Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_127.001 Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künstlerin, ppo_127.002 ppo_127.005Leben jeglicher Art, Kondor und Kolibri, ppo_127.003 Straußpolype und Flußpferd, ppo_127.004 Riesenmuschel und Räderthier. Aber lauter als sie preißt dich des Menschen Geist, ppo_127.006 ppo_127.009Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers, ppo_127.007 Dich der Cirkel des Newton, ppo_127.008 Dich der Pinsel des Raphael. Ahn' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche, ppo_127.010 ppo_127.013Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth ppo_127.011 Zu ergründen, der Hymne ppo_127.012 Flug umsonst zu erfliegen strebt? Bist du Gottheit? bist du's, welche die Myrias ppo_127.014 ppo_127.017Menschenzunge besingt, den der Mäander Zeus, ppo_127.015 Den der Jordan Jehova, ppo_127.016 Den Jsuren der Ganges grüßt? Schwindelnd steh' ich am Saum deiner Unendlichkeit! ppo_127.018 ppo_127.021Eines ahn' ich: ich bin deiner Unendlichkeit ppo_127.019 Mitgenosse, bin Tropfe ppo_127.020 Deines stiebenden Flammenborns. Jn des flammenden Borns Silbergeriesel fließt ppo_127.022 ppo_127.025Einst der Tropfe zurück, freut sich der Einigung, ppo_127.023 Und verschmilzt in der Welten ppo_127.024 Allumgürtenden Ocean. 8) von Seume (+ 1810). ppo_127.026Gebet. (abgekürzt) ppo_127.027 Gott, Gott, den Mönch und Bonze nennet, ppo_127.028
Und weder Mönch noch Bonze kennet, ppo_127.029 Den man von Nation zu Nation, ppo_127.030 Durch schleichenden Betrug geblendet, ppo_127.001 Leben, nimmer gezählt, preisen dich, Künstlerin, ppo_127.002 ppo_127.005Leben jeglicher Art, Kondor und Kolibri, ppo_127.003 Straußpolype und Flußpferd, ppo_127.004 Riesenmuschel und Räderthier. Aber lauter als sie preißt dich des Menschen Geist, ppo_127.006 ppo_127.009Dich der Kante Vernunft, dich der Gesang Homers, ppo_127.007 Dich der Cirkel des Newton, ppo_127.008 Dich der Pinsel des Raphael. Ahn' ich Wahrheit? Bist du jenes unendliche, ppo_127.010 ppo_127.013Unergründliche Ding, welches des Denkers Loth ppo_127.011 Zu ergründen, der Hymne ppo_127.012 Flug umsonst zu erfliegen strebt? Bist du Gottheit? bist du's, welche die Myrias ppo_127.014 ppo_127.017Menschenzunge besingt, den der Mäander Zeus, ppo_127.015 Den der Jordan Jehova, ppo_127.016 Den Jsuren der Ganges grüßt? Schwindelnd steh' ich am Saum deiner Unendlichkeit! ppo_127.018 ppo_127.021Eines ahn' ich: ich bin deiner Unendlichkeit ppo_127.019 Mitgenosse, bin Tropfe ppo_127.020 Deines stiebenden Flammenborns. Jn des flammenden Borns Silbergeriesel fließt ppo_127.022 ppo_127.025Einst der Tropfe zurück, freut sich der Einigung, ppo_127.023 Und verschmilzt in der Welten ppo_127.024 Allumgürtenden Ocean. 8) von Seume († 1810). ppo_127.026Gebet. (abgekürzt) ppo_127.027 Gott, Gott, den Mönch und Bonze nennet, ppo_127.028
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/139>, abgerufen am 16.07.2024. |