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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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bisweilen selbst ein anderes Zeitmaas (Mensur) ppo_180.002
wählte *, doch so, daß nach der kurz ausgeführten ppo_180.003
zweiten Abtheilung die erste wiederhohlt ppo_180.004
ward. Die neuern Dichter aber haben weniger ppo_180.005
streng diese frühere äußere Gestaltung der Arie befolgt. ppo_180.006
-- Das Duett, Terzett, Quartett ppo_180.007
u. s. w. sind an sich blos erweiterte Gestaltungen ppo_180.008
der Arie, und stehen nur dann an ihrem Platze ppo_180.009
in der Cantate, wenn mehrere Gefühle nach und ppo_180.010
neben einander individualisirt werden, die aber in ppo_180.011
Einem Gesammtgefühle ihren gemeinschaftlichen Mittelpunct ppo_180.012
haben, weil ohne diese Bedingung sowohl ppo_180.013
die dichterische, als die tonkünstlerische Behandlung ppo_180.014
der Einheit der Form unmöglich wäre. Allein wenn ppo_180.015
wirklich im Duett, Terzett u. s. w. ein Wechsel ppo_180.016
und ein Gegeneinanderhalten mehrerer Gefühle versinnlicht ppo_180.017
wird; so ist auch, bei gleicher dichterischen ppo_180.018
Behandlung, das ästhetische Jnteresse am Duette

* ppo_180.019
So z. B. Ramler in dem Tode Jesu, in der ppo_180.020
Arie, die der Schilderung folgt, daß Petrus den ppo_180.021
Erlöser dreimal verläugnete, und darauf, von Jesu ppo_180.022
angeblickt, in sich ging und bitterlich weinte. ppo_180.023
Erster Abschnitt. ppo_180.024
Jhr weich geschaffnen Seelen ppo_180.025
Jhr könnt nicht lange fehlen; ppo_180.026
Bald höret euer Ohr ppo_180.027
Das strafende Gewissen, ppo_180.028
Bald weint aus euch der Schmerz.
ppo_180.029
Zweite Abtheilung. ppo_180.030
Jhr thränenlosen Sünder, bebet! ppo_180.031
Einst, mitten unter Rosen, hebet ppo_180.032
Die Reu den Schlangenkopf hervor, ppo_180.033
Und fällt mit unheilbaren Bissen ppo_180.034
Dem Frevler an das Herz.
ppo_180.035
Sehr treffend hat Graun für die erste Abtheilung ppo_180.036
Es dur, für die zweite C moll gewählt.

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und ein Gegeneinanderhalten mehrerer Gefühle versinnlicht ppo_180.017
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Behandlung, das ästhetische Jnteresse am Duette

* ppo_180.019
So z. B. Ramler in dem Tode Jesu, in der ppo_180.020
Arie, die der Schilderung folgt, daß Petrus den ppo_180.021
Erlöser dreimal verläugnete, und darauf, von Jesu ppo_180.022
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Jhr könnt nicht lange fehlen; ppo_180.026
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Das strafende Gewissen, ppo_180.028
Bald weint aus euch der Schmerz.
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Zweite Abtheilung. ppo_180.030
Jhr thränenlosen Sünder, bebet! ppo_180.031
Einst, mitten unter Rosen, hebet ppo_180.032
Die Reu den Schlangenkopf hervor, ppo_180.033
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[180/0192] ppo_180.001 bisweilen selbst ein anderes Zeitmaas (Mensur) ppo_180.002 wählte *, doch so, daß nach der kurz ausgeführten ppo_180.003 zweiten Abtheilung die erste wiederhohlt ppo_180.004 ward. Die neuern Dichter aber haben weniger ppo_180.005 streng diese frühere äußere Gestaltung der Arie befolgt. ppo_180.006 — Das Duett, Terzett, Quartett ppo_180.007 u. s. w. sind an sich blos erweiterte Gestaltungen ppo_180.008 der Arie, und stehen nur dann an ihrem Platze ppo_180.009 in der Cantate, wenn mehrere Gefühle nach und ppo_180.010 neben einander individualisirt werden, die aber in ppo_180.011 Einem Gesammtgefühle ihren gemeinschaftlichen Mittelpunct ppo_180.012 haben, weil ohne diese Bedingung sowohl ppo_180.013 die dichterische, als die tonkünstlerische Behandlung ppo_180.014 der Einheit der Form unmöglich wäre. Allein wenn ppo_180.015 wirklich im Duett, Terzett u. s. w. ein Wechsel ppo_180.016 und ein Gegeneinanderhalten mehrerer Gefühle versinnlicht ppo_180.017 wird; so ist auch, bei gleicher dichterischen ppo_180.018 Behandlung, das ästhetische Jnteresse am Duette * ppo_180.019 So z. B. Ramler in dem Tode Jesu, in der ppo_180.020 Arie, die der Schilderung folgt, daß Petrus den ppo_180.021 Erlöser dreimal verläugnete, und darauf, von Jesu ppo_180.022 angeblickt, in sich ging und bitterlich weinte. ppo_180.023 Erster Abschnitt. ppo_180.024 Jhr weich geschaffnen Seelen ppo_180.025 Jhr könnt nicht lange fehlen; ppo_180.026 Bald höret euer Ohr ppo_180.027 Das strafende Gewissen, ppo_180.028 Bald weint aus euch der Schmerz. ppo_180.029 Zweite Abtheilung. ppo_180.030 Jhr thränenlosen Sünder, bebet! ppo_180.031 Einst, mitten unter Rosen, hebet ppo_180.032 Die Reu den Schlangenkopf hervor, ppo_180.033 Und fällt mit unheilbaren Bissen ppo_180.034 Dem Frevler an das Herz. ppo_180.035 Sehr treffend hat Graun für die erste Abtheilung ppo_180.036 Es dur, für die zweite C moll gewählt.

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/192>, abgerufen am 22.11.2024.