Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877.
von ihm die Veranlassung war, dem Reiche der Gewässer zu fluchen. Dieß war die Ursache, Dich auf die Erde zu setzen. Undine. Nun, da die Mutter es so gewollt, war ich nicht bisher durch Menschenhuld geborgen? Kühleborn. Du warst es, -- wirst Du es auch bleiben? Undine. Jn Huldbrands Augen lese ich Treue. Sein Blick kann nicht lügen. Kühleborn. Aber auf der Erde herrschen Trug und Lüge. Wohl uns Elementargeistern! Wir gehen die ge- regelte, uns zugewiesene Bahn. Der Mensch ist ein allzufreies Geschöpf; nur allzuoft verdirbt er sein eigenes Geschick. Undine. Allein dafür kann er eben durch diese seine Frei- heit sich die herrlichste Seligkeit gewinnen. Kühleborn. O wie Du schon zur irdischen Schwärmerin geworden bist!
von ihm die Veranlaſſung war, dem Reiche der Gewäſſer zu fluchen. Dieß war die Urſache, Dich auf die Erde zu ſetzen. Undine. Nun, da die Mutter es ſo gewollt, war ich nicht bisher durch Menſchenhuld geborgen? Kühleborn. Du warſt es, — wirſt Du es auch bleiben? Undine. Jn Huldbrands Augen leſe ich Treue. Sein Blick kann nicht lügen. Kühleborn. Aber auf der Erde herrſchen Trug und Lüge. Wohl uns Elementargeiſtern! Wir gehen die ge- regelte, uns zugewieſene Bahn. Der Menſch iſt ein allzufreies Geſchöpf; nur allzuoft verdirbt er ſein eigenes Geſchick. Undine. Allein dafür kann er eben durch dieſe ſeine Frei- heit ſich die herrlichſte Seligkeit gewinnen. Kühleborn. O wie Du ſchon zur irdiſchen Schwärmerin geworden biſt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KÜH"> <p><pb facs="#f0063" n="25"/> von ihm die Veranlaſſung war, dem Reiche der<lb/> Gewäſſer zu fluchen. Dieß war die Urſache, Dich<lb/> auf die Erde zu ſetzen.</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Nun, da die Mutter es ſo gewollt, war ich nicht<lb/> bisher durch <hi rendition="#g">Menſchenhuld</hi> geborgen?</p> </sp><lb/> <sp who="#KÜH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Kühleborn.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Du <hi rendition="#g">warſt</hi> es, — wirſt Du es auch <hi rendition="#g">bleiben</hi>?</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jn Huldbrands Augen leſe ich Treue. Sein<lb/> Blick kann nicht lügen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KÜH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Kühleborn.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Aber auf der Erde herrſchen Trug und Lüge.<lb/> Wohl uns Elementargeiſtern! Wir gehen die ge-<lb/> regelte, uns zugewieſene Bahn. Der Menſch iſt ein<lb/> allzufreies Geſchöpf; nur allzuoft verdirbt er ſein<lb/> eigenes Geſchick.</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Allein dafür kann er eben durch dieſe ſeine Frei-<lb/> heit ſich die herrlichſte Seligkeit gewinnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KÜH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Kühleborn.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>O wie Du ſchon zur irdiſchen Schwärmerin<lb/> geworden biſt!</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0063]
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auf die Erde zu ſetzen.
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Nun, da die Mutter es ſo gewollt, war ich nicht
bisher durch Menſchenhuld geborgen?
Kühleborn.
Du warſt es, — wirſt Du es auch bleiben?
Undine.
Jn Huldbrands Augen leſe ich Treue. Sein
Blick kann nicht lügen.
Kühleborn.
Aber auf der Erde herrſchen Trug und Lüge.
Wohl uns Elementargeiſtern! Wir gehen die ge-
regelte, uns zugewieſene Bahn. Der Menſch iſt ein
allzufreies Geſchöpf; nur allzuoft verdirbt er ſein
eigenes Geſchick.
Undine.
Allein dafür kann er eben durch dieſe ſeine Frei-
heit ſich die herrlichſte Seligkeit gewinnen.
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Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/63>, abgerufen am 16.02.2025. |