lob der Schöne, ppo_342.002 ppo_342.003Ob ihrer Reu' und Buße, nicht gespart. Nun, fuhr der Redner zu den Damen, ppo_342.004 ppo_342.021Die vor ihm saßen, eifernd fort: ppo_342.005 Wie viel sind unter Euch, die mehr an diesen Ort ppo_342.006 Sich zu belustigen, als zu erbauen, kamen! ppo_342.007 O, sonderlich ist Eine unter Euch, ppo_342.008 Bei der hilft weder Drohn noch Bitten; ppo_342.009 An unverschämten lüderlichen Sitten ppo_342.010 Bleibt sie vielmehr sich immer gleich. ppo_342.011 Wie heilig hat sie alle Jahr ppo_342.012 Jm Beichtstuhl Besserung versprochen! ppo_342.013 Allein wie bald ward dies Gelübd' gebrochen! ppo_342.014 Und da sich ihre Frechheit immerdar ppo_342.015 Noch gar vermehrt: wer kann uns übel nehmen, ppo_342.016 Wenn endlich wir sie öffentlich beschämen? ppo_342.017 Denn, sagt die Bibel, wenn dein Bruder fehlt, ppo_342.018 Erinnr' ihn ein= auch zweimal dran; ppo_342.019 Doch wenn er dann den Weg der Besserung nicht wählt, ppo_342.020 So zeig's nach Pflicht der Kirche an. Das will auch ich jetzt thun. Es ist -- es ist -- ppo_342.022
Was meint ihr? Soll ich namentlich sie nennen? ppo_342.023 Jch sollte billig wohl; doch wißt -- ppo_342.024 Allein, warum nicht? Gut, ihr sollt sie kennen! ppo_342.025 Vielleicht bringt dies zu ihrer Pflicht ppo_342.026 Sie noch zurück, so leid mir's thut, sie zu beschämen. ppo_342.027 Es ist -- doch ohne Makel könnt' ich nicht ppo_342.028 Den Namen nur einmal auf meine Zunge nehmen. ppo_342.029 Jch will sie denn auf andre Art der Welt ppo_342.030 Kund machen, und einmal an ihr das Strafamt schärfen. ppo_342.031 Dort sitzt sie! Wie sie sich nicht stellt! ppo_342.032 Jetzt werd' ich mein Gebetbuch nach ihr werfen; ppo_342.033 Gebt Acht! gebt Acht! auf welch' es fällt! -- ppo_342.001 Doch ward hernach das Lob der Schöne, ppo_342.002 ppo_342.003Ob ihrer Reu' und Buße, nicht gespart. Nun, fuhr der Redner zu den Damen, ppo_342.004 ppo_342.021Die vor ihm saßen, eifernd fort: ppo_342.005 Wie viel sind unter Euch, die mehr an diesen Ort ppo_342.006 Sich zu belustigen, als zu erbauen, kamen! ppo_342.007 O, sonderlich ist Eine unter Euch, ppo_342.008 Bei der hilft weder Drohn noch Bitten; ppo_342.009 An unverschämten lüderlichen Sitten ppo_342.010 Bleibt sie vielmehr sich immer gleich. ppo_342.011 Wie heilig hat sie alle Jahr ppo_342.012 Jm Beichtstuhl Besserung versprochen! ppo_342.013 Allein wie bald ward dies Gelübd' gebrochen! ppo_342.014 Und da sich ihre Frechheit immerdar ppo_342.015 Noch gar vermehrt: wer kann uns übel nehmen, ppo_342.016 Wenn endlich wir sie öffentlich beschämen? ppo_342.017 Denn, sagt die Bibel, wenn dein Bruder fehlt, ppo_342.018 Erinnr' ihn ein= auch zweimal dran; ppo_342.019 Doch wenn er dann den Weg der Besserung nicht wählt, ppo_342.020 So zeig's nach Pflicht der Kirche an. Das will auch ich jetzt thun. Es ist — es ist — ppo_342.022
