Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

ppo_170.001
Ungleichheiten der persönlichen und bürgerlichen ppo_170.002
Verhältnisse befreit, und von der Ruhe und ppo_170.003
Seligkeit des Zustandes vollendeter Geister umflossen ppo_170.004
ist.

ppo_170.005
28. ppo_170.006
Beispiel der Heroide. ppo_170.007
Alexis an Dion,
(abgekürzt) ppo_170.008
von Wieland (+ 1813).
ppo_170.009
Freund, die Liebe, die uns im irdischen Leben vereinte, ppo_170.010
Hat mein Sterben erhöht. Wie könnt' ich mein irdisches ppo_170.011
Glück dir ppo_170.012
Länger verhehlen, da einst uns jede Freude gemein war? ppo_170.013
Billig weih' ich die Erstlinge dir der himmlischen Früchte, ppo_170.014
Deiner göttlichen Freundschaft, die ich mit Seraphim ppo_170.015
breche. ppo_170.016
Doch du genießest sie schon, indem dein Freund sie genießet, ppo_170.017
ppo_170.018
Und durch dich sie genießt. Welch eine himmlische Wollust ppo_170.019
Muß es durch dein Jnnerstes athmen, das süße Bewußtseyn, ppo_170.020
Einen Engel gebildet zu haben! So lohnet die Weisheit! ppo_170.021
Dion, du weißt, wie freudig der Tod mich fand, ihm ppo_170.022
zu folgen, ppo_170.023
Ja ganz thränenfrei, hätte mich nicht mein Dion gehalten, ppo_170.024
Und die Klagen der zärtlichen Schwester. -- Jch hoffte ppo_170.025
vom Tode, ppo_170.026
Was mir ein nächtliches Leben verweigert hatte; still ppo_170.027
lauschend ppo_170.028
Horchte mein Ohr dem Rauschen des Todesengels entgegen, ppo_170.029
Dem ich flehte zu eilen. Er kam. Sein kältender Anhauch ppo_170.030
Schauerte sanft durch jede Ader; nur flatternden Lüftchen ppo_170.031
Aehnlich, berührte mein Ohr die weinende Stimme der ppo_170.032
Freundschaft,

ppo_170.001
Ungleichheiten der persönlichen und bürgerlichen ppo_170.002
Verhältnisse befreit, und von der Ruhe und ppo_170.003
Seligkeit des Zustandes vollendeter Geister umflossen ppo_170.004
ist.

