Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

ppo_254.001
der unbelebten und der thierischen Organisationen, ppo_254.002
wie aufwärts aus den Kreisen der übersinnlichen ppo_254.003
Welt entlehnen, und beide Kreise mit dem ppo_254.004
unmittelbaren Kreise der menschlichen Freiheit in ppo_254.005
Verbindung und Wechselwirkung bringen kann, ppo_254.006
doch jedesmal nach einem festbestimmten ppo_254.007
Verhältnisse beider Kreise zum Kreise der ppo_254.008
menschlichen Freiheit.
Denn das in der Fabel ppo_254.009
dargestellte Thier erscheint so wenig um seiner ppo_254.010
selbst willen, als das höhere Wesen in dem Epos ppo_254.011
und in der Ballade; beide sind des Menschen ppo_254.012
wegen
da, um entweder den thierischen Jnstinkt ppo_254.013
in einer ästhetischen Verhüllung an den Wirkungskreis ppo_254.014
der menschlichen Freiheit zu halten, oder ein ppo_254.015
übersinnliches Wesen, nach seiner geistigen und überirdischen ppo_254.016
Kraft, in Gegensatz und Widerstreit, oder ppo_254.017
auch in Verbindung und Unterstützung mit den geistigen ppo_254.018
und physischen Kräften der handelnden Jndividuen ppo_254.019
zu bringen.

ppo_254.020

Die dramatische Form der Dichtkunst, die ppo_254.021
der epischen nahe verwandt ist, unterscheidet sich dadurch ppo_254.022
wesentlich von derselben, daß in der epischen ppo_254.023
Form der Dichter in seinem eignen Namen spricht ppo_254.024
und wirkt, während der dramatische Dichter seine ppo_254.025
Jndividualität ganz aufopfert, und die Personen, ppo_254.026
die er schildert, selbst in die Mitte der Darstellung ppo_254.027
versetzt, um durch dieselben die Handlung durchführen ppo_254.028
und die ästhetische Einheit der Form vollenden ppo_254.029
zu lassen.

ppo_254.030

Die einzelnen Formen der epischen Dichtkunst ppo_254.031
sind:

ppo_254.032

a) das ernste Heldengedicht;

ppo_254.033

b) das komische Heldengedicht;

ppo_254.034

c) die Romanze und Ballade;

ppo_254.001
der unbelebten und der thierischen Organisationen, ppo_254.002
wie aufwärts aus den Kreisen der übersinnlichen ppo_254.003
Welt entlehnen, und beide Kreise mit dem ppo_254.004
unmittelbaren Kreise der menschlichen Freiheit in ppo_254.005
Verbindung und Wechselwirkung bringen kann, ppo_254.006
doch jedesmal nach einem festbestimmten ppo_254.007
Verhältnisse beider Kreise zum Kreise der ppo_254.008
menschlichen Freiheit.
Denn das in der Fabel ppo_254.009
dargestellte Thier erscheint so wenig um seiner ppo_254.010
selbst willen, als das höhere Wesen in dem Epos ppo_254.011
und in der Ballade; beide sind des Menschen ppo_254.012
wegen
da, um entweder den thierischen Jnstinkt ppo_254.013
in einer ästhetischen Verhüllung an den Wirkungskreis ppo_254.014
der menschlichen Freiheit zu halten, oder ein ppo_254.015
übersinnliches Wesen, nach seiner geistigen und überirdischen ppo_254.016
Kraft, in Gegensatz und Widerstreit, oder ppo_254.017
auch in Verbindung und Unterstützung mit den geistigen ppo_254.018
und physischen Kräften der handelnden Jndividuen ppo_254.019
zu bringen.

ppo_254.020

Die dramatische Form der Dichtkunst, die ppo_254.021
der epischen nahe verwandt ist, unterscheidet sich dadurch ppo_254.022
wesentlich von derselben, daß in der epischen ppo_254.023
Form der Dichter in seinem eignen Namen spricht ppo_254.024
und wirkt, während der dramatische Dichter seine ppo_254.025
Jndividualität ganz aufopfert, und die Personen, ppo_254.026
die er schildert, selbst in die Mitte der Darstellung ppo_254.027
versetzt, um durch dieselben die Handlung durchführen ppo_254.028
und die ästhetische Einheit der Form vollenden ppo_254.029
zu lassen.

ppo_254.030

Die einzelnen Formen der epischen Dichtkunst ppo_254.031
sind:

ppo_254.032

a) das ernste Heldengedicht;

ppo_254.033

b) das komische Heldengedicht;

