Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
drohte die Cultur des modernen Zeitalters mich
abzuschaffen, so daß ich mir nix dir nix z'nach
und z'nach verhungert und verdurst wär'; aber so
was halt der Casperl nit aus. Pumps dich! war
mein Entschluß gefaßt und meine Fassung ent-
schlossen. Die wirthshäusliche Bekanntschaft mit
einem gebildeten Schustergesellen regte mich lebhaft
an, trotz des Pechs, dessen Umgang mir bevorstand,
trat ich in die stille Werkstätte eines sogenannten
Schusters; ich war Schusterjunge und schwang
mich
(er hüpst ungeheuer in die Höhe) bald zum Gsellen
oder besser gesagt zum "Jesellen" empor. Jetzt
hat's aber gheißen: "Casperl auf d' Wanderschaft"
-- ja und denken's Jhna nur, da bin ich halt
alleweil gwandert und gwandert bis ich ganz aus
der Zeit 'naus marschirt bin zu die alten Jndia-
ner, und jetzt bin ich nach Erlangung einer per-
sönlichen Conzession ohne Beeinträchtigung der hier
zunftmäßigen Sandalienmacher gewichster Schuh-
und Stiefelmacher und zwar königlich indianischer
Hoflivreeschuster, insoferne ich der Dienerschaft Sr.
Majestät des Königs Schomopulus Juchten- und
andere Stiefel zu fabriciren die Oehre habe.
(Athmet
aus)
So -- jetzt wissens mein Lebensgschicht für
drohte die Cultur des modernen Zeitalters mich
abzuſchaffen, ſo daß ich mir nix dir nix z’nach
und z’nach verhungert und verdurſt wär’; aber ſo
was halt der Casperl nit aus. Pumps dich! war
mein Entſchluß gefaßt und meine Faſſung ent-
ſchloſſen. Die wirthshäusliche Bekanntſchaft mit
einem gebildeten Schuſtergeſellen regte mich lebhaft
an, trotz des Pechs, deſſen Umgang mir bevorſtand,
trat ich in die ſtille Werkſtätte eines ſogenannten
Schuſters; ich war Schuſterjunge und ſchwang
mich
(er hüpſt ungeheuer in die Höhe) bald zum Gſellen
oder beſſer geſagt zum „Jeſellen‟ empor. Jetzt
hat’s aber gheißen: „Casperl auf d’ Wanderſchaft‟
— ja und denken’s Jhna nur, da bin ich halt
alleweil gwandert und gwandert bis ich ganz aus
der Zeit ’naus marſchirt bin zu die alten Jndia-
ner, und jetzt bin ich nach Erlangung einer per-
ſönlichen Conzeſſion ohne Beeinträchtigung der hier
zunftmäßigen Sandalienmacher gewichster Schuh-
und Stiefelmacher und zwar königlich indianiſcher
Hoflivreeſchuſter, inſoferne ich der Dienerſchaft Sr.
Majeſtät des Königs Schomopulus Juchten- und
andere Stiefel zu fabriciren die Oehre habe.
(Athmet
aus)
So — jetzt wiſſens mein Lebensgſchicht für
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#CASL">
            <p><pb facs="#f0267" n="247"/>
drohte die Cultur des modernen Zeitalters mich<lb/>
abzu&#x017F;chaffen, &#x017F;o daß ich mir nix dir nix z&#x2019;nach<lb/>
und z&#x2019;nach verhungert und verdur&#x017F;t wär&#x2019;; aber &#x017F;o<lb/>
was halt der Casperl nit aus. Pumps dich! war<lb/>
mein Ent&#x017F;chluß gefaßt und meine Fa&#x017F;&#x017F;ung ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Die wirthshäusliche Bekannt&#x017F;chaft mit<lb/>
einem gebildeten Schu&#x017F;terge&#x017F;ellen regte mich lebhaft<lb/>
an, trotz des Pechs, de&#x017F;&#x017F;en Umgang mir bevor&#x017F;tand,<lb/>
trat ich in die &#x017F;tille Werk&#x017F;tätte eines &#x017F;ogenannten<lb/>
Schu&#x017F;ters; ich war <hi rendition="#g">Schu&#x017F;terjunge</hi> und &#x017F;chwang<lb/>
mich</p>
            <stage>(er hüp&#x017F;t ungeheuer in die Höhe)</stage>
            <p>bald zum G&#x017F;ellen<lb/>
oder be&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;agt zum &#x201E;Je&#x017F;ellen&#x201F; empor. Jetzt<lb/>
hat&#x2019;s aber gheißen: &#x201E;Casperl auf d&#x2019; Wander&#x017F;chaft&#x201F;<lb/>
&#x2014; ja und denken&#x2019;s Jhna nur, da bin ich halt<lb/>
alleweil gwandert und gwandert bis ich ganz aus<lb/>
der Zeit &#x2019;naus mar&#x017F;chirt bin zu die alten Jndia-<lb/>
ner, und jetzt bin ich nach Erlangung einer per-<lb/>
&#x017F;önlichen Conze&#x017F;&#x017F;ion ohne Beeinträchtigung der hier<lb/>
zunftmäßigen Sandalienmacher gewichster Schuh-<lb/>
und Stiefelmacher und zwar königlich indiani&#x017F;cher<lb/>
Hoflivree&#x017F;chu&#x017F;ter, in&#x017F;oferne ich der Diener&#x017F;chaft Sr.<lb/>
Maje&#x017F;tät des Königs Schomopulus Juchten- und<lb/>
andere Stiefel zu fabriciren die Oehre habe.</p>
            <stage>(Athmet<lb/>
aus)</stage>
            <p>So &#x2014; jetzt wi&#x017F;&#x017F;ens mein Lebensg&#x017F;chicht für<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0267] drohte die Cultur des modernen Zeitalters mich abzuſchaffen, ſo daß ich mir nix dir nix z’nach und z’nach verhungert und verdurſt wär’; aber ſo was halt der Casperl nit aus. Pumps dich! war mein Entſchluß gefaßt und meine Faſſung ent- ſchloſſen. Die wirthshäusliche Bekanntſchaft mit einem gebildeten Schuſtergeſellen regte mich lebhaft an, trotz des Pechs, deſſen Umgang mir bevorſtand, trat ich in die ſtille Werkſtätte eines ſogenannten Schuſters; ich war Schuſterjunge und ſchwang mich (er hüpſt ungeheuer in die Höhe) bald zum Gſellen oder beſſer geſagt zum „Jeſellen‟ empor. Jetzt hat’s aber gheißen: „Casperl auf d’ Wanderſchaft‟ — ja und denken’s Jhna nur, da bin ich halt alleweil gwandert und gwandert bis ich ganz aus der Zeit ’naus marſchirt bin zu die alten Jndia- ner, und jetzt bin ich nach Erlangung einer per- ſönlichen Conzeſſion ohne Beeinträchtigung der hier zunftmäßigen Sandalienmacher gewichster Schuh- und Stiefelmacher und zwar königlich indianiſcher Hoflivreeſchuſter, inſoferne ich der Dienerſchaft Sr. Majeſtät des Königs Schomopulus Juchten- und andere Stiefel zu fabriciren die Oehre habe. (Athmet aus) So — jetzt wiſſens mein Lebensgſchicht für

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/267
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/267>, abgerufen am 25.11.2024.