ppo_170.005
28. ppo_170.006
Beispiel der Heroide. ppo_170.007
Alexis an Dion,
(abgekürzt) ppo_170.008
von Wieland († 1813).
ppo_170.009
Freund, die Liebe, die uns im irdischen Leben vereinte, ppo_170.010
Hat mein Sterben erhöht. Wie könnt' ich mein irdisches ppo_170.011
Glück dir ppo_170.012
Länger verhehlen, da einst uns jede Freude gemein war? ppo_170.013
Billig weih' ich die Erstlinge dir der himmlischen Früchte, ppo_170.014
Deiner göttlichen Freundschaft, die ich mit Seraphim ppo_170.015
breche. ppo_170.016
Doch du genießest sie schon, indem dein Freund sie genießet, ppo_170.017
ppo_170.018
Und durch dich sie genießt. Welch eine himmlische Wollust ppo_170.019
Muß es durch dein Jnnerstes athmen, das süße Bewußtseyn, ppo_170.020
Einen Engel gebildet zu haben! So lohnet die Weisheit! ppo_170.021
Dion, du weißt, wie freudig der Tod mich fand, ihm ppo_170.022
zu folgen, ppo_170.023
Ja ganz thränenfrei, hätte mich nicht mein Dion gehalten, ppo_170.024
Und die Klagen der zärtlichen Schwester. — Jch hoffte ppo_170.025
vom Tode, ppo_170.026
Was mir ein nächtliches Leben verweigert hatte; still ppo_170.027
lauschend ppo_170.028
Horchte mein Ohr dem Rauschen des Todesengels entgegen, ppo_170.029
Dem ich flehte zu eilen. Er kam. Sein kältender Anhauch ppo_170.030
Schauerte sanft durch jede Ader; nur flatternden Lüftchen ppo_170.031
Aehnlich, berührte mein Ohr die weinende Stimme der ppo_170.032
Freundschaft,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0182" n="170"/><lb n="ppo_170.001"/> Ungleichheiten der persönlichen und bürgerlichen <lb n="ppo_170.002"/>Verhältnisse befreit, und von der Ruhe und <lb n="ppo_170.003"/>Seligkeit des Zustandes vollendeter Geister umflossen <lb n="ppo_170.004"/>ist.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <lb n="ppo_170.005"/>
          <head> <hi rendition="#c">28. <lb n="ppo_170.006"/><hi rendition="#g">Beispiel der Heroide. <lb n="ppo_170.007"/>Alexis an Dion,</hi> (abgekürzt) <lb n="ppo_170.008"/>von <hi rendition="#g">Wieland</hi> (&#x2020; 1813).</hi> </head>
          <lb n="ppo_170.009"/>
          <lg>
            <l>  Freund, die Liebe, die uns im irdischen Leben vereinte,</l>
            <lb n="ppo_170.010"/>
            <l>Hat mein Sterben erhöht. Wie könnt' ich mein irdisches</l>
            <lb n="ppo_170.011"/>
            <l> <hi rendition="#right">Glück dir</hi> </l>
            <lb n="ppo_170.012"/>
            <l>Länger verhehlen, da einst uns jede Freude gemein war?</l>
            <lb n="ppo_170.013"/>
            <l>Billig weih' ich die Erstlinge dir der himmlischen Früchte,</l>
            <lb n="ppo_170.014"/>
            <l>Deiner göttlichen Freundschaft, die ich mit Seraphim</l>
            <lb n="ppo_170.015"/>
            <l> <hi rendition="#right">breche.</hi> </l>
            <lb n="ppo_170.016"/>
            <l>Doch du genießest sie schon, indem dein Freund sie genießet,</l>
            <lb n="ppo_170.017"/>
            <l/>
            <lb n="ppo_170.018"/>
            <l>Und durch dich sie genießt. Welch eine himmlische Wollust</l>
            <lb n="ppo_170.019"/>
            <l>Muß es durch dein Jnnerstes athmen, das süße Bewußtseyn,</l>
            <lb n="ppo_170.020"/>
            <l>Einen Engel gebildet zu haben! So lohnet die Weisheit!</l>
            <lb n="ppo_170.021"/>
            <l>Dion, du weißt, wie freudig der Tod mich fand, ihm</l>
            <lb n="ppo_170.022"/>
            <l> <hi rendition="#right">zu folgen,</hi> </l>
            <lb n="ppo_170.023"/>
            <l>Ja ganz thränenfrei, hätte mich nicht mein Dion gehalten,</l>
            <lb n="ppo_170.024"/>
            <l>Und die Klagen der zärtlichen Schwester. &#x2014; Jch hoffte</l>
            <lb n="ppo_170.025"/>
            <l> <hi rendition="#right">vom Tode,</hi> </l>
            <lb n="ppo_170.026"/>
            <l>Was mir ein nächtliches Leben verweigert hatte; still</l>
            <lb n="ppo_170.027"/>
            <l> <hi rendition="#right">lauschend</hi> </l>
            <lb n="ppo_170.028"/>
            <l>Horchte mein Ohr dem Rauschen des Todesengels entgegen,</l>
            <lb n="ppo_170.029"/>
            <l>Dem ich flehte zu eilen. Er kam. Sein kältender Anhauch</l>
            <lb n="ppo_170.030"/>
            <l>Schauerte sanft durch jede Ader; nur flatternden Lüftchen</l>
            <lb n="ppo_170.031"/>
            <l>Aehnlich, berührte mein Ohr die weinende Stimme der</l>
            <lb n="ppo_170.032"/>
            <l> <hi rendition="#right">Freundschaft,</hi> </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0182] ppo_170.001 Ungleichheiten der persönlichen und bürgerlichen ppo_170.002 Verhältnisse befreit, und von der Ruhe und ppo_170.003 Seligkeit des Zustandes vollendeter Geister umflossen ppo_170.004 ist. ppo_170.005 28. ppo_170.006 Beispiel der Heroide. ppo_170.007 Alexis an Dion, (abgekürzt) ppo_170.008 von Wieland († 1813). ppo_170.009 Freund, die Liebe, die uns im irdischen Leben vereinte, ppo_170.010 Hat mein Sterben erhöht. Wie könnt' ich mein irdisches ppo_170.011 Glück dir ppo_170.012 Länger verhehlen, da einst uns jede Freude gemein war? ppo_170.013 Billig weih' ich die Erstlinge dir der himmlischen Früchte, ppo_170.014 Deiner göttlichen Freundschaft, die ich mit Seraphim ppo_170.015 breche. ppo_170.016 Doch du genießest sie schon, indem dein Freund sie genießet, ppo_170.017 ppo_170.018 Und durch dich sie genießt. Welch eine himmlische Wollust ppo_170.019 Muß es durch dein Jnnerstes athmen, das süße Bewußtseyn, ppo_170.020 Einen Engel gebildet zu haben! So lohnet die Weisheit! ppo_170.021 Dion, du weißt, wie freudig der Tod mich fand, ihm ppo_170.022 zu folgen, ppo_170.023 Ja ganz thränenfrei, hätte mich nicht mein Dion gehalten, ppo_170.024 Und die Klagen der zärtlichen Schwester. — Jch hoffte ppo_170.025 vom Tode, ppo_170.026 Was mir ein nächtliches Leben verweigert hatte; still ppo_170.027 lauschend ppo_170.028 Horchte mein Ohr dem Rauschen des Todesengels entgegen, ppo_170.029 Dem ich flehte zu eilen. Er kam. Sein kältender Anhauch ppo_170.030 Schauerte sanft durch jede Ader; nur flatternden Lüftchen ppo_170.031 Aehnlich, berührte mein Ohr die weinende Stimme der ppo_170.032 Freundschaft,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/182
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/182>, abgerufen am 24.11.2024.