Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877. Majordomus. Die Sonne ist auch schon hoch am Himmel. Der edle weiße Hirsch hat uns tief in den Wald gelockt. König. Wie oft habe ich doch in diesen Wäldern ge- jagt, aber dieses Revier ist mir ganz fremd. Jst Dir's nicht eben so? Majordomus. Jn der That, Majestät. Jch meine, dies seien ganz andere Bäume und Strauch wie Busch von seltsamster Art. König. Aber auch dies zerstreut mich nicht. Mein Herzensjammer schwindet nicht. Jch muß immer meiner armen Jolinde gedenken. Mein Gott! viel- leicht lebt sie nicht mehr! Jch möchte vor Schmerz vergehen! (Setzt sich auf einen Felsblock und weint). Majordomus. Mein König! Könnte ich Euch doch trösten! Wie oft habe ich schon gehört und in alten Liedern wird es gesungen, daß ein weißer Hirsch ein gutes Lebenszeichen sei und daß der, welchem sich das wunderbare Thier im Walde zeige, ein besonderes Glück zu erwarten habe. Majordomus. Die Sonne iſt auch ſchon hoch am Himmel. Der edle weiße Hirſch hat uns tief in den Wald gelockt. König. Wie oft habe ich doch in dieſen Wäldern ge- jagt, aber dieſes Revier iſt mir ganz fremd. Jſt Dir’s nicht eben ſo? Majordomus. Jn der That, Majeſtät. Jch meine, dies ſeien ganz andere Bäume und Strauch wie Buſch von ſeltſamſter Art. König. Aber auch dies zerſtreut mich nicht. Mein Herzensjammer ſchwindet nicht. Jch muß immer meiner armen Jolinde gedenken. Mein Gott! viel- leicht lebt ſie nicht mehr! Jch möchte vor Schmerz vergehen! (Setzt ſich auf einen Felsblock und weint). Majordomus. Mein König! Könnte ich Euch doch tröſten! Wie oft habe ich ſchon gehört und in alten Liedern wird es geſungen, daß ein weißer Hirſch ein gutes Lebenszeichen ſei und daß der, welchem ſich das wunderbare Thier im Walde zeige, ein beſonderes Glück zu erwarten habe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0296" n="260"/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Majordomus.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Die Sonne iſt auch ſchon hoch am Himmel.<lb/> Der edle weiße Hirſch hat uns tief in den Wald gelockt.</p> </sp><lb/> <sp who="#KÖN"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">König.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Wie oft habe ich doch in dieſen Wäldern ge-<lb/> jagt, aber dieſes Revier iſt mir ganz fremd. Jſt<lb/> Dir’s nicht eben ſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Majordomus.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jn der That, Majeſtät. Jch meine, dies ſeien<lb/> ganz andere Bäume und Strauch wie Buſch von<lb/> ſeltſamſter Art.</p> </sp><lb/> <sp who="#KÖN"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">König.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Aber auch dies zerſtreut mich nicht. Mein<lb/> Herzensjammer ſchwindet nicht. Jch muß immer<lb/> meiner armen Jolinde gedenken. Mein Gott! viel-<lb/> leicht lebt ſie nicht mehr! Jch möchte vor Schmerz<lb/> vergehen!</p> <stage>(Setzt ſich auf einen Felsblock und weint).</stage> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Majordomus.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Mein König! Könnte ich Euch doch tröſten!<lb/> Wie oft habe ich ſchon gehört und in alten Liedern<lb/> wird es geſungen, daß ein weißer Hirſch ein gutes<lb/> Lebenszeichen ſei und daß <hi rendition="#g">der,</hi> welchem ſich das<lb/> wunderbare Thier im Walde zeige, ein beſonderes<lb/> Glück zu erwarten habe.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0296]
Majordomus.
Die Sonne iſt auch ſchon hoch am Himmel.
Der edle weiße Hirſch hat uns tief in den Wald gelockt.
König.
Wie oft habe ich doch in dieſen Wäldern ge-
jagt, aber dieſes Revier iſt mir ganz fremd. Jſt
Dir’s nicht eben ſo?
Majordomus.
Jn der That, Majeſtät. Jch meine, dies ſeien
ganz andere Bäume und Strauch wie Buſch von
ſeltſamſter Art.
König.
Aber auch dies zerſtreut mich nicht. Mein
Herzensjammer ſchwindet nicht. Jch muß immer
meiner armen Jolinde gedenken. Mein Gott! viel-
leicht lebt ſie nicht mehr! Jch möchte vor Schmerz
vergehen! (Setzt ſich auf einen Felsblock und weint).
Majordomus.
Mein König! Könnte ich Euch doch tröſten!
Wie oft habe ich ſchon gehört und in alten Liedern
wird es geſungen, daß ein weißer Hirſch ein gutes
Lebenszeichen ſei und daß der, welchem ſich das
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Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/296>, abgerufen am 20.07.2024. |