Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 3. München, 1869. Rothkäppchen. Jch habe schon eine Mutter und auch einen Vater. Jch bedarf Eurer und Eurer Mutter nicht. Heriwolf. Aber so gut, wie bei uns, hast Du's doch nicht zu Hause. Denk' Dir: lauter Spielzeug aus purem Golde und Perlen und Edelgestein zum Geschmeide, und was Du immer zu Deiner Freude verlangen magst an Speis und Trank -- Alles, Alles sollst Du haben. Rothkäppchen. Brauche alles Das nicht. Hab genug an meinen Nürnberger Spielsachen und meine Puppe ist wunder- lieb. Hab' auch zu Essen und zu Trinken genug. Milch und gutes Brod und die schönen Waldbeeren, wie ich sie eben in mein Körbchen sammelte, neben- bei. Sieh! und da kamst Du, wilder Bursch, und störtest mich im Beerenpflücken. Heriwolf. Jch laß Dich nicht und sollt' ich Dich mit Ge- walt festhalten müssen. Du mußt mit mir! (Man hört Gübich's Hornruf.) Wie? was hör' ich? Gübich's Horn! -- Ver- dammt! Der sucht mich, weil es tagt. Was küm- Rothkäppchen. Jch habe ſchon eine Mutter und auch einen Vater. Jch bedarf Eurer und Eurer Mutter nicht. Heriwolf. Aber ſo gut, wie bei uns, haſt Du’s doch nicht zu Hauſe. Denk’ Dir: lauter Spielzeug aus purem Golde und Perlen und Edelgeſtein zum Geſchmeide, und was Du immer zu Deiner Freude verlangen magſt an Speis und Trank — Alles, Alles ſollſt Du haben. Rothkäppchen. Brauche alles Das nicht. Hab genug an meinen Nürnberger Spielſachen und meine Puppe iſt wunder- lieb. Hab’ auch zu Eſſen und zu Trinken genug. Milch und gutes Brod und die ſchönen Waldbeeren, wie ich ſie eben in mein Körbchen ſammelte, neben- bei. Sieh! und da kamſt Du, wilder Burſch, und ſtörteſt mich im Beerenpflücken. Heriwolf. Jch laß Dich nicht und ſollt’ ich Dich mit Ge- walt feſthalten müſſen. Du mußt mit mir! (Man hört Gübich’s Hornruf.) Wie? was hör’ ich? Gübich’s Horn! — Ver- dammt! Der ſucht mich, weil es tagt. Was küm- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0102" n="98"/> <sp who="#ROT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Rothkäppchen.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch habe ſchon eine Mutter und auch einen Vater.<lb/> Jch bedarf Eurer und Eurer Mutter nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#HER"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Heriwolf.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Aber ſo gut, wie bei uns, haſt Du’s doch nicht<lb/> zu Hauſe. Denk’ Dir: lauter Spielzeug aus purem<lb/> Golde und Perlen und Edelgeſtein zum Geſchmeide,<lb/> und was Du immer zu Deiner Freude verlangen<lb/> magſt an Speis und Trank — Alles, Alles ſollſt<lb/> Du haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#ROT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Rothkäppchen.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Brauche alles Das nicht. Hab genug an meinen<lb/> Nürnberger Spielſachen und meine Puppe iſt wunder-<lb/> lieb. Hab’ auch zu Eſſen und zu Trinken genug.<lb/> Milch und gutes Brod und die ſchönen Waldbeeren,<lb/> wie ich ſie eben in mein Körbchen ſammelte, neben-<lb/> bei. Sieh! und da kamſt Du, wilder Burſch, und<lb/> ſtörteſt mich im Beerenpflücken.</p> </sp><lb/> <sp who="#HER"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Heriwolf.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch laß Dich nicht und ſollt’ ich Dich mit Ge-<lb/> walt feſthalten müſſen. Du mußt mit mir!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Man hört Gübich’s Hornruf.)</hi> </stage><lb/> <p>Wie? was hör’ ich? Gübich’s Horn! — Ver-<lb/> dammt! Der ſucht mich, weil es tagt. Was küm-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0102]
Rothkäppchen.
Jch habe ſchon eine Mutter und auch einen Vater.
Jch bedarf Eurer und Eurer Mutter nicht.
Heriwolf.
Aber ſo gut, wie bei uns, haſt Du’s doch nicht
zu Hauſe. Denk’ Dir: lauter Spielzeug aus purem
Golde und Perlen und Edelgeſtein zum Geſchmeide,
und was Du immer zu Deiner Freude verlangen
magſt an Speis und Trank — Alles, Alles ſollſt
Du haben.
Rothkäppchen.
Brauche alles Das nicht. Hab genug an meinen
Nürnberger Spielſachen und meine Puppe iſt wunder-
lieb. Hab’ auch zu Eſſen und zu Trinken genug.
Milch und gutes Brod und die ſchönen Waldbeeren,
wie ich ſie eben in mein Körbchen ſammelte, neben-
bei. Sieh! und da kamſt Du, wilder Burſch, und
ſtörteſt mich im Beerenpflücken.
Heriwolf.
Jch laß Dich nicht und ſollt’ ich Dich mit Ge-
walt feſthalten müſſen. Du mußt mit mir!
(Man hört Gübich’s Hornruf.)
Wie? was hör’ ich? Gübich’s Horn! — Ver-
dammt! Der ſucht mich, weil es tagt. Was küm-
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