Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861. Casperl (tritt ein.) Nun sind die Hungrigen gstillt und die Dur- stigen gelöscht. Ein halbes Pfund Kas ruht wohl- versorgt in meinem Magen und schwimmt auf ei- nem künstlichen Weiher, den ich durch ein paar Maß Flüßigkeit angelegt hab. Jetzt weiß ich aber nit, löst sich der Käs im Wein auf oder verschluckt Er- sterer den Letzteren. Vielleicht legt sich der Wecken Brod in's Mittel, den ich auch verschlungen hab. Jedenfalls ist mein Magen so ein fleißiger Kerl, daß ich auf seine Bereitwilligkeit zählen darf, für das ihm Anvertraute gewißenhaft zu sorgen. Jch behaupt' halt fest, daß der Mensch mit seinem Ma- gen der Mittelpunkt von der ganzen Welt ist. Ein Mensch ohne Kopf, der kann noch leben; denn wie oft sagt man: "der hat kein' Kopf, der ist kopf- los, der ist hirnlos" und doch geht er noch dabei 'rum, der dumme Kerl. Allein das hab' ich noch nie ghört, daß man von einem Menschen sagt: "der hat kein' Magen. Beweis also, daß der Magen die Hauptsach' ist; denn wenn man nix mehr ißt oder trinkt -- nachher ist die Comödi aus. Mit solchen Betrachtungen vertreib ich mir oft die Zeit. Schad, daß ich nit schreiben kann; 10
Casperl (tritt ein.) Nun ſind die Hungrigen gſtillt und die Dur- ſtigen gelöſcht. Ein halbes Pfund Kas ruht wohl- verſorgt in meinem Magen und ſchwimmt auf ei- nem künſtlichen Weiher, den ich durch ein paar Maß Flüßigkeit angelegt hab. Jetzt weiß ich aber nit, löſt ſich der Käs im Wein auf oder verſchluckt Er- ſterer den Letzteren. Vielleicht legt ſich der Wecken Brod in’s Mittel, den ich auch verſchlungen hab. Jedenfalls iſt mein Magen ſo ein fleißiger Kerl, daß ich auf ſeine Bereitwilligkeit zählen darf, für das ihm Anvertraute gewißenhaft zu ſorgen. Jch behaupt’ halt feſt, daß der Menſch mit ſeinem Ma- gen der Mittelpunkt von der ganzen Welt iſt. Ein Menſch ohne Kopf, der kann noch leben; denn wie oft ſagt man: „der hat kein’ Kopf, der iſt kopf- los, der iſt hirnlos‟ und doch geht er noch dabei ’rum, der dumme Kerl. Allein das hab’ ich noch nie ghört, daß man von einem Menſchen ſagt: „der hat kein’ Magen. Beweis alſo, daß der Magen die Hauptſach’ iſt; denn wenn man nix mehr ißt oder trinkt — nachher iſt die Comödi aus. Mit ſolchen Betrachtungen vertreib ich mir oft die Zeit. Schad, daß ich nit ſchreiben kann; 10
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Casperl (tritt ein.)
Nun ſind die Hungrigen gſtillt und die Dur-
ſtigen gelöſcht. Ein halbes Pfund Kas ruht wohl-
verſorgt in meinem Magen und ſchwimmt auf ei-
nem künſtlichen Weiher, den ich durch ein paar Maß
Flüßigkeit angelegt hab. Jetzt weiß ich aber nit,
löſt ſich der Käs im Wein auf oder verſchluckt Er-
ſterer den Letzteren. Vielleicht legt ſich der Wecken
Brod in’s Mittel, den ich auch verſchlungen hab.
Jedenfalls iſt mein Magen ſo ein fleißiger Kerl,
daß ich auf ſeine Bereitwilligkeit zählen darf, für
das ihm Anvertraute gewißenhaft zu ſorgen. Jch
behaupt’ halt feſt, daß der Menſch mit ſeinem Ma-
gen der Mittelpunkt von der ganzen Welt iſt. Ein
Menſch ohne Kopf, der kann noch leben; denn wie
oft ſagt man: „der hat kein’ Kopf, der iſt kopf-
los, der iſt hirnlos‟ und doch geht er noch dabei
’rum, der dumme Kerl. Allein das hab’ ich noch
nie ghört, daß man von einem Menſchen ſagt:
„der hat kein’ Magen. Beweis alſo, daß der
Magen die Hauptſach’ iſt; denn wenn man nix
mehr ißt oder trinkt — nachher iſt die Comödi
aus. Mit ſolchen Betrachtungen vertreib ich mir
oft die Zeit. Schad, daß ich nit ſchreiben kann;
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