Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_281.001 Giftschwang're Nebel aus den See'n ppo_281.002
Und aus dem Bauch der Erde sich erheben, ppo_281.003 Und von den finstern Wolkenhöhn ppo_281.004 Mit starren Fittigen Orkane niederwehn; ppo_281.005 So sah man jetzt in dem verwaisten Staate ppo_281.006 Des Schicksals friedliche Gestirne untergehn ppo_281.007 Und Wetterwolken schwarz sich über ihm erhöhn. ppo_281.008 Verwirrung regte sich; der kühne Aufruhr nahte ppo_281.009 Dem unbewachten Königsthron; ppo_281.010 Die Zwietracht hob ihr Haupt, mit ihr Rebellion ppo_281.011 Und Elend bürgerlicher Kriege. ppo_281.012 Nur Einer blieb noch seinem König treu, ppo_281.013 Und war bereit, selbst Blut und Leben ppo_281.014 Mit Freuden für ihn hinzugeben. ppo_281.015 Und diesen kühnen Mann, der den gewagten Streit ppo_281.016 Für Richard oft beging, wer sucht' ihn in dem Stande ppo_281.017 Der Jünger Ossians, im friedlichen Gewande ppo_281.018 Der frohen Schaar, der Scherz und Freude nur gefiel? ppo_281.019 Ein Sänger war es, Blondel nannte ppo_281.020 Er sich. Schon früh entbrannte ppo_281.021 Sein edles Herz beim frohen Saitenspiel ppo_281.022 Für Tugend, Freundschaft und der Liebe Hochgefühl; ppo_281.023 Früh wählt' er schon, bestimmt von höherm Drang, das ppo_281.024 Ziel ppo_281.025 Der edlen, hohen Kunst, zu der er sich bekannte, ppo_281.026 Die Fürsten selbst geübt -- das ehrenvolle Ziel: ppo_281.027 Ein Sänger unschuldsvoller Triebe, ppo_281.028 Erhab'ner Freundschaft, reiner Liebe, ppo_281.029 Der Fürsten Günstling und der Schönen Freund zu seyn. ppo_281.030 Jhn weihte Rollo selbst zu dieser Würde ein, ppo_281.031 Und England sah die ersten Früchte ppo_281.032 Von diesem früh genährten Drang. ppo_281.033 Er zeigte sich im schönsten Jugendlichte ppo_281.034 Am königlichen Hof. Sein göttlicher Gesang, ppo_281.001 Giftschwang're Nebel aus den See'n ppo_281.002
Und aus dem Bauch der Erde sich erheben, ppo_281.003 Und von den finstern Wolkenhöhn ppo_281.004 Mit starren Fittigen Orkane niederwehn; ppo_281.005 So sah man jetzt in dem verwaisten Staate ppo_281.006 Des Schicksals friedliche Gestirne untergehn ppo_281.007 Und Wetterwolken schwarz sich über ihm erhöhn. ppo_281.008 Verwirrung regte sich; der kühne Aufruhr nahte ppo_281.009 Dem unbewachten Königsthron; ppo_281.010 Die Zwietracht hob ihr Haupt, mit ihr Rebellion ppo_281.011 Und Elend bürgerlicher Kriege. ppo_281.012 Nur Einer blieb noch seinem König treu, ppo_281.013 Und war bereit, selbst Blut und Leben ppo_281.014 Mit Freuden für ihn hinzugeben. ppo_281.015 Und diesen kühnen Mann, der den gewagten Streit ppo_281.016 Für Richard oft beging, wer sucht' ihn in dem Stande ppo_281.017 Der Jünger Ossians, im friedlichen Gewande ppo_281.018 Der frohen Schaar, der Scherz und Freude nur gefiel? ppo_281.019 Ein Sänger war es, Blondel nannte ppo_281.020 Er sich. Schon früh entbrannte ppo_281.021 Sein edles Herz beim frohen Saitenspiel ppo_281.022 Für Tugend, Freundschaft und der Liebe Hochgefühl; ppo_281.023 Früh wählt' er schon, bestimmt von höherm Drang, das ppo_281.024 Ziel ppo_281.025 Der edlen, hohen Kunst, zu der er sich bekannte, ppo_281.026 Die Fürsten selbst geübt — das ehrenvolle Ziel: ppo_281.027 Ein Sänger