Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_223.001 Tyrannen, die voll Herrschsucht die Völker unterdrücken, ppo_223.002
Und mit beglückten Waffen der Freiheit Fesseln schicken, ppo_223.003 Gekrönten Straßenräubern, die mit kostbarem Blut ppo_223.004 Verächtlich Gold bezahlen, und, gleich der wilden Glut, ppo_223.005 Wenn sie den Wald ergreifet, begierig um sich fressen, ppo_223.006 Hat sie die ersten Grenzen der Herrschaft abgemessen. -- ppo_223.007 Mit Ernst im Angesichte folgt ihr die Geisterlehre; ppo_223.008 Jhr Flug steigt über Körper zu einer höhern Sphäre, ppo_223.009 Sie stürzt der Gottesläugner entsetzliches Gebäu, ppo_223.010 Wenn Gottes Donner säumet. Sie reißt die Tyrannei ppo_223.011 Des blinden Wahns vom Throne. Jhr heil'ger Zorn ppo_223.012 zerschmettert ppo_223.013 Die angebetnen Klötze, die sich Betrug vergöttert. ppo_223.014 Sie schrecket Wunderthäter, macht die Orakel stumm, ppo_223.015 Stürzt feigem Aberglauben sein blutig Altar um; ppo_223.016 Zerbricht sein eisern Zepter, und führt durch beßre Lehren ppo_223.017 Die Welt von fürchterlichen zu heiligen Altären. ppo_223.018 Du unumschränktes Wesen, das alles schuf und trägt, ppo_223.019 Das in der starken Rechten die Morgensterne wägt; ppo_223.020 Gott, der du ewig warest, eh aus des Chaos Tiefen ppo_223.021 Die jauchzenden Gestirne zu deinen Füßen liefen; ppo_223.022 Eh diese niedre Erde den ersten Trieb empfing, ppo_223.023 Und feiernd vor dem Schöpfer der Welt vorüberging; ppo_223.024 Wo ohne dich ist Ruhe, du aller Freuden Quelle? ppo_223.025 Dich läugnen, Gott, verwandelt die Welt in eine Hölle. ppo_223.026 Verzweiflung ist das Leben, o Schöpfer, ohne dich; ppo_223.027 Die Sonnen werden traurig, und glänzen fürchterlich. ppo_223.028 Doch, Gott, du bist wahrhaftig, und meine Seele fliehet ppo_223.029 Beruhigt zu dem Schöpfer, den sie in allem siehet! ppo_223.030 Allein wer bin ich selber? Das weiß ich, dieser Staub, ppo_223.031 Der meine Glieder bildet, wird einst des Todes Raub. ppo_223.032 Dies sterbliche Gebäude wird einst die Pflanzen nähren, ppo_223.033 Eiu Theil von Andern werden, und mir nicht zugehören. ppo_223.034 Die Erde, seine Mutter, nimmt ihn bald wieder hin; ppo_223.001 Tyrannen, die voll Herrschsucht die Völker unterdrücken, ppo_223.002
Und mit beglückten Waffen der Freiheit Fesseln schicken, ppo_223.003 Gekrönten Straßenräubern, die mit kostbarem Blut ppo_223.004 Verächtlich Gold bezahlen, und, gleich der wilden Glut, ppo_223.005 Wenn sie den Wald ergreifet, begierig um sich fressen, ppo_223.006 Hat sie die ersten Grenzen der Herrschaft abgemessen. — ppo_223.007 Mit Ernst im Angesichte folgt ihr die Geisterlehre; ppo_223.008 Jhr Flug steigt über Körper zu einer höhern Sphäre, ppo_223.009 Sie stürzt der Gottesläugner entsetzliches Gebäu, ppo_223.010 Wenn Gottes Donner säumet. Sie reißt die Tyrannei ppo_223.011 Des blinden Wahns vom Throne. Jhr heil'ger Zorn ppo_223.012 zerschmettert ppo_223.013 Die angebetnen Klötze, die sich Betrug vergöttert. ppo_223.014 Sie schrecket Wunderthäter, macht die Orakel stumm, ppo_223.015 Stürzt feigem Aberglauben sein blutig Altar um; ppo_223.016 Zerbricht sein eisern Zepter, und führt durch beßre Lehren ppo_223.017 Die Welt von fürchterlichen zu heiligen Altären. ppo_223.018 Du unumschränktes Wesen, das alles schuf und trägt, ppo_223.019 Das in der starken Rechten die Morgensterne wägt; ppo_223.020 Gott, der du ewig warest, eh aus des Chaos Tiefen ppo_223.021 Die jauchzenden Gestirne zu deinen Füßen liefen; ppo_223.022 Eh diese niedre Erde den ersten Trieb empfing, ppo_223.023 Und feiernd vor dem Schöpfer der Welt vorüberging; ppo_223.024 Wo ohne dich ist Ruhe, du aller Freuden Quelle? ppo_223.025 Dich