Was meint ihr? Soll ich namentlich sie nennen? ppo_342.023 Jch sollte billig wohl; doch wißt — ppo_342.024 Allein, warum nicht? Gut, ihr sollt sie kennen! ppo_342.025 Vielleicht bringt dies zu ihrer Pflicht ppo_342.026 Sie noch zurück, so leid mir's thut, sie zu beschämen. ppo_342.027 Es ist — doch ohne Makel könnt' ich nicht ppo_342.028 Den Namen nur einmal auf meine Zunge nehmen. ppo_342.029 Jch will sie denn auf andre Art der Welt ppo_342.030 Kund machen, und einmal an ihr das Strafamt schärfen. ppo_342.031 Dort sitzt sie! Wie sie sich nicht stellt! ppo_342.032 Jetzt werd' ich mein Gebetbuch nach ihr werfen; ppo_342.033 Gebt Acht! gebt Acht! auf welch' es fällt! — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0354" n="342"/> <lb n="ppo_342.001"/> <lg> <l>Doch ward hernach das Lob der Schöne,</l> <lb n="ppo_342.002"/> <l>Ob ihrer Reu' und Buße, nicht gespart. </l> </lg> <lb n="ppo_342.003"/> <lg> <l> Nun, fuhr der Redner zu den Damen,</l> <lb n="ppo_342.004"/> <l>Die vor ihm saßen, eifernd fort:</l> <lb n="ppo_342.005"/> <l>Wie viel sind unter Euch, die mehr an diesen Ort</l> <lb n="ppo_342.006"/> <l>Sich zu belustigen, als zu erbauen, kamen!</l> <lb n="ppo_342.007"/> <l>O, sonderlich ist Eine unter Euch,</l> <lb n="ppo_342.008"/> <l>Bei der hilft weder Drohn noch Bitten;</l> <lb n="ppo_342.009"/> <l>An unverschämten lüderlichen Sitten</l> <lb n="ppo_342.010"/> <l>Bleibt sie vielmehr sich immer gleich.</l> <lb n="ppo_342.011"/> <l>Wie heilig hat sie alle Jahr</l> <lb n="ppo_342.012"/> <l>Jm Beichtstuhl Besserung versprochen!</l> <lb n="ppo_342.013"/> <l>Allein wie bald ward dies Gelübd' gebrochen!</l> <lb n="ppo_342.014"/> <l>Und da sich ihre Frechheit immerdar</l> <lb n="ppo_342.015"/> <l>Noch gar vermehrt: wer kann uns übel nehmen,</l> <lb n="ppo_342.016"/> <l>Wenn endlich wir sie öffentlich beschämen?</l> <lb n="ppo_342.017"/> <l>Denn, sagt die Bibel, wenn dein Bruder fehlt,</l> <lb n="ppo_342.018"/> <l>Erinnr' ihn ein= auch zweimal dran;</l> <lb n="ppo_342.019"/> <l>Doch wenn er dann den Weg der Besserung nicht wählt,</l> <lb n="ppo_342.020"/> <l>So zeig's nach Pflicht der Kirche an. </l> </lg> <lb n="ppo_342.021"/> <lg> <l> Das will auch ich jetzt thun. Es ist — es ist —</l> <lb n="ppo_342.022"/> <l>Was meint ihr? Soll ich namentlich sie nennen?</l> <lb n="ppo_342.023"/> <l>Jch sollte billig wohl; doch wißt —</l> <lb n="ppo_342.024"/> <l>Allein, warum nicht? Gut, ihr sollt sie kennen!</l> <lb n="ppo_342.025"/> <l>Vielleicht bringt dies zu ihrer Pflicht</l> <lb n="ppo_342.026"/> <l>Sie noch zurück, so leid mir's thut, sie zu beschämen.</l> <lb n="ppo_342.027"/> <l>Es ist — doch ohne Makel könnt' ich nicht</l> <lb n="ppo_342.028"/> <l>Den Namen nur einmal auf meine Zunge nehmen.</l> <lb n="ppo_342.029"/> <l>Jch will sie denn auf andre Art der Welt</l> <lb n="ppo_342.030"/> <l>Kund machen, und einmal an ihr das Strafamt schärfen.</l> <lb n="ppo_342.031"/> <l>Dort sitzt sie! Wie sie sich nicht stellt!</l> <lb n="ppo_342.032"/> <l>Jetzt werd' ich mein Gebetbuch nach ihr werfen;</l> <lb n="ppo_342.033"/> <l>Gebt Acht! gebt Acht! auf welch' es fällt! —</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [342/0354]
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/354>, abgerufen am 16.07.2024. |