ppo_254.034

c) die Romanze und Ballade;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0266" n="254"/><lb n="ppo_254.001"/>der <hi rendition="#g">unbelebten</hi> und der <hi rendition="#g">thierischen</hi> Organisationen, <lb n="ppo_254.002"/>wie <hi rendition="#g">aufwärts</hi> aus den Kreisen der übersinnlichen <lb n="ppo_254.003"/>Welt entlehnen, und beide Kreise mit dem <lb n="ppo_254.004"/>unmittelbaren Kreise der menschlichen Freiheit in <lb n="ppo_254.005"/>Verbindung und Wechselwirkung bringen kann, <lb n="ppo_254.006"/><hi rendition="#g">doch jedesmal nach einem festbestimmten <lb n="ppo_254.007"/>Verhältnisse beider Kreise zum Kreise der <lb n="ppo_254.008"/>menschlichen Freiheit.</hi> Denn das in der Fabel <lb n="ppo_254.009"/>dargestellte Thier erscheint so wenig um seiner <lb n="ppo_254.010"/>selbst willen, als das höhere Wesen in dem Epos <lb n="ppo_254.011"/>und in der Ballade; beide sind <hi rendition="#g">des Menschen <lb n="ppo_254.012"/>wegen</hi> da, um entweder den thierischen Jnstinkt <lb n="ppo_254.013"/>in einer ästhetischen Verhüllung an den Wirkungskreis <lb n="ppo_254.014"/>der menschlichen Freiheit zu halten, oder ein <lb n="ppo_254.015"/>übersinnliches Wesen, nach seiner geistigen und überirdischen <lb n="ppo_254.016"/>Kraft, in Gegensatz und Widerstreit, oder <lb n="ppo_254.017"/>auch in Verbindung und Unterstützung mit den geistigen <lb n="ppo_254.018"/>und physischen Kräften der handelnden Jndividuen <lb n="ppo_254.019"/>zu bringen.</p>
          <lb n="ppo_254.020"/>
          <p>  Die <hi rendition="#g">dramatische</hi> Form der Dichtkunst, die <lb n="ppo_254.021"/>der epischen nahe verwandt ist, unterscheidet sich dadurch <lb n="ppo_254.022"/>wesentlich von derselben, daß in der epischen <lb n="ppo_254.023"/>Form der Dichter in seinem eignen Namen spricht <lb n="ppo_254.024"/>und wirkt, während der dramatische Dichter seine <lb n="ppo_254.025"/>Jndividualität ganz aufopfert, und die Personen, <lb n="ppo_254.026"/>die er schildert, selbst in die Mitte der Darstellung <lb n="ppo_254.027"/>versetzt, um durch dieselben die Handlung durchführen <lb n="ppo_254.028"/>und die ästhetische Einheit der Form vollenden <lb n="ppo_254.029"/>zu lassen.</p>
          <lb n="ppo_254.030"/>
          <p>  Die einzelnen Formen der epischen Dichtkunst <lb n="ppo_254.031"/>sind:</p>
          <lb n="ppo_254.032"/>
          <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">a</hi>) das ernste Heldengedicht;</hi> </p>
          <lb n="ppo_254.033"/>
          <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">b</hi>) das komische Heldengedicht;</hi> </p>
          <lb n="ppo_254.034"/>
          <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">c</hi>) die Romanze und Ballade;</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0266] ppo_254.001 der unbelebten und der thierischen Organisationen, ppo_254.002 wie aufwärts aus den Kreisen der übersinnlichen ppo_254.003 Welt entlehnen, und beide Kreise mit dem ppo_254.004 unmittelbaren Kreise der menschlichen Freiheit in ppo_254.005 Verbindung und Wechselwirkung bringen kann, ppo_254.006 doch jedesmal nach einem festbestimmten ppo_254.007 Verhältnisse beider Kreise zum Kreise der ppo_254.008 menschlichen Freiheit. Denn das in der Fabel ppo_254.009 dargestellte Thier erscheint so wenig um seiner ppo_254.010 selbst willen, als das höhere Wesen in dem Epos ppo_254.011 und in der Ballade; beide sind des Menschen ppo_254.012 wegen da, um entweder den thierischen Jnstinkt ppo_254.013 in einer ästhetischen Verhüllung an den Wirkungskreis ppo_254.014 der menschlichen Freiheit zu halten, oder ein ppo_254.015 übersinnliches Wesen, nach seiner geistigen und überirdischen ppo_254.016 Kraft, in Gegensatz und Widerstreit, oder ppo_254.017 auch in Verbindung und Unterstützung mit den geistigen ppo_254.018 und physischen Kräften der handelnden Jndividuen ppo_254.019 zu bringen. ppo_254.020 Die dramatische Form der Dichtkunst, die ppo_254.021 der epischen nahe verwandt ist, unterscheidet sich dadurch ppo_254.022 wesentlich von derselben, daß in der epischen ppo_254.023 Form der Dichter in seinem eignen Namen spricht ppo_254.024 und wirkt, während der dramatische Dichter seine ppo_254.025 Jndividualität ganz aufopfert, und die Personen, ppo_254.026 die er schildert, selbst in die Mitte der Darstellung ppo_254.027 versetzt, um durch dieselben die Handlung durchführen ppo_254.028 und die ästhetische Einheit der Form vollenden ppo_254.029 zu lassen. ppo_254.030 Die einzelnen Formen der epischen Dichtkunst ppo_254.031 sind: ppo_254.032 a) das ernste Heldengedicht; ppo_254.033 b) das komische Heldengedicht; ppo_254.034 c) die Romanze und Ballade;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/266
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/266>, abgerufen am 16.07.2024.