läugnen, Gott, verwandelt die Welt in eine Hölle. ppo_223.026 Verzweiflung ist das Leben, o Schöpfer, ohne dich; ppo_223.027 Die Sonnen werden traurig, und glänzen fürchterlich. ppo_223.028 Doch, Gott, du bist wahrhaftig, und meine Seele fliehet ppo_223.029 Beruhigt zu dem Schöpfer, den sie in allem siehet! ppo_223.030 Allein wer bin ich selber? Das weiß ich, dieser Staub, ppo_223.031 Der meine Glieder bildet, wird einst des Todes Raub. ppo_223.032 Dies sterbliche Gebäude wird einst die Pflanzen nähren, ppo_223.033 Eiu Theil von Andern werden, und mir nicht zugehören. ppo_223.034 Die Erde, seine Mutter, nimmt ihn bald wieder hin; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0235" n="223"/> <lb n="ppo_223.001"/> <lg> <l>Tyrannen, die voll Herrschsucht die Völker unterdrücken,</l> <lb n="ppo_223.002"/> <l>Und mit beglückten Waffen der Freiheit Fesseln schicken,</l> <lb n="ppo_223.003"/> <l>Gekrönten Straßenräubern, die mit kostbarem Blut</l> <lb n="ppo_223.004"/> <l>Verächtlich Gold bezahlen, und, gleich der wilden Glut,</l> <lb n="ppo_223.005"/> <l>Wenn sie den Wald ergreifet, begierig um sich fressen,</l> <lb n="ppo_223.006"/> <l>Hat sie die ersten Grenzen der Herrschaft abgemessen. —</l> <lb n="ppo_223.007"/> <l> Mit Ernst im Angesichte folgt ihr die Geisterlehre;</l> <lb n="ppo_223.008"/> <l>Jhr Flug steigt über Körper zu einer höhern Sphäre,</l> <lb n="ppo_223.009"/> <l>Sie stürzt der Gottesläugner entsetzliches Gebäu,</l> <lb n="ppo_223.010"/> <l>Wenn Gottes Donner säumet. Sie reißt die Tyrannei</l> <lb n="ppo_223.011"/> <l>Des blinden Wahns vom Throne. Jhr heil'ger Zorn</l> <lb n="ppo_223.012"/> <l> <hi rendition="#right">zerschmettert</hi> </l> <lb n="ppo_223.013"/> <l>Die angebetnen Klötze, die sich Betrug vergöttert.</l> <lb n="ppo_223.014"/> <l>Sie schrecket Wunderthäter, macht die Orakel stumm,</l> <lb n="ppo_223.015"/> <l>Stürzt feigem Aberglauben sein blutig Altar um;</l> <lb n="ppo_223.016"/> <l>Zerbricht sein eisern Zepter, und führt durch beßre Lehren</l> <lb n="ppo_223.017"/> <l>Die Welt von fürchterlichen zu heiligen Altären.</l> <lb n="ppo_223.018"/> <l> Du unumschränktes Wesen, das alles schuf und trägt,</l> <lb n="ppo_223.019"/> <l>Das in der starken Rechten die Morgensterne wägt;</l> <lb n="ppo_223.020"/> <l>Gott, der du ewig warest, eh aus des Chaos Tiefen</l> <lb n="ppo_223.021"/> <l>Die jauchzenden Gestirne zu deinen Füßen liefen;</l> <lb n="ppo_223.022"/> <l>Eh diese niedre Erde den ersten Trieb empfing,</l> <lb n="ppo_223.023"/> <l>Und feiernd vor dem Schöpfer der Welt vorüberging;</l> <lb n="ppo_223.024"/> <l>Wo ohne dich ist Ruhe, du aller Freuden Quelle?</l> <lb n="ppo_223.025"/> <l>Dich läugnen, Gott, verwandelt die Welt in eine Hölle.</l> <lb n="ppo_223.026"/> <l>Verzweiflung ist das Leben, o Schöpfer, ohne dich;</l> <lb n="ppo_223.027"/> <l>Die Sonnen werden traurig, und glänzen fürchterlich.</l> <lb n="ppo_223.028"/> <l>Doch, Gott, du bist wahrhaftig, und meine Seele fliehet</l> <lb n="ppo_223.029"/> <l>Beruhigt zu dem Schöpfer, den sie in allem siehet!</l> <lb n="ppo_223.030"/> <l> Allein wer bin ich selber? Das weiß ich, dieser Staub,</l> <lb n="ppo_223.031"/> <l>Der meine Glieder bildet, wird einst des Todes Raub.</l> <lb n="ppo_223.032"/> <l>Dies sterbliche Gebäude wird einst die Pflanzen nähren,</l> <lb n="ppo_223.033"/> <l>Eiu Theil von Andern werden, und mir nicht zugehören.</l> <lb n="ppo_223.034"/> <l>Die Erde, seine Mutter, nimmt ihn bald wieder hin;</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [223/0235]
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Die Erde, seine Mutter, nimmt ihn bald wieder hin;
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/235>, abgerufen am 17.07.2024. |