unschuldsvoller Triebe, ppo_281.028 Erhab'ner Freundschaft, reiner Liebe, ppo_281.029 Der Fürsten Günstling und der Schönen Freund zu seyn. ppo_281.030 Jhn weihte Rollo selbst zu dieser Würde ein, ppo_281.031 Und England sah die ersten Früchte ppo_281.032 Von diesem früh genährten Drang. ppo_281.033 Er zeigte sich im schönsten Jugendlichte ppo_281.034 Am königlichen Hof. Sein göttlicher Gesang, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0293" n="281"/> <lb n="ppo_281.001"/> <lg> <l>Giftschwang're Nebel aus den See'n</l> <lb n="ppo_281.002"/> <l>Und aus dem Bauch der Erde sich erheben,</l> <lb n="ppo_281.003"/> <l>Und von den finstern Wolkenhöhn</l> <lb n="ppo_281.004"/> <l>Mit starren Fittigen Orkane niederwehn;</l> <lb n="ppo_281.005"/> <l>So sah man jetzt in dem verwaisten Staate</l> <lb n="ppo_281.006"/> <l>Des Schicksals friedliche Gestirne untergehn</l> <lb n="ppo_281.007"/> <l>Und Wetterwolken schwarz sich über ihm erhöhn.</l> <lb n="ppo_281.008"/> <l>Verwirrung regte sich; der kühne Aufruhr nahte</l> <lb n="ppo_281.009"/> <l>Dem unbewachten Königsthron;</l> <lb n="ppo_281.010"/> <l>Die Zwietracht hob ihr Haupt, mit ihr Rebellion</l> <lb n="ppo_281.011"/> <l>Und Elend bürgerlicher Kriege.</l> <lb n="ppo_281.012"/> <l> Nur Einer blieb noch seinem König treu,</l> <lb n="ppo_281.013"/> <l>Und war bereit, selbst Blut und Leben</l> <lb n="ppo_281.014"/> <l>Mit Freuden für ihn hinzugeben.</l> <lb n="ppo_281.015"/> <l>Und diesen kühnen Mann, der den gewagten Streit</l> <lb n="ppo_281.016"/> <l>Für Richard oft beging, wer sucht' ihn in dem Stande</l> <lb n="ppo_281.017"/> <l>Der Jünger Ossians, im friedlichen Gewande</l> <lb n="ppo_281.018"/> <l>Der frohen Schaar, der Scherz und Freude nur gefiel?</l> <lb n="ppo_281.019"/> <l>Ein Sänger war es, Blondel nannte</l> <lb n="ppo_281.020"/> <l>Er sich. Schon früh entbrannte</l> <lb n="ppo_281.021"/> <l>Sein edles Herz beim frohen Saitenspiel</l> <lb n="ppo_281.022"/> <l>Für Tugend, Freundschaft und der Liebe Hochgefühl;</l> <lb n="ppo_281.023"/> <l>Früh wählt' er schon, bestimmt von höherm Drang, das</l> <lb n="ppo_281.024"/> <l> <hi rendition="#right">Ziel</hi> </l> <lb n="ppo_281.025"/> <l>Der edlen, hohen Kunst, zu der er sich bekannte,</l> <lb n="ppo_281.026"/> <l>Die Fürsten selbst geübt — das ehrenvolle Ziel:</l> <lb n="ppo_281.027"/> <l>Ein Sänger unschuldsvoller Triebe,</l> <lb n="ppo_281.028"/> <l>Erhab'ner Freundschaft, reiner Liebe,</l> <lb n="ppo_281.029"/> <l>Der Fürsten Günstling und der Schönen Freund zu seyn.</l> <lb n="ppo_281.030"/> <l>Jhn weihte <hi rendition="#g">Rollo</hi> selbst zu dieser Würde ein,</l> <lb n="ppo_281.031"/> <l>Und England sah die ersten Früchte</l> <lb n="ppo_281.032"/> <l>Von diesem früh genährten Drang.</l> <lb n="ppo_281.033"/> <l> Er zeigte sich im schönsten Jugendlichte</l> <lb n="ppo_281.034"/> <l>Am königlichen Hof. Sein göttlicher Gesang,</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [281/0293]
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Giftschwang're Nebel aus den See'n ppo_281.002
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Am königlichen Hof. Sein göttlicher Gesang,
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/293>, abgerufen am 16.07.2024. |