Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.Romantischer Wald (wie im ersten Aufzuge.) Lautenklang sitzt schreibend unter einem Baum; Christoph unfern von ihm aus einer Flasche trinkend. Lautenklang. Der Stoff ist exponirt, der Knoten auch Geschürzt und die Verwicklung soll nicht fehlen; Einheit des Ortes, wie's die Regel will. Was liegt noch an der Zeit? die fünfzehn Jahre, Die nun verflossen, deckt der Zwischenakt. Jch lebte mittlerweile gut am Hof des Königs, Nichts fehlte mir in jeglicher Beziehung. Dornröslein wuchs heran zur schönen Jungfrau, Und hat die Kinderschuhe abgelegt. Bisher hat mir der Held im Stück gefehlt, Als Kind war die Prinzessin zu passiv; Tritt sie aktiv von nun an in das Leben, So ist mir auch die Hauptperson gegeben. Begierig bin ich selbst, wie sich's gestaltet, Und wie sich der dramat'sche Knoten löst; Denn ist Prinzessin Röslein eingeschlafen -- Was soll gescheh'n, wird sie nicht aufgeweckt? Wohlan, ich kehr' zurück in's Königsschloß, Daß nicht ein Augenblick'chen sei versäumt, Der Catastrophe harrend, die sich naht. (Vertieft sich in' seine Dichtung.) Romantiſcher Wald (wie im erſten Aufzuge.) Lautenklang ſitzt ſchreibend unter einem Baum; Chriſtoph unfern von ihm aus einer Flaſche trinkend. Lautenklang. Der Stoff iſt exponirt, der Knoten auch Geſchürzt und die Verwicklung ſoll nicht fehlen; Einheit des Ortes, wie’s die Regel will. Was liegt noch an der Zeit? die fünfzehn Jahre, Die nun verfloſſen, deckt der Zwiſchenakt. Jch lebte mittlerweile gut am Hof des Königs, Nichts fehlte mir in jeglicher Beziehung. Dornröslein wuchs heran zur ſchönen Jungfrau, Und hat die Kinderſchuhe abgelegt. Bisher hat mir der Held im Stück gefehlt, Als Kind war die Prinzeſſin zu paſſiv; Tritt ſie aktiv von nun an in das Leben, So iſt mir auch die Hauptperſon gegeben. Begierig bin ich ſelbſt, wie ſich’s geſtaltet, Und wie ſich der dramat’ſche Knoten löst; Denn iſt Prinzeſſin Röslein eingeſchlafen — Was ſoll geſcheh’n, wird ſie nicht aufgeweckt? Wohlan, ich kehr’ zurück in’s Königsſchloß, Daß nicht ein Augenblick’chen ſei verſäumt, Der Cataſtrophe harrend, die ſich naht. (Vertieft ſich in’ ſeine Dichtung.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#HERO"> <pb facs="#f0241" n="235"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Romantiſcher Wald</hi> (wie im erſten Aufzuge.)</hi> </p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Lautenklang</hi> ſitzt ſchreibend unter einem Baum; <hi rendition="#g">Chriſtoph</hi><lb/> unfern von ihm aus einer Flaſche trinkend.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#LAU"> <speaker> <hi rendition="#c">Lautenklang.</hi> </speaker><lb/> <p>Der Stoff iſt exponirt, der Knoten auch<lb/> Geſchürzt und die Verwicklung ſoll nicht fehlen;<lb/> Einheit des Ortes, wie’s die Regel will.<lb/> Was liegt noch an der Zeit? die fünfzehn Jahre,<lb/> Die nun verfloſſen, deckt der Zwiſchenakt.<lb/> Jch lebte mittlerweile gut am Hof des Königs,<lb/> Nichts fehlte mir in jeglicher Beziehung.<lb/> Dornröslein wuchs heran zur ſchönen Jungfrau,<lb/> Und hat die Kinderſchuhe abgelegt.<lb/> Bisher hat mir der Held im Stück gefehlt,<lb/> Als Kind war die Prinzeſſin zu paſſiv;<lb/> Tritt ſie aktiv von nun an in das Leben,<lb/> So iſt mir auch die Hauptperſon gegeben.<lb/> Begierig bin ich ſelbſt, wie ſich’s geſtaltet,<lb/> Und wie ſich der dramat’ſche Knoten löst;<lb/> Denn iſt Prinzeſſin Röslein eingeſchlafen —<lb/> Was ſoll geſcheh’n, wird ſie nicht aufgeweckt?<lb/> Wohlan, ich kehr’ zurück in’s Königsſchloß,<lb/> Daß nicht ein Augenblick’chen ſei verſäumt,<lb/> Der Cataſtrophe harrend, die ſich naht.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Vertieft ſich in’ ſeine Dichtung.)</hi> </stage> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0241]
Romantiſcher Wald (wie im erſten Aufzuge.)
Lautenklang ſitzt ſchreibend unter einem Baum; Chriſtoph
unfern von ihm aus einer Flaſche trinkend.
Lautenklang.
Der Stoff iſt exponirt, der Knoten auch
Geſchürzt und die Verwicklung ſoll nicht fehlen;
Einheit des Ortes, wie’s die Regel will.
Was liegt noch an der Zeit? die fünfzehn Jahre,
Die nun verfloſſen, deckt der Zwiſchenakt.
Jch lebte mittlerweile gut am Hof des Königs,
Nichts fehlte mir in jeglicher Beziehung.
Dornröslein wuchs heran zur ſchönen Jungfrau,
Und hat die Kinderſchuhe abgelegt.
Bisher hat mir der Held im Stück gefehlt,
Als Kind war die Prinzeſſin zu paſſiv;
Tritt ſie aktiv von nun an in das Leben,
So iſt mir auch die Hauptperſon gegeben.
Begierig bin ich ſelbſt, wie ſich’s geſtaltet,
Und wie ſich der dramat’ſche Knoten löst;
Denn iſt Prinzeſſin Röslein eingeſchlafen —
Was ſoll geſcheh’n, wird ſie nicht aufgeweckt?
Wohlan, ich kehr’ zurück in’s Königsſchloß,
Daß nicht ein Augenblick’chen ſei verſäumt,
Der Cataſtrophe harrend, die ſich naht.
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Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/241>, abgerufen am 16.07.2024. |