Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877. Herzog. Jn solchen Fällen kann man auch im ersten Augenblicke zeigen, wie man ist und wie man denkt. Aber wenn ich Berthalden auch immer hochmüthigen Sinnes gekannt, hätte ich ihr doch solch eine Herz- losigkeit nicht zugetraut und deßhalb verstieß ich sie. Des Menschen Herz und Gefühl geben sich allsogleich zu erkennen. Bei mir kann ein Wesen der Art nicht leben. Huldbrand. Und dennoch, hoher Herr, hättet Jhr vielleicht ein gelinderes Urtheil fällen können. Nun ist das arme Fräulein ganz und gar der Verzweiflung preis gegeben. Herzog. Das will ich auch nicht. Es soll ihr nicht an Mitteln fehlen, sich aufzuhalten, wo es ihr belieben mag. Jhrem Stande gemäß, denn sie ist und bleibt meine Ziehtochter, soll sie leben; aber fern von mir. Und dieses, werther Ritter mögt Jhr derselben in meinem Auftrage kund geben. Mein Säckelmeister wird von mir den Befehl erhalten, ihr das Nöthige zu verabreichen. Damit habe ich, glaube ich, genug gethan. Gott möge ihr die Schmach, mit der sie ihre lieben Eltern verstieß, verzeihen. Berthalda eilt herein und wirft sich dem Herzog zu Füßen. Herzog. Jn ſolchen Fällen kann man auch im erſten Augenblicke zeigen, wie man iſt und wie man denkt. Aber wenn ich Berthalden auch immer hochmüthigen Sinnes gekannt, hätte ich ihr doch ſolch eine Herz- loſigkeit nicht zugetraut und deßhalb verſtieß ich ſie. Des Menſchen Herz und Gefühl geben ſich allſogleich zu erkennen. Bei mir kann ein Weſen der Art nicht leben. Huldbrand. Und dennoch, hoher Herr, hättet Jhr vielleicht ein gelinderes Urtheil fällen können. Nun iſt das arme Fräulein ganz und gar der Verzweiflung preis gegeben. Herzog. Das will ich auch nicht. Es ſoll ihr nicht an Mitteln fehlen, ſich aufzuhalten, wo es ihr belieben mag. Jhrem Stande gemäß, denn ſie iſt und bleibt meine Ziehtochter, ſoll ſie leben; aber fern von mir. Und dieſes, werther Ritter mögt Jhr derſelben in meinem Auftrage kund geben. Mein Säckelmeiſter wird von mir den Befehl erhalten, ihr das Nöthige zu verabreichen. Damit habe ich, glaube ich, genug gethan. Gott möge ihr die Schmach, mit der ſie ihre lieben Eltern verſtieß, verzeihen. Berthalda eilt herein und wirft ſich dem Herzog zu Füßen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0096" n="58"/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jn ſolchen Fällen kann man auch im erſten<lb/> Augenblicke zeigen, wie man iſt und wie man denkt.<lb/> Aber wenn ich Berthalden auch immer hochmüthigen<lb/> Sinnes gekannt, hätte ich ihr doch ſolch eine Herz-<lb/> loſigkeit nicht zugetraut und deßhalb verſtieß ich ſie.<lb/> Des Menſchen Herz und Gefühl geben ſich allſogleich zu<lb/> erkennen. Bei mir kann ein Weſen <hi rendition="#g">der</hi> Art nicht leben.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Huldbrand.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Und dennoch, hoher Herr, hättet Jhr vielleicht<lb/> ein gelinderes Urtheil fällen können. Nun iſt das<lb/> arme Fräulein ganz und gar der Verzweiflung preis<lb/> gegeben.</p> </sp><lb/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Das will ich auch nicht. Es ſoll ihr nicht an<lb/> Mitteln fehlen, ſich aufzuhalten, wo es ihr belieben<lb/> mag. Jhrem Stande gemäß, denn ſie iſt und bleibt<lb/> meine Ziehtochter, ſoll ſie leben; aber fern von mir.<lb/> Und <hi rendition="#g">dieſes,</hi> werther Ritter mögt Jhr derſelben in<lb/> meinem Auftrage kund geben. Mein Säckelmeiſter<lb/> wird von mir den Befehl erhalten, ihr das Nöthige<lb/> zu verabreichen. <hi rendition="#g">Damit</hi> habe ich, glaube ich, genug<lb/> gethan. Gott möge ihr die Schmach, mit der ſie<lb/> ihre lieben Eltern verſtieß, verzeihen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Berthalda eilt herein und wirft ſich dem Herzog zu Füßen.</hi> </stage> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0096]
Herzog.
Jn ſolchen Fällen kann man auch im erſten
Augenblicke zeigen, wie man iſt und wie man denkt.
Aber wenn ich Berthalden auch immer hochmüthigen
Sinnes gekannt, hätte ich ihr doch ſolch eine Herz-
loſigkeit nicht zugetraut und deßhalb verſtieß ich ſie.
Des Menſchen Herz und Gefühl geben ſich allſogleich zu
erkennen. Bei mir kann ein Weſen der Art nicht leben.
Huldbrand.
Und dennoch, hoher Herr, hättet Jhr vielleicht
ein gelinderes Urtheil fällen können. Nun iſt das
arme Fräulein ganz und gar der Verzweiflung preis
gegeben.
Herzog.
Das will ich auch nicht. Es ſoll ihr nicht an
Mitteln fehlen, ſich aufzuhalten, wo es ihr belieben
mag. Jhrem Stande gemäß, denn ſie iſt und bleibt
meine Ziehtochter, ſoll ſie leben; aber fern von mir.
Und dieſes, werther Ritter mögt Jhr derſelben in
meinem Auftrage kund geben. Mein Säckelmeiſter
wird von mir den Befehl erhalten, ihr das Nöthige
zu verabreichen. Damit habe ich, glaube ich, genug
gethan. Gott möge ihr die Schmach, mit der ſie
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